187. Spukhafte Erscheinungen von leblosen Dingen.

a.

In Holdorf, in Goßmanns Straße, bewegt sich des Nachts ohne Fuhrmann und Pferde ein Wagengestell. Was es bedeutet, weiß man nicht.

b.

In Twistringen sah ein Schlachtergesell, der an einem Kirchhofe vorbeiritt, vor sich einen Geistlichen gehen, der immerfort mit einem Stocke nach etwas zu schlagen schien, ohne daß der Schlachtergesell etwas wahrnehmen konnte, wonach jener schlug. Er fragte nach und der Geistliche antwortete: »Wenn ich es nicht weggeschlagen hätte, so würdest du es bekommen haben.« – In diesem selben Dorfe soll noch ein Mann leben, der einmal von einem gespenstischen Ziegenbocke rittlings aufgenommen und eine Stunde weit fortgetragen ist; alsdann wurde er unversehrt niedergesetzt.

c.

Ein Mann zu Holler-Wüsting sah auf dem Schottwege nahe der großen Höhle ein Licht an der Erde. Er warf sein Taschentuch so recht davor, und das Licht erlosch; als er aber das Tuch wieder aufnahm, war ein Tropfen Bluts daran. Der Mann aber hatte nachmals mit dem Tuche keine Ruhe und ging hin und warf es wieder auf dieselbe Stelle. Da bekam er plötzlich einen solchen Schlag an den Kopf, daß er rundum flog. Das Blut aber war aus dem Tuche heraus. – Auf demselben Wege sah auch ein anderer ein Licht an der Erde. Er ging darauf los und schlug mit dem Stocke danach. Da fuhr ihm das Licht in den Arm, und er empfand von dem Augenblick an im Arm einen heftigen Schmerz. Nach einiger Zeit ging er zum Prediger und klagte dem sein Leid. Der riet ihm, er solle abends nach derselben Stelle hingehen und da beten. Das tat er, und der Schmerz hörte auf.

d.

Bei dem Dorfe Holtrup, Ksp. Langförden, lag früher ein großer Stein, welcher immer, so oft des Bauern Beneke Hahn krähte, dreimal herumsprang. Ein Bauer wollte ihn zu einem Fundamente gebrauchen und ihn sprengen lassen, mußte aber wieder abstehen, weil alle Mühe vergeblich war. Zuletzt ist er von einem Müller doch gesprengt und zum Bau einer Mühle benutzt worden. Diese Mühle stand aber schwach und zitterte bei jedem Sturm, daher hieß es allgemein, das komme von dem Stein, und wenn man gerade eine Erschütterung verspürte, sagte man: »Beneken Hahn kräht!« – Hinter dem städtischen Tannenkamp bei Vechta steht in der Heide ein großer Findling, der »Dowe Dirk« genannt. So oft Klümpers Hahn [296] auf Welpe kräht, dreht der Stein sich dreimal um. Klümper war bislang Pächter des alten Herrenhauses auf Welpe.

e.

Ich ging am späten Abend mit meinem Bruder nach Stollhamm. Gleich hinter Rimlingen führte uns der Fußpfad über den »Spukhamm.« Mit dem Spuk auf dem Hamme sollte es sich so verhalten, daß, wer im Dunkeln den Hamm betrat, den Weg hinüber sicher verlor, indem er den Steg, über welchen er den Hamm verlassen mußte, verfehlte. Wir glaubten nicht an Spuk und nahmen uns vor, denselben diesmal zu Schanden zu machen. Mit größter Sorgfalt verfolgten wir, freilich ohne eine Laterne bei uns zu führen, den betretenen Pfad, dennoch war der Pfad nach kurzer Zeit verloren. Wir gingen jetzt geradezu und trafen auf den Graben, fanden aber den Steg nicht. Wir verfolgten den Graben und gelangten zurück an den Steg, über welchen wir auf den Hamm gekommen waren. Mit verdoppelter Vorsicht wiederholten wir den Versuch, nicht aber mit besserem Erfolge; an den gegenüberliegenden Graben gelangt, verfolgten wir denselben, ohne einen anderen Steg zu finden, als den ersten, der uns auf den Hamm geführt hatte. Zum dritten Mal machten wir den Versuch und wieder vergeblich. Vor dem Graben angekommen, teilten wir uns jetzt, mein Bruder verfolgte ihn nach rechts, ich nach links; an dem einen ersten Steg trafen wir zusammen, ohne den zweiten gefunden zu haben. Jetzt kehrten wir nach Rimmlingen zurück, um uns eine Laterne zu leihen. Bis in die Mitte des Spukhamms mochten wir mit Hülfe derselben den Weg gewahrt haben, da blies uns der Wind die Laterne aus. Wir verloren gleich darauf wieder den Weg und mußten nochmals umkehren, um die Laterne wieder angezündet zu bekommen. Man bestritt uns, daß wir den Weg über den Hamm in der Nacht überhaupt würden finden können. Indem wir aber jetzt die Laterne vor dem Winde schützten, behielten wir den Pfad und trafen nun auch vor demselben den Steg. Wir waren damals 16 und 18 Jahre alt. – Solcher Spukhämme, auf welchem man des Nachts aller Sorgfalt ungeachtet sich verirrt und von welchen man nicht wieder wegfinden kann, gibt es in den Marschen mehrere. Auch das Dauensfeld bei Heppens, später zu den preußischen Hafenbauten herangezogen, war ehedem ein solcher Spukhamm.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 187. Spukhafte Erscheinungen von leblosen Dingen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-316B-3