581. Blexen.

a.

Der Blexer Turm soll älter als die Kirche und von drei alten Jungfern zum Zeichen für die Seefahrer gebaut sein. Die drei Jungfern liegen auf dem heiligen Wiem, einem kleinen dreieckigen abgeschlossenen Stück Landes zwischen Einswarden und Grebswarden, gerade vor dem Wege, welcher von Blexen kommt, begraben. Eine Sage von der Erbauung der Kirche: 151e.

b.

Der Erzbischof Willehadus von Bremen hat in friesischen Landen viele Heiden zum Christentum bekehrt und viele Kirchen gegründet. Auch die Kirche zu Blexen hat er gestiftet und sich immer gern in Blexen aufgehalten, wie er denn auch in Blexen gestorben ist. Als er einst in Blexen verweilte, klagten ihm die Einwohner ihre Not, da sie weit und breit kein Trinkwasser hätten, und baten ihn, er möge helfen, wenn er könne. [388] Willehadus hörte sie an und versprach, er wolle tun, was in seiner Macht sei. Als er das nächste mal wieder dort war, sagte er: »Kinder, ich habe an euch gedacht und euch in fernen Landen einen Brunnen gekauft.« Die Einwohner waren darüber wenig froh und dachten: »Was kann uns der Brunnen nützen?« Willehadus aber hatte ihre Gedanken wohl erraten. Er hielt ihnen eine Predigt über den Text: »Der Glaube kann Berge versetzen«; dann ergriff er seinen Stab und stieß ihn in die Erde, und siehe da, ein reiner, wohlschmeckender Quell kam hervor, wie er unter dem Namen Willehadibrunnen noch jetzt zu Blexen im Pfarrgarten vorhanden ist, der beste, ja einzige in der ganzen Umgegend. Der Brunnen aber in fernen Landen, den Willehadus gekauft hatte, versiegte von Stund an. – Willehadus kommt noch vor 591c.

c.

Zu der Blexer Kirche gehörten vorzeiten auch die Leute von Wulsdorf am rechten Weserufer, und die Weser war damals noch so klein, daß man einen Steg hinüberlegen und so nach Blexen kommen konnte. Noch jetzt heißt ein Weg in Wulsdorf der Blexer Pfad.

d.

In den Jahren 1563-1586 war Pastor zu Blexen Jolricus Meinardus, ein frommer und angesehener Mann. Als er noch Kandidat war, befiel ihn Blindheit. Da kam eines abends ein unbekannter Mann in das Haus seiner Mutter, bei welcher Jolricus wohnte, und bat um ein Nachtlager, das ihm gewährt wurde. Zum Dank gab der Fremde dem Sohne ein Mittel gegen seine Blindheit, und andern morgens hatte der Sohn sein Gesicht so völlig wieder erhalten, daß er mit großer Freude in der hebräischen Bibel lesen konnte. Des fremden Kammer aber fand die Mutter am Morgen leer, das Licht ausgelöscht und das Bett unberührt. (Var. Old. Bibl. Blexensia.)

e.

Zu Blexen ist ein Köterhaus, das ehemals das Haupthaus für eine große Bauernstelle gewesen ist. Der Bauer, Hayen mit Namen, trieb aber eine solche Verschwendung mit Wohlleben und Gastereien, daß er all seinen Reichtum zusetzte und ein Stück Land nach dem andern verkaufen mußte, bis zuletzt nur das Haus als Köterhaus übrig blieb. Die Gäste, die Hayen in seinem Hause bei sich sah, waren manchmal so zahlreich, daß man mit sieben großen Löffeln zugleich nicht Speise genug aufgeben konnte. Daher sagt man sprichwörtlich von einem Hause, wo viel Gäste erscheinen und mit Essen und [389] Trinken Aufwand getrieben wird: »Et geiht der här as in Hayen Hus to Blexen, dar ward mit säben Sleewe tomal upgäwen.«

f.

Anno 1368 am Abend S. Praxedis, deren Tag ist auf S. Marien Magdalenen Abend, zogen um vielen Verdrusses willen, den die Rüstringer Friesen dem gemeinen Kaufmann taten, in das Land zu Blexen zu Schiffe Herr Mauritius von Oldenburg und Junker Gerd, seines Bruders Sohn, und Junker Karsten, sein Vetter, Grafen zu Oldenburg, und Junker Kord, Graf Heinrichs Sohn von Brokhausen, mit 700 Reitern und Knechten und Bürgern zu Bremen ohne Pferde. Die blieben da alle tot, sodaß niemand lebendig davon kam außer Bevert von Elmeloh. Und das geschah von Uebermut, denn die Friesen erboten sich, Recht zu geben, aber das wollte man von ihnen nicht nehmen. Die Hauptleute waren in zwei Haufen und ohne Pferde, sodaß ein Fluß zwischen ihnen war und der eine Haufe nicht zu dem andern kommen konnte, und die Friesen schlugen den kleinsten Haufen zuerst, dann den größeren. Und der genannte Junker Karsten wollte nicht warten, bis mehr Leute kämen, die bereits auf dem Wege waren, und sprach, wenn es 500 Friesen schneite, er mit den Seinen wollte ihnen allein gut genug sein. Auch landeten sie an schlechter Stelle, und es waren viele Leute mit, die viel Goldes mitgenommen hatten, damit hatten sie gleich der Friesen und der Kirchen Gut und Geld an sich kaufen wollen. Und es war wohl eine törichte Tat, daß sie sich in das Land wagen durften ohne Pferde und ohne Partei und Freunde in dem Lande. Und die Friesen wollten keinen Deutschen aus dem Lande lassen oder geben, sondern sie warfen sie zusammen in eine Grube auf der Wahlstatt, außer einem Jungen, der kam auf den Kirchhof. (Plattd. Chronik des 16. Jahrh. bei Ehrentraut, Fries. Arch. I., S. 317.) Dies ist geschehen nahe bei Blexen, und man sah in der Luft die eherne Keule des heiligen Hippolyt, Patrons von Blexen, etwa 200 Pfund schwer, mit gewaltigen Schlägen die Feinde zerschmettern. (So schrieb der unter d. erwähnte Jolricus Meinardus und fügte hinzu: Diese Keule hat mein Vater Meinardus Jolricus frommen Angedenkens auf Befehl des Grafen Anton I. von Oldenburg mit vielen anderen Zierden dieser Kirche ums Jahr 1534 nach der Burg Ovelgönne gebracht. (Var. Old. Bibl. Blexensia.) Die Stätte der Schlacht ist dem Volke noch heute [390] bekannt; es ist das Dörfchen Coldewärf, das jetzt dem Kirchspiel Atens angehört. Wegen des heiligen Hippolyt s. noch 151e.

g.

Der Langlütjensand, eine Schlickinsel in der Weser, die von Blexen bis unterhalb Tettens reicht, war ehedem mit Gras bewachsen. Man hat dort viele Jahre lang von Blexen aus einen Schimmel grasen sehen. Einige sagen, ein hartherziger Bauer zu Wremen habe das Pferd, das ihm zu alt geworden, dort ausgesetzt, um es nicht durchfüttern zu müssen.

h.

Zu Volkers, einem kleinen Dorfe nordwestlich von Blexen, sollen ehemals zwei Seeräuber, Stortenbeck und Goldmachels, gehaust haben. Sie hatten große Reichtümer zusammengebracht, und als sie einst in die Gefangenschaft der Hamburger geraten waren, boten sie zu ihrer Lösung eine goldene Kette, die um ganz Hamburg reichen sollte. Vgl. 559b.

Ein Spukhaus auf dem Blexersande: 176h.


License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 581. Blexen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3173-F