245.

Von den vorstehend aufgeführten Mitteln fallen manche mit den früher gegen Krankheiten und andere Übel angegebenen mehr oder weniger zusammen, und es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß auch noch viele andere unter den letzteren ursprünglich gegen Hexerei und Hexen gerichtet waren; doch werden sie in dieser Bedeutung von dem Volke nicht mehr aufgefaßt und sind daher an dieser Stelle nicht mehr aufzuführen. Doch mögen zum Schlusse noch einige Erzählungen von Hexen und von Versuchen, Hexereien durch zusammengesetzte Mittel zu besiegen, hier nachfolgen, da sie auch noch einige neue Züge bieten.

a.

»Abends waren wir Kinder immer bange, wenn wir beim Mondenschein zum Kaufmann mußten durch den Gang, der Eibommenlahn genannt wird. Da soll ein altes Weib gehen, Oll Fissen Tine, das war bei ihren Lebzeiten eine alte Hexe; meine Mutter hat sie noch gekannt, ihr Mann der hieß Fiß, und sie hat das Vieh behext und ihre eigene Tochter, ja, daß sie die Wand immer hinaufgelaufen ist, und ist ihr eine Kröte aus dem Munde gesprungen. Nun sitzt das alte Weib in diesem Gange unter der Hecke und hat 'n roten Rock an und melkt an den Dornsträuchern, darum daß sie früher die Kühe behext hat. Das ist ja alles nur Aberglaube, aber ich will nur sagen, die Leute waren alle bange vor ihr, und meine Mutter hat gesagt, wenn sie mal Essen von ihr gekriegt hat, so hat sie's hinterm Hause weggegossen, nicht mal in den Schweinetrank geschüttet.« (Wittmund.) Rote Röcke der Hexen s. 219m, 220s.

b.

Einem jungen Ehepaare in Eversten bei Oldenburg war ein kleines Kind erkrankt, und da Verdacht vorlag, daß es behext sei, zogen sie es auf Rat einer alten Frau unter Nennung der drei höchsten Namen durch ein Stück rohes Garn. Das Kind genas, aber nun hatten die Eltern keine Ruhe. Das ganze Bett war voller Ameisen, und dabei hörten sie ein Gekratz und Gewimmer, daß sie keine Nacht schlafen konnten. Sie klagten ihre Not einer Kartenlegerin, welche zu helfen versprach. An einem Abend wurden die Fenster dicht verhängt, in allen vier Ecken des Zimmers geweihte Lichter angezündet und in den Fußboden ein Loch gemacht. Vor dieses Loch setzte sich die Kartenlegerin, steckte die Hand hinein und sagte, wenn [447] schlechte Leute damit zu tun hätten, so werde sie die Hexe zu fassen bekommen. Um 12 Uhr nachts fiel die Kartenlegerin in Ohnmacht. Als sie sich erholt hatte, erklärte sie, ihre Hand habe eine kalte Hand zu fassen gehabt, das Bett müsse behext sein. Sie untersuchten nun das Bett und fanden darin mehrere Hexenkränze. Diese wurden in einen Topf getan und verbrannt, wobei sich ein Gewimmer gleich dem Schreien eines kleinen Kindes vernehmen ließ. Das junge Ehepaar hatte nun einige Ruhe; nachher stellte sich der Spuk aber doch wieder ein, so daß es das Haus verlassen mußte.

c.

Im Ksp. Stollhamm glaubte eine Frau, daß ihre Kühe behext seien, da die Milch keine Butter geben wollte. Sie fragte eine kluge Nachbarin um Rat, und nach deren Angaben wurde mit der Lösung verfahren. Ein Topf mit Milch wurde draußen in einiger Entfernung von der großen Tür auf den Erdboden gestellt und nun der Türdüssel nach dem Topfe hingeworfen. Wer nun zuerst zwischen Tür und Topf vorbeigehe, hieß es, sei die Hexe. Es ging aber zuerst vorbei eine Katze und zwar eine Katze aus dem behexten Hause; sie wurde ergriffen und ihr der Kopf mit einem Spaten abgestochen, dann wurde der Kopf, etwas Buttermilch und die Asche von einem verbrannten Handtuche in die Erde vergraben. Warum das Handtuch verbrannt wurde, erhellt nicht. Außerdem mußte die Hausfrau ihre Notdurft in ein Gefäß tun, nach Sonnenuntergang die Milch von einer Kuh dazu hineinmelken, das ganze so lange rühren, bis es zu Schaum wurde, und alsdann in einen Graben gießen und dabei denken: »Da, Teufel, hast du auch was!« Endlich mußte die Buttermilch von ihren Gründen, d.h. auf fremden Gründen, vergraben werden. Die Frau vom Hause, welche auch selbst behext zu sein glaubte, mußte durch ein Stück Garn kriechen und Erbsilber einnehmen, ein Kochtopf wurde ausgeglüht, einige Tassen zerschlagen. (Nebenbei bemerkt, wurde die Frau vom Hause kurz nach diesen Prozeduren verrückt, wenn sie es nicht schon vorher war).


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 245. [Von den vorstehend aufgeführten Mitteln fallen manche mit den früher]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-33EE-2