[231] Der Ungetreue

Ich hatt' ihr Liebe zugeschworen,
Ich Thor, mit Liebe unbekannt
Zu keiner Seligkeit erkohren,
In ird'scher Nichtigkeit verlohren,
Am schwarzgebrannten Felsenstrand.
In schwerer Dumpfheit tief versunken
Lag um mich her die leere Nacht:
Da grüßte mich ein goldner Funken, –
Ha! rief ich thöricht wonnetrunken,
Dort flammt mir Phöbus Götterpracht!
Doch alle Ketten sind gesprungen, –
Aus Osten sprüht ein Feuerglanz;
Der große Kampf ist ausgerungen,
Mir ist der schönste Sieg gelungen, –
Herakles trägt den Götterkranz! –
[232]
Ha! mögen nun mit Feuerschwingen
Sich Blitze dicht an Blitze reihn,
Mag Donner hinter Donner springen,
Ich will mit Tod und Schicksal ringen,
Bleibt sie, bleibt sie nur ewig mein! –

Notes
Aus »Geschichte des Herrn William Lovell«. Erstdruck: Berlin/Leipzig (Nicolai) 1795/96 (anonym).
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Tieck, Ludwig. Der Ungetreue. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-530C-F