An die Musen

Ihr holden Musen! wer, an eurer Brust erzogen,
Den Weg zum grünen Pindus weis,
Wird nicht von Golddurst aufs erzürnte Meer betrogen,
Nicht auf des Hofes trüglich Eis.
Er, dessen Scheitel unbethränter Lorbeer decket,
Glänzt in der Themis Tempel nicht,
Wo Dorngesträuche, mit verspritztem Blut beflecket,
Sich um die finstern Pfade flicht.
Beglückter Weiser, der im Stillen sich erfreuet!
Die Tage werden uns gezählt,
Uns aufgerechnet, die wir kluger Lust geweihet,
Und wo wir thöricht uns gequält.
Sollt ich, wie Harpax, wund von ungeliebter Bürde,
Unausgeruht im Joche ziehn,
Daß ich, wie Harpax, Hüter stolzer Schätze würde,
Die eine scheue Tugend fliehn?
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Erkargte Schätze, schlummert nur bey meinen Feinden!
Ich wünsche nichts, als daß ich frey,
Als daß ich fröhlig unter Musen, Wein und Freunden,
Nie fremder Thorheit Sklave sey!

Notes
Erstdruck in: Lyrische und andere Gedichte. Neue und um die Hälfte vermehrte Auflage, Ansbach (Jacob Christoph Posch) 1755.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Uz, Johann Peter. An die Musen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-7312-A