An meinen freind H. Joachim Hübner
Wie unterschidlich und ungleich
ist doch der sterblichen gefallen!
kaum kan von dem gewölkten reich
des himmels weißer staub abfallen
Und schier baumwollengleich die straß,
flüß, gassen, plätz mit eis und glas
[206]ganz überweißen und besetzen,
daß sich nicht vil darab ergetzen,
Die, göttergleich, mit klarem glanz
und klarem klang schnell dahin gleiten
in radlosreichem wagendanz
prachtierend für den schlechten leuten.
Vil ihrer person lob und wert
für andern weit herfür zu ziehen,
sich dan zu fuß und dan zu pferd
in ritterspilen gern bemühen:
Mit spieß und schwert in dem turnier,
bald mit der lanz in der carrier
sie all ausfordrend sich begeben
voll schweiß und stolz dem dank nachstreben.
Vil des leibs schand und des geists leid
verbergend prangen wie die pfauen,
da man dan bald in einem kleid
ihr ganzes erbgut kan beschauen.
Beredend sich, daß in der welt
nichts dem hofleben sich vergleichet,
daß zu hof nichts, dan gold und geld,
und man bei hof sich stracks bereichet,
Befinden sich vil tag und nacht
bei hof, als ob sie auf der wacht,
demütig die, bald jene grüßen,
bald schürflet dieser mit den füßen,
Sich neiget jener auf den grund,
und lächlend jederman fuchsschwänzet,
bis allen, zwar zu spat, wird kund,
daß gar nicht alles gold was glänzet.
Hie einer auf der hohenschul
will doctor oder kanzler werden;
dort einer auf dem predigstuhl
erhebet hoch sich von der erden,
Doch nur so hoch, daß er einmal
als bischof oder cardinal,
[207]ja bapst, got gleich, mög dominieren,
und andre, nicht sich selbs, regieren;
Ein andrer durch des pöfels gunst
wird burgermeister, vogt, verwalter,
und jener durch geld oder kunst
rentmeister, ratsherr, abt, verwalter.
Ein andrer, dessen engem mut
aus seinem land zu reisen grauet,
sein väterlich ererbtes gut
mit großer sorg und arbeit bauet;
Sein lust, wie seine müh, allein
ist, daß mit heu, mit korn, mit wein
er fülle scheuren, speicher, keller
und nicht verlier nur einen heller;
Ab diesem järlichen gewin
hat er ein solches herzvergnügen,
daß keines fürsten verspruch ihn
kan davon führen, ziehen, biegen.
Der kaufman seglend gegen haus,
wan wind und wellen sich erheben,
hat nu nicht so vil geiz, als graus,
weil schif, mast, ruder, grundbaum beben:
Sein herz voll forcht, voll klag sein mund
geloben beed in böser stund,
daß das best leben das landleben,
dem will er sich nu ganz ergeben.
Jedoch komt er kaum an das land,
daß sein gelübd er stracks vernichtet
und, weil armut sein gröste schand,
sein schif bald wider neu zurichtet.
Dem aber ab des meers unruh
und andern wassern sunst mag grausen,
der liebet mehr in freud und ruh
die zeit mit brüdern zu verbausen:
[208]Und fliehend arbeit, müh und streit
verdrinket er die süße zeit:
nein, sondern nicht schnell zu veralten
will er die liebe zeit aufhalten;
Aufhaltend becher oder glas
wird er ein freier bossenmacher
und sitzend in dem grünen gras
erfrischet ihn der Bacharacher.
Vil, denen der trometen klang,
der mit dem drummenschlag vermischet,
ab welchem mancher mutter bang,
das blut mit mut und wut erfrischet,
Mit krieg erquicken ihre brust
und in dem läger ist ihr lust,
ihr sinn, als dapferer kriegsleuten,
ist, ruhm, ehr und gut zu erbeuten:
Sie suchen mit list oder macht
zu sigen und zu triumfieren,
bis sie zuletzt die schanz und schlacht
und zugleich leib und seel verlieren.
Ein andre mühsame kurzweil
gebrauchet jener, der gern jaget,
indem er oft in schneller eil
sein bet verlässet, eh es taget.
Ja manche lange nacht und tag,
weil er sein weib, in leid und klag,
sich streckend, lässet allein schlafen,
ihn oft frost, hitz, schnee, regen strafen.
Er achtet weder lieb noch pein,
dem wild mit vortheil nachzustellen
und einen hirsch, reh, wolf, wildschwein
durch die hund oder strick zu fällen.
Mir, ob ich meine jugend schon
nicht aller eitelkeit beraubet,
hat sie doch keinen süßern wohn,
dan in der Musen lieb erlaubet;
[209]Dan mit der kindheit ich zugleich
was andern lieblich, köstlich, reich,
ja, des hoflebens pracht und prassen
und auch des pöbels lieb verlassen:
In manchen sprachen hab ich bald
die poesi mit lust geübet
und ihrenthalb den grünen wald
mehr, dan palläst und stät, geliebet.
Durch sie bin ich in dienst ganz frei,
nach arbeit sie mich bald erlabet,
krank ist sie mir die best arznei,
in leid sie mich mit trost begabet.
Ja, Hübner, wan ich dein gericht
und mein gemüt durch mein gedicht
geistreich und geistlich kan erquicken,
kan mich kein könig mehr beglücken.
Dan meinen geist der psalmen klang
so hoch erhöhet und ergetzet,
daß er mit götlich purem schwang
wird in das firmament gesetzet.
Die Uebersendung
Freind, dessen götlicher verstand
durch deine große lehr und tugend
erquicket schon dein vatterland,
als ob du alt in deiner jugend,
Weil ich weiß, daß dir mein gedicht
mit unverwürflichem gericht
beliebet lobend zu bewehren,
begehrend billich dich zu ehren,
Hab ich dir dises alt gesang
neu auszuschmieden mich geübet,
verhoffend, daß was ich ohn zwang
alt oder neu sing, dir beliebet.