[32] An Herren Craften Grafen von Hohenloe etc.

Ich empfind nun in meiner brust
sich ein verlangen anzuzünden,
das treibet mich mit großem lust
ein neues lobgesang zu finden.
Neid, unerfahrenheit, misgunst
bemühen sich, nach ihrem willen,
doch finden, meine stim zu stillen,
sie weder gnug gewalt noch kunst.
Und deren tugend große ehr
von deren meine saiten klingen,
erleuchtet mein gemüt so sehr,
daß ich kan mutiglich fortsingen.
Wann niemand schon so toll und grob,
der deinen namen nicht wolt preisen,
kan niemand doch dein hohes lob,
o Hohenloe, recht gnug ausweisen.
Darum ich, durch Apollons glanz
und durch der Musen gnad beleitet,
für dich mit ihnen hab bereitet
den würdigst grünen lorberkranz,
Der auch mit nicht geringerm schein
wird unverwelklich dein haupt krönen,
wie deine seel und leib allein
die lasterhafte welt beschönen.
Wan deine thaten und weisheit
zu deinem ruhm nicht gnugsam wären,
wolt ich auch deines bluts hochheit
vermehren, dein lob zu vermehren;
Jedoch gleichwie ein cirkul rund
wird ganz vollkommen umgewendet
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und endlos sich in sich selbs endet,
also wird auch dein lob recht kund.
Dan warlich der vorälter preis
sehr wenig den nachkömling zieret,
wa nicht die tugend gleicherweis
sie in der elter tritten führet.
Zwar es bedarf sich auch gar nicht
deintwegen zu pindarisieren,
aus einem alten lobgedicht
ein neues lob zu destillieren,
Dan dein verdienst selbs, der schon lang
die götter und die welt erquicket,
hat die neun schwestern selbs beglücket
mit einem wahren lobgesang;
Wan deiner tugend klare macht
ganz lieblich ihr gesicht ergetzet,
recht wie das firmament zu nacht
mit sternen leuchtet übersetzet.
Achilles war hoch von statur,
in aller kurzweil wol geübet,
schön, lustig, freindlich von natur,
von frauen billich auch geliebet;
Mein aber! würd man noch wol heut
von ihm so vil gedenkens tragen,
wan er nicht herzhaft sich zu wagen
stets selbs geworfen in den streit?
Gar nicht! sein leib und lob zugleich
het müssen durch den tod verbleichen,
het er sie nicht kühn und sigreich
gezeichnet selbs mit roten zeichen.
Mit solcher farb hat deine hand
den allerstreitbarsten soldaten
in Ungern und in Niderland
schön fürgemalet manche thaten.
Wie oft hat deine dapferkeit
werk übermenschlich wol verrichtet
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und deines feinds hochmut vernichtet
durch sein verdiente dienstbarkeit!
Ja wie vil seelen hat dein wehr
den stolzen körpern ausgetrieben,
daß das feld von der feinde heer
gleich einer schedelstat geblieben!
Seind nicht die Tonau und der Rhein
oft worden rot von deinen stichen?
seind nicht ob deiner wafen schein
die dapferste feind oft verblichen?
Zwar ist es jetz gar nicht mein will,
wie es dan auch nicht mein vermögen,
hie deine thaten auszulegen;
darum nu halt ich jetzund still,
Weil andre tugenden noch mehr
dich mit verstand und wolstand zieren,
die billich auch mit höchster ehr
auf meinen saiten zu berühren.
Du bist fürsichtig, mild und weis
kein mangel ist an dir zu merken;
ja du bist unsers alters preis
und taugenlich zu wort und werken:
Die tugent ist dein eigenschaft,
umsunst bist du nicht Craft genennet;
stärk dich für ihre kraft erkennet,
ohn dich ist dapferkeit ohn kraft.
Mars selbs bewohnet dein gemüt,
von höflichkeit hast du geberden,
Cupido füllet dich mit güt,
daß alle menschen dir hold werden.
Darum hat dich gots gütigkeit
mit einer fürstin zart begabet,
daß du durch ihre süßigkeit
den göttern werdest gleich erlabet;
Daß du in steter lieb und ruh
dein leben mögest wol zubringen,
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und daß der welt aus euch entspringen
gleichlose helden, die wie du
Durch die kraft ihrer köpf und händ
die feind stets glückreich überwinden,
daß eures lobs und namens end
nicht vor der welt end zu erfinden.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. An Herren Craften Grafen von Hohenloe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-92A0-A