27. Falsche Tugend

Gerecht ist Statilas, doch allzustreng gerecht,
Geduldig, wenn er auch die Ehre schützen soll;
Aus Demuht macht er sich zu jedes Narren Knecht,
Und spricht ohn' Unterscheid von allen Leuten woll; 1
Offt läuft er in Gefahr zu zeigen seinen Muht,
Ist mild', unangesehn wem, wie, und was er schenckt:
Er liebt die Tugend so, wie Affen ihre Bruht,
Denn er erdrücket sie, in dem er sie umfängt.

Fußnoten

1 Und spricht ohn' Unterscheid von allen Leuten woll. Dieses wird zwar von einfältigen Leuten vor ein Zeichen grosser Gütte gehalten; kluge Leute aber erkennen daraus eine feige Memme. Denn thut man es der Ruhe halber, was hindert uns das Maul zu halten? Mit Schweigen sündigt hier so leicht niemand nicht, der nicht zu jedermans Richter eingesetzet ist. Wolt ihr aber sprechen, so zeiget dass ihr Hertz genug habet die Wahrheit zu sprechen,

Und nennet eine Katze Katz,

Und Rolet einen Lotterbuben.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Wernicke, Christian. Gedichte. Überschrifften in zehn Büchern. Der Uberschriffte siebendes Buch. 27. Falsche Tugend. 27. Falsche Tugend. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A4CB-1