1. Das Kloster

Das Kloster in Kirchheim hat aus seinen alten Tagen fast nur das Bequeme, Trauliche behalten: die weiten Räume, die bauschigen Gitterfenster, in die man sich ganz hineinlegen und wie aus einem luftigen Käfig in die sonnenbeschienene Welt hinausschauen konnte. Beinahe alles Grausige, Gespensterhafte war längst durch das geschäftige Treiben jüngerer Geschlechter weggeräumt. Nur in einer ungebrauchten Bodenkammer hing noch das geschwärzte Bild einer Nonne, dessen Original natürlich die Volkssage eingemauert worden sein ließ, und unten, wo es hinter der Treppe so dunkel ist, befindet sich eine eiserne Tür zu einem unterirdischen Gange, der, ich weiß nicht wie weit, sich erstrecken soll. Mit schauerlicher Lust wagten die Kinder des Hauses sich hie und da etwa zehn Schritte in dem Dunkel vorwärts; aber manche Tagesstunde, ja halbe Nächte lang unterhielten sie sich mit Plänen, wie der Klosterschatz, der sicher hier verscharrt sein mußte, zu heben, und vor allem, wie er zu verwenden sei. Goldene Luftschlösser erhoben sich, wenn sie in nächtlicher Stille flüsternd im Bett darüber plauderten. – Bis heute hat ihn aber noch keiner gehoben. Vor Zeiten waren wirklich Nachgrabungen angestellt worden, man war aber nur bis auf die Spur verschütteter Stufen gekommen. – Der Sohn des Hauses hatte in jüngeren Tagen mit seinen Kameraden die Grabung erneuert; das einzige Ergebnis aber waren beschmutzte Wämser und zerrissene Hosen, weshalb das Geschäft von seiten der Eltern niedergelegt wurde. – Von Gespenstern hat man nie viel vernommen. Die obbemeldete eingemauerte Nonne, ein unentbehrliches Zubehör eines alten Klosters, soll freilich zur Weihnachtszeit manchmal [134] mit gerungenen Händen sich haben blicken lassen; gesehen hat sie aber niemand und gefürchtet nur, soweit es zu einem behaglichen Grausen gehörte.

Am Eingang des Klosterhofs steht noch das kleine Torhäuschen, vom Torwart bewohnt, der da keine Amtsverrichtung, nur die Vergünstigung der freien Wohnung hatte. Es war ein eisgrauer, steinalter Invalide, der ganze sommerlange Tage im Sonnenschein vor seinem Häuschen sitzen konnte. Gesprächig war er gewöhnlich nicht; wenn aber einmal die Schleuse aufging, so wußte er viel zu erzählen von den Kriegstaten seiner jungen Jahre – er hatte noch unter Friedrich dem Großen gedient; für den gestrigen Tag hatte er kein Gedächtnis mehr. Der Großvater verehrte ihm allmonatlich ein Paket Tabak, das ihm die Kinder überbringen durften. Herzlich leid tat es ihnen, als der alte Stelzfuß begraben war und nur noch sein uralter, kindisch gewordener Pudel sich vor dem Häuschen sonnte.

Das Kloster war seit lange zu einer Beamtenwohnung eingerichtet, und der Großvater und die Großmutter haben darin gewohnt. Ich will den Leser nicht lange plagen mit genealogischen Erläuterungen über meine verschiedenen Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits. Ist er doch selbst wohl so glücklich, solche zu haben oder gehabt zu haben, und wenn bei dem Namen Großvater und Großmutter eine recht freundliche, trauliche Erinnerung in ihm aufwacht, eine Erinnerung aus der ersten frischen Kindheit an einen Lehnstuhl und eine liebe, ehrwürdige Gestalt darin, an fröhliche Ferien, an Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, so ist das vollkommen genug.

Der Großvater war, was man einen Mann von altem Schrot und Korn nennt, ungeschliffen im guten Sinne des Worts. Mit den Redensarten hat er es nie genau genommen, aber er war wohlmeinend in der Tat und Wahrheit. Des Großvaters erste Gattin war eine Frau, wie es nicht viele gibt, klein, geschäftig, beweglich, mit hellen Augen und offenem Herzen für alles, was schön und gut ist in der Welt und über die Welt [135] hinaus. Sie konnte ihren eigenen Sinn haben, ihr Hauswesen war ihr unbeschränktes Königreich, in dessen Regierung sie keine Eingriffe duldete, und so klein sie war, sie verstand sich in Respekt zu setzen; aber blieb sie unangefochten, so war sie auch eine gnädige Herrin. Sie war nun freilich nicht in allen Stücken mit dem Zeitgeist fortgeschritten. Von der Dienstbotenemanzipation wollte sie nicht viel wissen: »Laßt die Leute an ihrem Platz; haltet sie so, wie sie es sich in ihrem Heimwesen dereinst auch machen können; verwöhnt sie nicht unnötig!« Auch ihr literarischer Geschmack war nicht auf der Höhe der Zeit, und das Lied »Guter Mond, du gehst so stille« usw. hat ihr zeitlebens besser gefallen als das damals eben neu auftauchende Lied Goethes »Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll«, dessen mystische Schönheit ihr niemals einleuchten wollte. Aber trotz alledem war sie das belebende Element ihres Hauses und zum Segen geschaffen für jede Zeit, in der sie gelebt und gewirkt hätte.

Der Großvater war ein rastlos betriebsamer Geist, der sich immer mit einer neuen Erfindung trug; und das weitläufige Klostergebäude war eben recht für die zahlreichen Versuche, die er anstellte, ohne jemals Chemie, Physik oder Technologie studiert zu haben. Bald erfand er neue Weinschöne, bald entdeckte er Torflager; dann machte er Baupläne, konstruierte Maschinen oder ließ Stahl fabrizieren; sogar mit der Alchimie hat er's versucht und Molche nebst Messingstücken in Schachteln gesperrt, weil er gehört hatte, daß sie dieses Metall verzehren und darauf als Gold von sich geben. Letzterer Versuch scheint keine glänzenden Ergebnisse geliefert zu haben; er wollte später nicht mehr daran erinnert sein. Auch als Schriftsteller versuchte er sich und schrieb zu seinem Privatvergnügen zahllose politische Aufsätze. Sein Stil war zu wenig gehobelt, als daß sie zur Veröffentlichung getaugt hätten, und so vermoderten sie in seinem Schreibtische. Obgleich er unter dem gar alten Regime und unter der Napoleonischen Herrschaft ein mächtiger Oppositionsmann gewesen, hatte er doch von den Freiheitsideen, wie sie sich von den dreißiger Jahren an regten, so wenig eine [136] Ahnung, daß der gute Großvater in unsern Tagen (1849) für ein Monstrum von Gesinnungsuntüchtigkeit, für den Kaiser aller Heuler erklärt worden wäre.

Weil er sich auf allen Gebieten versucht hatte, war ihm auch nichts neu auf der Welt. Nil admirari, das war, wenn auch unausgesprochen, sein steter Wahlspruch. »Hab's schon lang' gewußt – gerade so war's in den siebenziger Jahrgängen – wird ebenso sein wie selbiges Mal«, das waren seine Bemerkungen über alles, gleich dem alten Rabbiner in Gutzkows »Acosta«. – Sein Herz aber saß auf dem rechten Fleck bei all seinen rauhen Außenseiten. Bei Kranken war er hilfreich wie eine barmherzige Schwester, bei Kindern zärtlich und nachsichtig wie eine Mutter. Obgleich er auch in Ansehung des Geldes etwas konservativer Natur war, so war doch für die Enkel seine Hand stets offen; eigenhändig spickte er um Weihnachten und Ostern die roten Äpfel mit neuen Sechsern; die Gratulationsgedichte zum Geburtstag und Neujahr wurden anständiger honoriert als die manches Hofpoeten, und seine schlichte Gestalt mit dem schwarzen Käppchen auf dem kahlen Scheitel bleibt für uns der Mittelpunkt einer freudenreichen und sonnigen Kinderzeit.

Der Charakter seiner Bewohner brachte es mit sich, daß das Kloster, wie in der baulichen Einrichtung so auch in der Bestimmung, von den alten Tagen nur das beste und freundlichste Teil übrigbehalten hatte: das, eine Herberge der Verlassenen, eine Zuflucht der Heimatlosen zu sein. Nicht daß es just eine Anstalt für verwahrloste Kinder geworden wäre, oder ein Blindenasyl, oder ein Gutleuthaus; nein, es trug einen heiteren Charakter. Es gibt Verlassene, für die niemand sammelt und Feste hält und Häuser baut, und solche nahm das Kloster auf.

Da kam das eine Mal die arme Frau Base Klenker samt ihrem Hündchen und ihrer Schnupftabaksdose und siedelte sich beim Herrn Vetter an, um ein paar Monate Licht und Feuerung zu ersparen; dann kam in tiefer Nacht eine ehemalige Nachbarin, eine unglückliche Kaufmannsfrau, die ihrem rauhen Mann entlaufen war, samt Kind und Habe. Ein andermal [137] war's die Jungfer Hannebine (ihr Verwandtschaftsgrad konnte niemals ausgemittelt werden), die gerade kein Unterkommen als Hausjungfer hatte und die nun mittlerweile ihre Kochkünste im Kloster vorführte. Jetzt mußte Raum geschafft werden für die arme Pfarrwitwe, deren Habe verbrannt war, bis sie wieder ein Obdach hatte; dann zog ein armer Forstwart ab, bei dessen elf Kindern die Großmutter Patin war; zur Erleichterung der Eltern mußten sechs bis sieben Patchen beherbergt werden, und so ging's fort. Dabei werde nicht gedacht der unzähligen kürzeren Besuche von bestimmungslosen Vettern, ehemaligen Schreibern, ausgedienten Mägden und dergleichen.

Auch ergötzliche Gäste suchten das Kloster heim. So der Onkel von Pfullingen, der die Rolle des gutmütigen Polterers übernommen hatte, wie ein Heide fluchte, daneben aber ein herzguter Mann war und alle Taschen voll Geschenke für die Kinder mitbrachte. Wenn man ihn und den Großvater zusammen sprechen hörte, so meinte man, die zwei Brüder haben grimmige Händel, und doch waren sie die besten Freunde von der Welt. Den Kindern fast noch willkommener war's, wenn der dünne Herr Pater von N. in der schwarzen Kutte auf seinem zahmen Rößlein einhergeritten kam, gefolgt von der dicken freundlichen Marieliese, seiner Köchin, um sich seine Renten vom Großvater ausbezahlen zu lassen. Der Herr Pater hatte stets rührende Klosterbilder für die Kleinen, worauf eine heilige Theresia mit Augen wie Pflugräder zum Himmel starrte, oder ein heiliger Sebastian, mit klafterlangen Pfeilen gespickt. Der Herr Pater hatte keinerlei Verrichtungen in dem ganz protestantischen Dorfe; er lebte dort als der letzte Pensionär in einem alten Stifte und ließ sich's unter der Pflege seiner Marieliese recht wohl sein, war auch höchst tolerant und allenthalben gern gesehen. Alljährlich hielt er ein großes Fest, wenn der Karpfensee abgelassen wurde. Das war der Marieliese Ehrentag; sie lief ganz strahlend und glitzernd umher wie der fetteste geschmorte Karpfen. – Der Herr Pater pflegte sie vielfach mit einem Geschichtchen aus der Anfangszeit ihrer Küchenlaufbahn zu necken. Sie hatte in der Küche eines Prälaten ihre ersten [138] Studien gemacht und sollte bei einer großen Festlichkeit ein Spanferkel bereiten. Die Oberköchin sagte ihr: »Marieliese, wenn du das Spanferkel aufträgst, so tu auch Lorbeerblätter hinter die Ohren und eine Zitrone ins Maul.« Welche Heiterkeit verbreitete sich im Saal, als die gute Marieliese mit dem Spanferkel eintrat, Lorbeerbüschel hinter ihren Ohren und eine Zitrone im weitaufgesperrten Mund! –

Einige der jeweiligen Insassen des Klosters verdienen näher ins Auge gefaßt zu werden. Der erste derselben ist:

Der Emigré

Als der Großvater noch vor seiner Bedienstung in Kirchheim als Beamter in Urach wohnte, war daselbst bei Nacht und Nebel [139] ein ehrbar aussehender Franzose angekommen, begleitet von einer Demoiselle, deren eigentliche Stellung zweifelhaft war. Mit Hilfe der Demoiselle, die deutsch verstand, gab sich der Fremde als einen Monsieur Meuret zu erkennen, den die Stürme der Revolution von Haus und Amt vertrieben hatten. Er war zwar kein Vicomte oder Marquis, aber doch das Anhängsel eines solchen, bei dem er als Beamter oder Verwalter angestellt gewesen war. Monsieur Meuret, der keine andern Schätze gerettet hatte als die Demoiselle, deren wirklicher Wert schwer anzugeben gewesen wäre, ließ sich in besagtem Städtchen als französischer Sprachlehrer nieder, weil ihm zum Weiterkommen Rat und Mittel fehlten. Nun war aber Urach eine kleine Stadt, wo außer Erbsen und Linsen wenig gelesen wurde; daher fanden sich wenige Schüler, so daß der arme Emigré kaum das notdürftigste Auskommen fand. – Als nun der Großvater in Kirchheim eingerichtet war, glaubte er, daß hier, in einer kleinen Residenz, ein französischer Maitre Bedürfnis sei; darum verschrieb er Herrn Meuret, dessen traurige Lage ihm bekannt war, und bot ihm sein Haus als Heimat an, bis er sich eine eigene Wohnung verschaffen könnte.

Nur ein Bedenken war dabei. Im Hause der Großeltern wurde streng auf Zucht und Sitte gehalten. Der Großvater hatte, als ihm während der französischen Einquartierung die bonne amie eines Generals ins Quartier zugewiesen wurde, diese mit großer Energie ausgetrieben, und obgleich ihm kein Französisch zu Gebot stand als der Ausruf: »Marsch, Madame!« so hatte sie's doch wohl verstanden. Nun war zu fürchten, Monsieur Meuret möchte nicht ohne seine Demoiselle kommen; das wollte der Großmutter gar nicht munden, und doch mochte man deshalb nicht die Gelegenheit versäumen, dem Heimatlosen eine Heimat zu bieten. Endlich entschloß man sich, Herrn Meuret ohne Bedingungen und Klauseln einzuladen. Siehe da, es kam alsbald eine Art von Kutschenwagen mit äußerst wenig Gepäck; darauf thronte Monsieur Meuret, und allerdings auch die Demoiselle, die er aber alsbald als Madame Meuret vorstellte. In Anbetracht ihrer erlebten Drangsale [140] und ihrer hilflosen Lage drückte man ein Auge über die Vergangenheit zu, und Monsieur und Madame wurden zunächst im Kloster untergebracht.

Monsieur Meuret eröffnete sogleich einen Lehrkursus, der von der aufblühenden Jugend, sowohl aus dem hohen Adel als dem verehrten Publikum, recht zahlreich besucht wurde; Madame gründete eine französische Strickschule, und so fanden sie sich bald, wenigstens im Vergleich mit ihrem letzten Aufenthalt, in recht erträglichen Umständen. Die Sprachkenntnisse, die man sich bei Madame erwarb, beschränkten sich freilich auf ein paar Phrasen: Madame, s'il vous plaît, examinez mon ouvrage! Madame, s'il vous plaît, laissez-moi sortir! und dergleichen; aber doch war's immerhin französisch und darum ein ganz andres Ding als eine deutsche Strickschule.

Monsieur Meuret bewegte sich in äußerst gemessenen, zierlichen Formen und schien das dreifache Maß seines äußerlich verlorenen Ranges innerlich in sich aufgenommen zu haben. Madame befliß sich minderer Feinheit, und das eheliche Verhältnis des edlen Paares, das sich spät und nach so langer Bekanntschaft verbunden, schien eben nicht das zärtlichste zu sein. Madame Meuret, eine geborene Elsässerin, hatte als deutsches Stammgut nichts behalten als deutsche Schimpfwörter, die sie in unglaublicher Anzahl vorrätig hatte und an ihren Eheliebsten sowie an ihre Zöglinge verschwendete, über welch letztere sie hie und da noch ein fühlbareres Regiment mit der Elle führte. Alle Tiernamen standen ihr zu Gebot, und sie stellte sie auf eine Weise zusammen, daß Linné und Buffon in Verlegenheit gewesen wären, die Geschöpfe zu klassifizieren, zum Beispiel: »Du Stockfischgans, du Kalbsluckel, du bist mit Spülwasser getauft!« usw. usw. Die Tugend der Unparteilichkeit mußte man ihr lassen, da sie die Töchterlein ihres Protektors höchstens mit noch stärkeren Ehrentiteln und häufigeren Ellmeßberührungen heimsuchte als die andern.

Das liebste Gesprächsthema des Ehepaars war natürlich ihre verlorene Herrlichkeit, die, wie es zu gehen pflegt, in der Erinnerung beträchtlich erhöht und verklärt wurde. Besonders [141] gründlich war Monsieur Meuret in der Schilderung seiner reichen Garderobe, die den kleinen Mädchen, denen er sie beschrieb, ganz fabelhaft erschien. Er hoffte auch immer wieder in den Besitz wenigstens dieses Teils seiner Habe zu kommen, den er, bereits in Kisten gepackt, auf der Flucht irgendwo in Verwahrung gegeben habe. Da aber nichts kam, ward die Geschichte von Herrn Meurets Kleidern allmählich zum Mythus.

Welcher Triumph war es nun für den verkannten Edeln, als eines Morgens durchs Städtchen die Kunde erscholl, Monsieur Meurets Kleider seinen angekommen! Die Schülerinnen, wohl auch die Mütter, eilten herbei, den Schatz in Augenschein zu nehmen. Ja, da war die ganze Herrlichkeit! Der unwiderlegliche Beweis, daß Monsieur Meuret daheim ein Mann comme il faut gewesen. Da lag ein geblümtes Sammetkleid, ein roter, ein apfelgrüner Frack; ein Staatsdegen, ein galonierter dreieckiger Staatshut, kurze Inexpressibles mit silbernen Knieschnallen, seidene Strümpfe, Schnallenschuhe, und über das alles noch ein Ludwigskreuz! Für welches Verdienst Monsieur Meuret dieses bekommen, da er, soviel bekannt, nichts getan hatte, als daß er davongegangen war, das wurde nie sicher erhärtet, wie es so oft bei Orden der Fall ist. Genug, der Orden war da, und Monsieur Meuret trug ihn von Stund an, zusamt dem geblümten Sammetkleid, Degen und Staatshut, obgleich alle diese Kleiderpracht zehn Jahre im Dunkel gelegen und gänzlich außer Kurs gekommen war. Hat jemals das Kleid den Mann gemacht, so war das hier der Fall; Meuret machte, gerade wegen der Seltenheit seines Kostüms, eine höchst respektable Figur, und er war in den Augen des ganzen Städtchens um viele Prozent gestiegen; ja, Madame selbst bekam ein Gefühl ihrer Würde, ihre Ausdrücke wurden feiner, und ihr Putz, der früher keineswegs französische Eleganz verraten hatte, wurde gewählter.

Außer der Garderobe mußte Herr Meuret nicht viel Besitztümer zurückgelassen haben, denn auch nach der Restauration bezeigte er kein Verlangen nach der Heimkehr; es scheint, der Vicomte habe sich nicht restauriert. Dagegen aber ging dem [142] würdigen Mann noch am Lebensabend ein andrer Glückstern auf: er wurde durch Vermittlung eines adeligen Gönners als Professor der französischen Sprache an die Landesuniversität berufen, eine Stelle, auf die er ungefähr so viel Ansprüche hatte als auf den Orden. – Gleichviel, er war's einmal und trug die Bürde dieser neuen Würde mit allerhöchstem Anstand. Madame schaffte sich augenblicklich ein neues schwarzes Seidenkleid an und nannte ihn von Stund an »mon cher«. Monsieur und Madame Meuret reisten ab und überließen es ihren teuern Schülerinnen, Französisch, Bildung und Fransenstricken zu lernen, wo sie wollten. – Ob und wie weit er seine neue Stelle ausgefüllt, ob das geblümte Sammetkleid bis an sein Lebensende ausgehalten, ob Madame das mon cher nicht wieder verlernt hat, darüber ist mir nicht viel zu Ohren gekommen. Aber der Großvater dachte sein Leben lang mit Vergnügen daran, wie er durch die Berufung des Emigré nach Kirchheim den Grund zu dessen Glück gelegt.

Der Maler

Wie viel gebetene und ungebetene Gäste auch das Kloster heimsuchten, ein Zimmer wurde stets freigehalten und blieb sogar bei den hohen Wasch- und Putzfesten verschont: des [143] Malers Stube. – Der Maler war so recht der Stammgast des Hauses; man wußte fast nicht mehr, wann er zuerst gekommen war. Seine Ankunft wurde stets ohne Zeremonie angekündigt durch einen großen, langen Korb, der, mit einem Tuche bedeckt, sein Malergerät enthielt. Seine übrige fahrende Habe war leicht transportabel, da sich seine Garderobe mehr durch Qualität als durch Quantität auszeichnete. – Der Maler, der in der Residenz eine bescheidene Mietwohnung innehatte, war den größten Teil des Jahres der Gast irgend einer befreundeten Familie, um diese und die ganze Umgegend mit den Erzeugnissen seiner Kunst zu beglücken.

Er machte eine recht anständige Figur, der Maler; er war nicht groß, aber wohlgeformt und abgerundet, jederzeit höchst proper und zierlich gekleidet, in Frack, Schuhen und seidenen Strümpfen, die er eigenhändig zu stopfen pflegte. Somit machte er in seinem Äußern keinen Anspruch auf Genialität. Wie würde er sich entsetzt haben, wenn ihm ein Kunstgenosse aus unsern Tagen zu Gesicht gekommen wäre, mit Waldungen von Schnurr-, Backen- und Knebelbärten, einer Haarwildnis und einem Paar düsterer, rollender Augen, während ihn ein Stäubchen auf den blankgewichsten Schuhen unglücklich machen konnte! Nur in einem Stück erhob sich sein Künstlergeschmack über die Herrschaft der Mode: inmitten des Zeitalters der Zöpfe und Zöpfchen, Buckeln und Haarbeutel, Puderköpfe und Perücken trug er unverändert seine eigenen, halblang geschnittenen Haare, wodurch er sich noch in spätern Jahren ein gewisses jugendliches Aussehen bewahrte.

Im Kloster war er daheim wie im eigenen Hause. Er kommandierte die Mägde, die seiner unendlichen Pünktlichkeit nie Genüge tun konnten; er schulte die Kinder herum, ohne die Vermittlung der elterlichen Oberbehörde zu suchen; er kritisierte die Speisen und machte den Küchenzettel; denn er war ein ziemlicher Feinschmecker und hatte Kenntnisse in der Kochkunst, welche die selige Verfasserin des schwäbischen Kochbuchs beschämt hätten. Wegen all dieser Eingriffe in ihr Gebiet lebte er denn auch in beständigem kleinen Krieg mit der Großmutter, [144] obgleich sie es von Herzen gut mit ihm meinte und er großen Respekt vor ihr hatte. Desto besser stand er mit dem Großvater, mit dem er immer zu kleinen Schutz- und Trutzbündnissen gegen die Frauenwelt verbunden war.

Der Beginn seiner Laufbahn war ein sehr vielversprechender gewesen, weil sie, wie die so vieler großer Männer, zu allerunterst angefangen hatte. Er war der Sohn eines armen Kupferschmieds in Urach. Herzog Karl bemerkte die wunderschöne Stimme des Buben, als er einmal durch die Stadt ritt. Äußerst begierig, jedes aufkeimende Talent in seiner Akademie zu hegen, welches Treibhaus damals in der Blüte seines Gedeihens stand, nahm er den Knaben alsbald in die Anstalt auf. Die Singstimme bildete sich mit der Entwicklung des Knaben nicht so glänzend aus, wie man gehofft; dagegen schien bei ihm Geschmack und Talent für Malerei vorherrschend zu sein. Der Herzog, der sich sonst fast göttliche Rechte anmaßte und wenn nicht die Herzen, so doch den Willen und die Gaben der Menschen lenken wollte wie Wasserbäche, ließ diesmal einen Menschen seinen eigenen Weg gehen. Zu viel scheint er sich nie vom Maler versprochen zu haben; denn er verlor ihn aus dem Auge und tat nichts dafür, sein Talent durch Reisen und dergleichen zu heben. – Der Maler hat auch die Akademie keineswegs als großer Künstler verlassen, und es schien nicht, als ob er seine Kunst für etwas andres ansehe als für einen recht anständigen Nahrungszweig. Er war und blieb ausschließlich Porträtmaler. Seine Bilder haben fast alle den Vorzug großer Treue, aufs Idealisieren ließ er sich höchst selten ein; sie sind keine vergeistigte Wiedergabe der Natur, wohl aber eine genaue Kopie davon, und die Warze auf der Nase des Herrn Stadtschreibers durfte so wenig wegbleiben wie der kleine Auswuchs am Halse der Frau Dekanin, obgleich diese solche Treue sehr übel vermerkte. Er war unermüdet fleißig, und da er sehr wohlfeil malte und daneben ein angenehmer Hausgenosse war, so läßt sich erklären, wie in jener sparsamen Zeit ganze Generationen sich durch seinen Pinsel verewigen ließen. Durch ganz Schwaben, das Land auf und ab, finden sich in Zimmern oder [145] Rumpelkammern noch Bilder, die ohne Malerzeichen unverkennbar den Stempel seiner Hand tragen.

Die Familie im Kloster malte er in allen Formaten und Lebensaltern: rotwangige Kinder, Jungfrauen mit kurzer Taille und Spickelkleidern, Papa, Mama und Großmama. Die Großmutter wollte mit ihren Bildnissen nie zufrieden sein, sie wäre gern hübscher gewesen und hätte eine kleinere Nase gewünscht. Doch, wie gesagt, Verschönern war nicht des Malers Sache. Er behandelte die Rockknöpfe und Halskrausen gerade mit derselben Aufmerksamkeit wie das »gesegnete Menschenantlitz« und fühlte sich noch geschmeichelt, als die Magd bei einem seiner Porträts nichts zu bewundern wußte als: »Ach, wie sind des Herrn Buchhalters Weste so gut getroffen!« Für Schönheit hatte er aber doch ein lebendiges Auge und war ein großer Freund und platonischer [146] Verehrer des schönen Geschlechts. Unter seinen zahlreichen Freundinnen hatte er immer noch besonders bevorzugte, die er mit Auszeichnung »meine Auguste«, »meine Karoline« nannte; nie aber hörte man, daß seine Vorliebe auch in jungen Jahren den Grad einer ruhigen, freundschaftlichen Zuneigung überschritten hätte. Diese seine Erwählten pflegte er dann auch unentgeltlich und sogar in etwas idealer Gestalt zu malen, etwa mit einem Blumenkranz oder nach damaligem Zeitgeschmack mit fliegenden Haaren, an einem Altare stehend. Solche Bilder erheben sich auch wirklich in Auffassung und Ausführung ziemlich über seine andern.

Ein lästiger Gast wurde der Maler nie, obgleich er ein sehr dauerhafter war. Ohne seiner Würde zu vergeben, machte er sich nützlich durch allerlei kleine häusliche Dienstleistungen, zu denen er eine geschickte Hand hatte. Er malte nicht, wie ein moderner Maler, nur in einem absonderlich zubereiteten Atelier, in dem er aufgesucht werden muß. Was er bedurfte an Licht und Schatten, das war durch einen geschlossenen Fensterladen, durch einen aufgezogenen Vorhang leicht hervorgebracht, und so zog er denn mit seiner Staffelei und seinem Korb in jedes Haus, wo er gerade porträtierte, und war den ganzen Tag über dessen Gast. Dadurch trat er mit den Gegenständen seiner Darstellung in ein recht vertrautes gemütliches Verhältnis, was gewiß viel zu dem natürlichen, hausbackenen Charakter seiner Bilder beitrug, die nicht absichtlich liebenswürdige oder schalkhafte Gesichter machen wie die Porträts in unsern Kunstausstellungen. – Alle, auch die mechanischen Verrichtungen, die zu seiner Kunst gehörten, vollbrachte er selbst; im Hof grundierte er seine Leinwand, rieb seine Farben und brauchte so keine Art von Gehilfen.

Er war ein recht unterhaltender Gesellschafter und erheiterte unermüdet den Familienkreis durch Vorlesen, durch Gesang – seine Stimme erhielt sich lange schön –, durch Teilnahme an den damals im Schwange gehenden Pfänderspielen. Hatte ihn die Karlsakademie nicht zum großen Manne gemacht, so hatte sie ihm doch eine zugleich feine und gründliche Bildung mitgeteilt, [147] so daß sein Umgang wirklich von Wert für die Jugend war, zumal in einem Landstädtchen, dessen Schulunterricht sich nicht weit übers Buchstabieren und Dividieren erhob. Nur trug die gute Großmutter Sorge, ob er nicht den jungen Leuten etwas von den freigeisterischen Ansichten mitteilte, die er, wie so viele seiner Zeit, als notwendiges Erfordernis feiner Bildung und als Zeichen eines guten Kopfes sich angeeignet hatte. Sein im Grunde doch heimatloses Leben, das ihm tiefere Erregungen ferne hielt, trug wohl dazu bei, daß das Glaubensbedürfnis in seiner Seele nicht recht erwachte. – Dieser Mangel an innerer Glaubens- und Lebenswärme ließ nun auch Raum in seiner Seele für einen stillen Trübsinn, der ihn bei der heitersten Außenseite mit zunehmenden Jahren beschlich. Seine Sehkraft fing an abzunehmen; mit den Augen verfiel sein einziges Unterhaltsmittel, und für die Zukunft hatte er nie vorgesorgt. Er hatte kein geniales Künstlerleben geführt, nicht in einer tollen Champagnernacht lange Hungertage zu vergessen gesucht; aber ein anständiger Wohlstand, ein gewisser Komfort in Nahrung und Kleidung war ihm Bedürfnis. Dabei hatte er eine freigebige Hand, sowohl ein Scherflein der Armut als auch ein Ehrengeschenk der Freundschaft zu bieten. Der Notpfennig für die alten Tage fehlte ihm, und seinem ehrenhaften Sinn widerstrebte es, sich als unnützes Mitglied in der Gesellschaft von fremder Güte erhalten zu lassen. In tiefster Seele mochte ihn wohl auch schmerzlich das Bewußtsein erfüllen, daß er nur in dem Vorhof seiner herrlichen Kunst stehen geblieben und nie in ihr Heiligtum eingedrungen war. – So sah er bei kräftigem Körper mit den verdunkelten Augen in eine öde Zukunft. Zuder Höhe des Bewußtseins konnte er sich nicht erheben, sich als Kind des großen Vaterhauses, als Diener des unendlich reichen Hausherrn zu fühlen, in dessen Dienst keine Hand müßig gehen darf, wenn wir nur zu verstehen wissen, zu welchem Werke er uns wirbt.

In des Malers sonst so ruhiger Seele reifte ein Entschluß, den niemand bei dem heitern, gleichmütigen Manne vermutet hätte. Er beschloß, sein Leben selbst zu enden. Ganz im stillen, [148] anscheinend mit vollkommener Seelenruhe, bereitete er die Ausführung des dunkeln Gedankens vor und brachte alle seine zeitlichen Angelegenheiten in Ordnung mit der peinlichen Pünktlichkeit, die lebenslänglich ein Charakterzug an ihm gewesen war. – Aber nie wurde wohl der eigenmächtige Beschluß eines Menschenwillens in so wunderbarer und trauriger Weise verhindert und befördert zugleich wie der Vorsatz des Malers.

Er war schon längere Zeit vom Hause des Großvaters fern gewesen, als eines Tages statt des erwarteten Korbes ein Brief von ihm kam nebst seiner goldenen Taschenuhr. Neben dem sonst ganz gleichgültigen Inhalt des Briefes bat er den Großvater, die Uhr als Vergütung für ein kleines Darlehen anzunehmen. Der Großvater war ärgerlich und gekränkt über dieses Verfahren eines Freundes, den er nie gemahnt hatte; noch aber stieg keine Ahnung des wirklichen Grundes in ihm auf. – Einige Zeit nachher kam ihm die Kunde zu, daß in B. am Neckarufer ein fast unkenntlicher Leichnam gefunden worden sei. Jetzt erst ging ihm ein Licht auf über das Geschick seines unglücklichen Freundes. Er eilte hin und erkannte die durch schwere Wunden und längeres Liegen im Wasser sehr entstellte Leiche, weniger an den Zügen als an des Malers Lieblingsdose, die sich noch bei ihm fand. Aber ein dunkles Rätsel schien auf dem Tode des Mannes zu liegen. Daß er beabsichtigt, sich selbst zu töten, das stellte sich durch tausend kleine Umstände seiner letzten Lebenstage unzweifelhaft heraus, und doch trug die Leiche Wunden, die ebensowenig durch seine eigene Hand wie durch das Umhertreiben des Körpers im Wasser entstanden sein konnten. Woher nun diese? Der Maler war der friedfertigste Mensch von der Welt gewesen: wer konnte seiner eigenen Hand auf solche Weise vorgegriffen haben?

Erst einer Untersuchung späterer Jahre, die aus ganz andern Gründen geführt wurde, war es vorbehalten, dieses Geheimnis ans Licht zu ziehen. – Es lebte in der Nähe von B. ein Wirt, der eine so wunderbare Ähnlichkeit mit dem Maler hatte, daß er oft mit ihm verwechselt wurde, so wenig sonst Verwandtes [149] war zwischen dem anständigen, gesitteten Maler und dem rohen, jähzornigen Wirt. Dieser hatte wenige Tage vor dem Ende des Malers mit ein paar Schiffern, gleichfalls rohen und wüsten Gesellen, einen heftigen Streit gehabt, der damit endete, daß er sie zum Hause hinauswerfen ließ, worauf sie ihm blutige Rache schwuren. – Am Morgen des Tages, wo der Maler vor Sonnenaufgang hinausging, um sich selbst zu Grabe zu tragen, traf er am Neckarstrand die Schiffer, die mit wilder Gier auf ihn, als den vermeinten Gegenstand ihres wütenden Hasses, losstürzten. Ob sie in ihrer Wut nicht achteten, was sie über ihren Irrtum hätte belehren können; ob der Maler, froh, daß ihm die eigene Tat erspart war, sich selbst enthielt, sie zu enttäuschen: das weiß niemand. So ist dem friedlichen Künstler ein dunkles und blutiges Ende geworden. Möge er einen milden Richter gefunden haben an dem, der Herzen und Nieren prüft und der nicht gewollt, daß ihn der eigene Schritt vor der Zeit zum Tode führen sollte! – In der Familie des Klosters ward ihm ein freundliches Andenken bewahrt, und in manchem schwäbischen Hause wird bei diesem Umriß, der Wahrheit gibt, keine Dichtung, die Erinnerung an den gemütlichen heimischen Künstler wieder aufleben. Mir sei vergönnt, mit seiner traurigen Geschichte das Kloster zu schließen und euch hineinschauen zu lassen in ein paar andre alte Häuser von Kirchheim.

Die alten Häuser von Kirchheim

2. Das stille Haus

Philemon 15


In einer stillen Seitenstraße der sonst sehr lebendigen kleinen Stadt stand ein unscheinbares Haus, das man für unbewohnt hätte halten können, so wenig Bewegung und Geräusch wurde darin vernommen, wenn man nicht an dessen Hinterseite, welche die Aussicht auf das weite Tal und die grüne Alb bot, helle Fenster mit Gardinen und Blumen geschmückt und hinter diesen manchmal eine weibliche Gestalt erblickt hätte.

[150] Die anspruchslose Wohnung war die Heimat einer stillen Jungfrau, die eigentlich einem sehr lauten Familienkreise angehörte. Außerhalb dieses Kreises war sie nur wenigen bekannt: den Armen, den Kranken und bekümmerten Herzen. In der Welt und mit der Welt lebte sie nicht; die mancherlei kleinen Interessen, die Tagesneuigkeiten, welche die Bewohner kleiner und großer Städte in Bewegung erhalten, waren nicht für sie vorhanden; aber mit den Ihrigen teilte sie Freude und Leid herzlich und warm, und obwohl ihre Weise still und gelassen war, so konnte sie doch recht kindlich heiter sein mit den Jungen und Frohen.

Am liebsten war sie freilich allein in ihren stillen Zimmern, durch die der Geist der Ordnung und des Friedens wehte, und ließ ihre müden Augen ausruhen auf dem schönen, frischen Grün des Tales. Doch nahm sie es auch freundlich auf, wenn das stille Jungfernstübchen sich belebte von kleinen und großen Nichten und Neffen, die gar zu gern den Schauplatz aller Familienfeste hierher verlegten, zu der freundlichen Tante, die alle Jugendlust so gerne gewähren ließ und die nachher mit aller Ruhe und Heiterkeit ihr kleines Anwesen wieder in Ordnung brachte, wenn die wilde Schar das Unterste zu oberst gekehrt hatte.

Im Mai war der Tante Marie Geburtstag, und auf diesen Tag wußte man schon, daß sie keine Besuche aus der Familie brauchen konnte; da kam alle Jahre ein stattlicher Mann am ersten Gasthof zu Kirchheim mit Extrapost angefahren. Von hier aus verfügte er sich sogleich zur Tante Marie und brachte die wenigen Tage, die er im Städtchen verweilte, von Morgen bis Abend bei ihr zu. Sie machten große Spaziergänge, lasen zusammen und schienen bis zur Abschiedstunde nicht fertig werden zu können mit eifrigen Gesprächen.

Nach diesen Besuchen war die stille Marie eine Zeitlang noch stiller; ihre Geschwister wußten wohl, daß man sie jetzt allein lassen mußte, bis sie selbst wieder einmal in einem der Familienkreise mit der alten heitern, anspruchslosen Miene erschien.

[151] Die Besuche des ansehnlichen fremden Herrn bei der alten Jungfer, die für eine Pietistin galt, obgleich sie deren Versammlungen gewöhnlich nicht besuchte, machten anfangs großes Aufsehen in Kirchheim; allmählich gewöhnte man sich daran. Der Fremde war Professor an der Universität eines Nachbarstaates und ein gekannter Schriftsteller. Alle seine Werke kamen zuerst in das stille Jungfernstübchen der Tante Marie, die ununterbrochen in brieflichem Verkehr mit ihm stand. Die Bewohner von Kirchheim waren längst an den rätselhaften Gast gewöhnt; die jungen halberwachsenen Nichten und Neffen, hauptsächlich aber die ersteren, plagten sich und die Eltern unablässig mit Fragen und Vermutungen, ob er denn ein Verwandter von ihr sei – aber dann wäre er ja auch einer von ihnen – oder ein Freund? Aber solche Freunde hatte man doch gewöhnlich nicht? ... Die Eltern jedoch schwiegen still, und das Rätsel blieb ungelöst.

Ob Tante Marie einmal schön gewesen, war gleichfalls ein Gegenstand häufiger Beratungen. Neben ihrem Freund, der, obwohl einige Jahre älter, doch in der Fülle und Kraft des Mannesalters stand, sah sie freilich recht verblüht aus; aber es war eine milde Anmut über ihr ganzes Wesen ausgegossen, ein Hauch des Friedens, der höher ist als alle Schönheit, weil er über dem Wechsel der Zeit steht.

Marie war von äußerst zarter Gesundheit, und lange vor der Zeit fühlte sie ihre Lebenskraft abnehmen. Sie hatte bis jetzt meist eine ihrer Nichten um sich gehabt, und diese hatten ihrem stillen Einfluß den größten Teil ihrer innern Bildung zu danken; – nun aber bat sie ihre älteste Schwester, ihr Hermine, die ihr stets die liebste der Nichten gewesen war, für den Rest ihres Lebens ganz zu überlassen.

Sehr gern folgte die junge Hermine dem Wunsch der verehrten Tante, obgleich sie diese im stillen gar nicht für so krank hielt. »Aber, Mutter, ehe ich jetzt ganz zur Tante gehe, mußt du mir sagen, wie es denn ist mit dem Professor; ich weiß ja gar nicht, wie ich daran bin, wenn er kommt.«

»Nun ja, Kind,« meinte die Mutter, »du hast nicht unrecht [152] und bist alt genug dazu; was ich weiß, will ich dir gern sagen, aber das ist nicht viel; es ist eine kuriose Geschichte.

Du weißt, daß Marie das jüngste von uns Geschwistern ist, auch war sie daheim das Nesthäkchen und der Liebling, solange unsre selige Mutter noch lebte; wir zwei älteren Schwestern waren schon verheiratet und Marie noch nicht ganz vierzehn, als die Mutter starb. Sie war eine vortreffliche, fromme Frau gewesen, und ihr Tod brachte uns allen ein tiefes Leid; die Marie aber war ganz trostlos. Von nun an hatte sie wenig Freude mehr daheim; unser Vater war ein verschlossener, heftiger Mann, der ihrem Herzen nie nahe gekommen war. Nach kurzer Zeit verheiratete er sich wieder, und jetzt kann ich dir's schon sagen, daß wir alle die zweite Mutter nie recht liebgewannen. Sie war gar nicht bös, aber launisch und oberflächlich; in den ersten Wochen zehrte sie die Marie fast auf vor Liebe, nachher ließ sie sie gehen, tat ihr nichts zulieb oder zuleid mehr, und so wurde das Mädchen immer stiller, und außer ihrem Religionslehrer verkehrte sie am liebsten mit ihren Blumen und Büchern; doch konnte sie recht heiter sein, und sie war ein sehr hübsches Mädchen, so wenig sie aus sich machte.«

»Seh' ich ihr gleich, Mama?«

»Du? bewahre! Du bist nicht halb so hübsch und kannst dich nicht so nett und einfach kleiden wie Marie. Nun, der Doktor R., eben der Professor, lernte die Marie kennen auf einem Ferienbesuch, den er hier machte; sie fanden beide Gefallen aneinander, niemand hatte etwas einzuwenden. Wir hielten's alle für ein rechtes Glück, daß sich Marie in ihrem achtzehnten Jahre mit ihm verlobte. Jetzt lebte sie erst recht auf und ward eine Person von Bedeutung in der Familie; dem Vater, dem Bruder und den Schwägern schienen erst die Augen aufzugehen über ihre Liebenswürdigkeit, ihren Verstand und die Bildung, welche sie sich in aller Stille erworben hatte. Die Mutter bekam einen heftigen Anfall von mütterlicher Zärtlichkeit und besorgte mit Eifer die Ausstattung.

Marie blühte wie ein Röslein; mit ihrem Geschmack an Büchern und Lesen und Studieren war sie bei dem Doktor ganz [153] an den Rechten gekommen. Die zwei wurden viel geplagt mit ihren Studien und gelehrten Gesprächen; sie schrieben einander ganze Pferdslasten von Briefen, der alte Stadtbote mußte noch einmal öfter in der Woche aufs Postamt fahren, – mitunter waren sie freilich auch recht kindisch zusammen. Es war alles schön und gut; doch fiel mir's auf, als ich längere Zeit hier war, daß Marie gar selten mehr den Stadtpfarrer besuchte und so äußerst still und schüchtern in seiner Gegenwart war.

Etwa ein halb Jahr waren sie verlobt, als R. einen Ruf auf die Professorstelle in *** bekam; da war nun der Jubel vollkommen, und der Hochzeitstag wurde festgesetzt. Marie freute sich wie ein Kind auf ihr eigenes neues Hauswesen, das Hochzeitskleid war fertig und das Aufgebot bestellt.

Da kam der Professor, um vor seinem Abzug noch einen Besuch bei der Braut zu machen, ehe er sie heimführte. Marie war wie immer heiter und zärtlich. Der Bräutigam mußte in der Nacht mit dem Eilwagen abreisen, und das Brautpaar machte abends noch einen langen Spaziergang zusammen; ich glaube, es war auf den Kirchhof, wohin sie auch sonst gern gingen. Marie kam ganz lebendig und aufgeregt heim von ihrem eifrigen Gespräch, und sie nahmen einen so zärtlichen, liebevollen Abschied wie immer.

Am andern Morgen, ich war damals auf Besuch beim Vater, kam die Marie so bleich zum Frühstück, daß wir alle erschraken, obgleich wir es der Trennung zuschrieben. Die Mutter wollte sie aufheitern und sagte: ›Morgen, Marie, wollen wir nach Stuttgart fahren, um deine Sachen vollends zu besorgen; wir haben nur noch vier Wochen bis zur Hochzeit.‹ Da sagte Marie ruhig, aber mit leiser Stimme: ›Sie dürfen sich keine Mühe mehr geben, Mutter, ich werde gar nicht Hochzeit haben.‹

Da saßen wir alle und starrten sie an mit offenem Mund; wir hätten sie für verrückt gehalten, wenn sie nicht so gar sanft und ruhig den ganzen Sturm von Fragen und Vorwürfen ausgehalten hätte, der über sie losbrach. ›Und Ludwig?‹ fragte ich endlich. ›Dem habe ich schon heute früh geschrieben.‹ Das [154] war ihre einzige Antwort, mehr konnten wir nicht herausbringen.

Der Professor kam am zweiten Tag, in heftiger Bewegung; wir hatten ihn mit Schmerzen erwartet und hofften alles von seiner Gegenwart. Was es an jenem Abend zwischen ihnen gegeben, darüber rückte er auch nicht heraus. ›Setzen Sie dem Mädchen den Kopf zurecht, Herr Tochtermann,‹ sagte der Vater, ›oder ich werde selbst noch toll.‹ Marie empfing ihn ruhig, still und schüchtern. Sie gingen in den Garten; da saßen sie in der Laube, in der sie sich verlobt hatten, weiß Gott wie lange, immer im eifrigsten Gespräch. Wir waren voll der besten Hoffnung; da kamen sie endlich herauf, alle zwei bleich wie der Tod. Der Professor sagte dem Vater, daß er sich in Mariens Willen fügen müsse und auf ihren Besitz verzichte, gab uns allen die Hand, auch der Marie, küßte sie auf die eiskalte Stirn und fuhr davon.

So wenig ich Marie begreifen konnte, so dauerte sie mich doch viel zu sehr, als daß ich ihr hätte Vorwürfe machen können; der Vater aber war furchtbar böse, und bei der Stiefmutter war der Zärtlichkeitsanfall gründlich vorbei. Ich nahm Marie auf eine Zeitlang mit mir; sie war so angegriffen, daß ich alles fürchtete, und sie erholte sich nur nach und nach in der Stille und Ruhe, die ich ihr ließ.

Es war gar nicht wie sonst bei einem Brautpaar, das sich aufgegeben: keine Briefe, keine Geschenke und Porträts wurden zurückgegeben; im Gegenteil, der Schriftwechsel fing wieder an, wenn auch nicht so eifrig wie zuvor, und Marie las die Briefe mit so ängstlicher Spannung, als ob sie von jedem ihr Lebensheil erwarte. Ich konnte nicht glauben, daß es bei den zweien aus sein sollte, und erschöpfte, als Marie wieder gesunder war, all meine Beredsamkeit, ihren Sinn zu ändern oder doch zu erfahren, warum sie es denn so gewollt. So sanft und nachgiebig sie sonst ist, so fest blieb sie hier. Aber das muß ich sagen, daß sie noch viel lieber und besser wurde als vorher. Sie schien gar nimmer an sich selbst zu denken, so fromm, so fleißig, so gut gegen Arme, – wie ein wahrer Engel [155] war sie. Als der erste Ärger des Vaters verraucht war, kam sie wieder heim; man gewöhnt sich an alles: wo die Zeit nicht Rosen bringen kann, da nimmt sie doch Dornen. Der Vater sagte nichts mehr; er schien es auch zu fühlen, daß mit dem bleichen Kinde ein Engel unter sein Dach eingezogen war.

Von Jahr zu Jahr hofften wir, es solle anders werden; es blieb aber dasselbe. Acht Jahre nach jenem Tag starb der Vater, die Mutter zog zu entfernten Verwandten. Wir alle hätten Marie gern bei uns gehabt; da fiel uns aber um diese Zeit das alte Haus in Kirchheim als Erbschaft eines Herrn Vetters zu, und Marie bat uns, da es ohnehin nicht leicht verkäuflich war, es ihr zum Wohnsitz zu überlassen. Das geschah, und seither ist alles geblieben, wie es jetzt noch ist; Marie und der Professor schreiben sich fortwährend, er besucht sie jeden Geburtstag, er schickt ihr all seine Bücher, – aber keines von uns hat jemals erfahren, was sie getrennt hat.« – – – – – – – – –

Das war alles, was Hermine über die Lebensgeschichte der Tante hörte, und es steigerte nur ihre Neugierde, das eigentliche Wort des Rätsels zu wissen. Diese Neugierde verklärte sich zu einem Gefühl des tiefsten, innigsten Anteils, als sie in der unmittelbaren Nähe der Tante, unter dem Einfluß dieses ruhigen, klaren, innig frommen Gemütes stand; aber nie hätte sie eine Frage gewagt.

Tante Marie hatte übrigens ihren Zustand richtig beurteilt; ihre Gesundheit war gebrochen, ihr Leben einer langsamen Zehrkrankheit verfallen. Bald wurde ihre Schwäche so groß, daß sie das Bett nicht mehr verlassen konnte. Hermine ließ sich das ihr liebe und heilige Amt der Pflege nimmer abnehmen; das Verhältnis zwischen Tante und Nichte wurde immer inniger, das Muttergefühl, das Marien versagt war, schien in ihr für dies junge Mädchen erwacht zu sein.

Es war in der Zeit des beginnenden Herbstes, die so leicht Kranke dieser Art hinrafft, – eine recht stille Abendstunde; Hermine saß an dem Bett der Kranken, lautlos ihre Züge beobachtend, da schlug Marie die halbgeschlossenen Augen auf: [156] »Kind, hast du an den Professor geschrieben?« – »Ja, Tante, gleich nachdem Sie es gewünscht.« – »Es ist gut, ich glaube, er kommt bald,« sagte sie mit sanftem Lächeln. Hermine stiegen die Tränen ins Auge, ihr Herz war zum Überfließen voll; zum erstenmal wagte sie ein weiteres Wort: »Tante, liebe Tante, wenn Sie sich so freuen auf ihn, warum, o warum sind Sie nicht sein eigen geworden? Oh, Sie hätten ihn gewiß recht glücklich gemacht!«

Marie legte sanft ihre Hand auf die des weinenden Mädchens. »Liebes Kind, ich lebe nicht mehr lange; du hast mich so lieb gehabt, du sollst mich nicht für launisch, für seltsam halten. Ich will dir sagen, was ich niemand noch gesagt – rück näher, Kind, ich kann nicht lang' und nicht laut reden! – schiebe die Lampe zurück!

Hermine, ich war jünger als du, noch ein Kind, als ich so an meiner Mutter Sterbebett saß, wie du hier an meinem. Aber mir starb mit der Mutter mein alles, ich war außer mir vor Schmerz; ich glaubte sie dem Himmel abringen zu können mit meinem Gebet. Die Mutter allein hatte noch die Macht, mich zu beruhigen. In jener Nacht sprach sie recht lang' und herzlich mit mir und wies mich auf den festen, tiefen, innigen Glauben hin, der ihres Lebens Glück und Trost gewesen war; aber mein Schmerz brach immer wieder aus: ›Mutter, o liebe Mutter,‹ rief ich, ›wie soll ich fromm bleiben, wie gut werden ohne dich? Versprich mir, daß du wieder zu mir kommen willst auch noch vom Himmel!‹ – ›Kind,‹ sprach sie ernst, ›du weißt nicht, was du bittest, das liegt nicht in Gottes Willen; er hat uns Licht genug gelassen für unsern Weg. Aber ich verspreche dir,‹ sagte sie mit wunderbar klarer, heller Stimme, ›wenn Gott es zuläßt, so komme ich zu dir, wenn deine Seele in Gefahr ist!‹ Das waren ihre letzten Worte.«

Die Kranke ruhte längere Zeit, dann begann sie wieder in kürzeren Pausen: »Hermine, ich habe Ludwig unbeschreiblich lieb gehabt, mehr als ich sagen kann. Ich wußte, daß er meinen Glauben nicht ganz teile; das tat mir weh, aber ich dachte nicht daran, ihn darum aufzugeben; er war ein edler Mann, – ich [157] vertraute auf die Macht der Liebe, – Gott werde ihn durch mich wieder zum Glauben führen. Aber, Kind, das ist schwerer, als man glaubt. Ludwig ist ein glänzender, reich gebildeter Geist; die Ansichten eines geliebten Mannes sind wunderbar hinreißend; ich vermied die Besprechungen über diesen heiligsten Gegenstand nicht, ich wollte ihn ja bekehren. Allmählich schlichen sich diese Ideen, ›der Geist des Christentums‹, wie er es nannte, in meine Seele, ich glaubte Ludwig, solang' ich ihn hörte; war ich allein, sofühlte ich, daß das nicht Wahrheit war, aber den Stern, der mir seither geleuchtet, fand ich nimmer. Ich konnte nicht mehr aufblicken wie das Kind zum Vater; ich war oft innerlich unglücklich, aber ich dachte nicht daran, Ludwig aufzugeben. An jenem Abend sagte ich ihm alles, was mein Herz bekümmerte und bewegte, er war dadurch nicht angefochten; er zeigte und bewies mir klar, auf welchem Standpunkt ich noch stehe, das sei nur ein Übergang zum Wahren. Aufs neue legte er mir das ganze glänzende Gebäude seiner Ideen vor Augen. Ich weiß nicht mehr alles; ich war hingerissen, überzeugt, wie ich meinte; er warb mich für ein neues Leben im Dienste des ewigen Geistes. Erhoben, neubelebt glaubte ich heimzukehren; in meinem stillen Stübchen war es noch nicht anders. In jener Nacht, was ich gesehen, soll nicht über meine Lippen –, Hermine, meine Mutter hat Wort gehalten. Von nun an wußte ich, was ich zu tun hatte; als sein Weib hätte ich ihm nicht widerstehen können, und ich löste das Band. Er sagte mir viel: nicht mit einer Silbe wolle er meinen Glauben antasten; ach, ich wußte wohl, daß ein absichtliches Schweigen oft mehr tut als ein Angriff, gegen den man sich waffnet. Mein Weg war mir klar, und Gott ist sehr gnädig gegen mich gewesen. Von allen Bitten, die ich seitdem zu Gott schickte, ist nureine, meine erste und letzte, meine heißeste, noch nicht erfüllt; wir sind noch nicht eins in allem – Ludwig ist wahr gegen mich wie gegen sich selbst; wenn sich der Himmel mit einer Lüge erkaufen ließe, er würde es nicht tun. Und nun, gute Nacht, Kind!«

Am folgenden Tag kam ein Brief, Marie las ihn mit leuchtenden [158] Augen; »er hat deinen Brief noch nicht, Hermine, aber er kommt bald.« Die Schwestern kamen noch, um Marie zu besuchen; sie nahm herzlichen Abschied von ihnen, wünschte aber nicht, daß eine bleibe. Sie lag still und ruhig wie in froher Erwartung. Endlich fuhr ein Wagen vor; der Professor stürzte heraus: »Lebt sie noch?« rief er atemlos Herminen entgegen. »Gott sei Dank!« rief er auf ihre bejahende Antwort und eilte zur Kranken. Eine Vorbereitung war hier nicht nötig. Lange, lange waren die beiden allein beisammen, bis Hermine wagte, wieder einzutreten. Ludwig saß dicht bei Marie, die, aufgerichtet im Bett, ihr Haupt an seine Brust gelehnt hatte und ihm mit seligen, strahlenden Blicken ins Auge sah. Beider Hände ruhten ineinandergelegt auf Mariens Bibel, dem liebsten Erbteil von ihrer seligen Mutter.

Hermine wollte sich schüchtern zurückziehen, Marie winkte ihr freundlich und sagte leise: »Danke Gott, Kind! Mein Gebet ist erhört, mein Opfer war kein vergebliches.« Sie sprach nicht mehr viel, aber sie trennte sich nimmer von ihm, von dem sie so lange getrennt gewesen war. Vereint genossen sie das heilige Abendmahl, das letzte, was über Mariens Lippen ging; sie starb mit seligem Lächeln. Ihr Bild im Tode war wie verklärt, fast so lieblich wie einst das der jungen Braut, nur etwas bleicher.

Das stille Haus hat sich geschlossen – vielleicht, um später ein lautes zu werden; nur für die wenigen, denen sie angehörte, ist es geweiht durch das fromme sanfte Bild der Tante Marie.

3. Der Freihof

Der Freihof ist ein altes, hochgelegenes, ziemlich unansehnliches, burgähnliches Gebäude, das früher nur weibliche Insassen hatte. Das Innere des Hauses hatte aber für alt und jung einen eigentümlichen Reiz, und besonders für die Kinder war ein Gang zum Fräulein vom Freihof fast ein ebenso großes Fest wie eine Einladung zur Frau Fürstin, von der ich später [159] zu sprechen habe. Eine seltsame, längst verschollene Welt schien sich aufzutun, wenn das hohe Hoftor geöffnet wurde von der uralten Dienerin, Kammerfrau, Gesellschafterin und Haushofmeisterin in einer Person, die mit Hilfe einer »jungen« sechzigjährigen Tochter das Hauswesen besorgte und die Person des Fräuleins bediente. Zwei verhältnismäßig gleich alte Hundeveteranen folgten dieser auf allen Schritten.

Hier schien wie in Dornröschens Schlosse durch einen Zauberschlag die Zeit festgebannt worden zu sein. Die Zimmer waren zierlich eingerichtet mit prächtig bemalten Hautelissetapeten, Taburetten, Causeusen und all den alten Herrlichkeiten, welche erst die Mode der letzten Jahre wieder zu Ehren gebracht hat. Daneben gab es noch allerlei merkwürdige Kunstwerke, die den Kindern wie wahre Zaubereien erschienen, besonders das kleine Bergwerk in einem Glase mit zahllosen arbeitenden Bergmännchen, das durch laufenden Sand in Bewegung gesetzt wurde. Herrlich war der Garten mit verschnittenen Taxushecken, Springbrunnen mit Meerfräulein und kunstreich verschnörkelten Gängen und Blumenrabatten, wie sie jetzt ein Gärtner schwerlich mehr zustande brächte. Inmitten dieser alten Pracht schaltete und waltete das Fräulein, gleich ihrer Dienerin ganz unverändert in die Tracht ihrer Jugend gekleidet, mit hochfrisierten, gepuderten Haaren, Poschen und Kontuschen, Schönheitspflästerchen auf den geschminkten Wangen, recht als wäre sie leibhaftig aus dem Rahmen des lebensgroßen Bildes herausgetreten, das in ihrem Prunkzimmer hing.

Die unvergängliche Schönheit der schlafenden Königstochter schien nun freilich dem Fräulein nicht verliehen zu sein; sie konnte ihre neunzig Jahre nicht verleugnen. Indessen trug sie die Last ihres Alters leicht und trippelte auf ihren hohen Absätzen noch flinker umher als das »Mädchen«, wie die sechzigjährige Tochter der Kammerfrau von ihr und von dieser genannt wurde.

Ihr Geschick hatte in Wahrheit einige Ähnlichkeit mit dem des Dornröschens. Ihre Altersgenossin und Lebensgefährtin, [160] die Kammerfrau, hat es unsrer Großmutter einstmals im Vertrauen erzählt, als diese das jugendliche Bild des Fräuleins betrachtete, dem es jetzt noch auf ein Haar glich, die Schönheit abgerechnet. »Sie werden sich wundern,« sprach die Alte, »daß mein Fräulein, die noch schöner war als ihr Bildnis, und so reich dazu, sich nicht verheiratet hat. Ich sage Ihnen, Freier hat sie gehabt mehr als Tage im Jahre, schöne darunter und vornehme und reiche, und alle hat sie fortgeschickt. Damit hat es aber seine eigene Bewandtnis, was niemand weiß außer mir, und Ihnen will ich's sagen. Es ist, ich weiß nicht mehr wie [161] lange her, ich war dazumal ungefähr fünfzehn und mein Fräulein sechzehn Jahre alt, da habe ich sie nach dem Befehl der hochseligen Frau Mutter auf einer Promenade begleitet. Wir waren weit ab vom Hause gekommen, und die Dämmerung brach schon herein; da begegnete uns eine alte schwarze Zigeunerin, die als Wahrsagerin bekannt war. Mein Fräulein bekam auf einmal Lust, ihre Zukunft zu erfahren, und streckte der Alten die Hand hin zum Wahrsagen. Obgleich sie etwas abseits gingen, konnte ich doch die Worte gar gut verstehen: ›Hüt dich wohl, schönes Jungfräulein, einem geringen Freier zu folgen! Kein andrer als ein Kaiser wird dich heimführen. Laß dich das Warten nicht verdrießen! Kommt er auch spät, so kommt er doch gewiß.‹

Auf dem Heimweg war das Fräulein sehr nachdenklich; sie erzählte mir, wie diese Prophezeiung zusammentreffe mit einem wunderbaren Traum, den sie unlängst gehabt; sie verbot mir aber, irgend einer Seele ein Wörtlein von allem zu sagen. Von Stund an zog sie sich ab von allen Mannspersonen, die in ihres Herrn Vaters Haus kamen; keiner konnte ihr Herz bewegen, einen um den andern ließ sie abfahren. Dabei war sie aber nicht stolz und hoffärtig, sondern freundlich und leutselig gegen jedermann, nur nicht gegen das Mannsvolk. Ein Jahr verging nach dem andern, ein Freier um den andern blieb weg; Papa und Mama drohten und baten, am Ende aber sagten sie nichts mehr. Ob das Fräulein ihnen ihr Herz geöffnet hat, weiß ich nicht. Zuletzt starben Vater und Mutter, und das Fräulein blieb allein mit mir und meinem seligen Mann, dem Hausverwalter. Ihre ganze prächtige Aussteuer und ein wunderschönes Brautkleid nebst Schmuck hat sie verschlossen. Sie ist allezeit getrost geblieben, und jedes Jahr an ihrem Geburtstage sagte sie zu mir ganz ruhig: ›Kommt er auch spät, so kommt er doch.‹ Seit zwanzig Jahren aber sagt sie nichts mehr, und mir tut es doch oft weh, daß sie all die schönen Herren so fortgeschickt hat. Wenn er jetzt auch noch käme, so wäre es doch fast zu spät; meinen Sie nicht auch?«

[162] Das Fräulein konnte sich in der Kunst des Wartens gehörig üben; der Tod selbst schien zu zögern, um dem hohen Freier Zeit zu lassen – vergeblich. Am Ende hatten das Fräulein, ihre Kammerfrau, deren Tochter und die zwei Hunde zusammen ein Alter von dreihundertundzwanzig Jahren erreicht; da war die Kammerfrau zum erstenmal in ihrem Leben so keck, ihrer Herrin voranzugehen – ins Grab, und das Fräulein folgte ihr bald nach.

Armes Fräulein vom Freihof! Als die Tochter der Kammerfrau, »das Mädchen«, mit zitternden Händen die achtundneunzigjährige Braut bekleidet hatte mit den köstlichen Brautgewändern, noch würdig einer Kaiserbraut, so alt und vergilbt sie waren, und als nun der Leichenkutscher Kaiser mit seinem lahmen Rappen die Anhöhe herauffuhr, dich heimzuführen in die enge Klause, da haben deine blassen Lippen sich nicht mehr bewegt, nicht zum Lächeln, nicht zum Weinen; du hast den Hohn des Schicksals nicht mehr gefühlt, der jene Weissagung auf so schnöde Weise in Erfüllung gehen ließ.

Armes Fräulein vom Freihof! Hätte der Tod nur noch dreißig Jahre gezögert, wer weiß, ob nicht noch der Befreier die verzauberte Schöne gefunden hätte, wenn auch nicht ein Königsohn, so doch vielleicht ein Fünftelskaiser 1, der sich der reichen Erbin erbarmt hätte, selbst wenn sie in Poschen und Schönpflästerchen aufgetreten wäre und von weitem schon nach der alten Aristokratie gerochen hätte.

Gutes Fräulein vom Freihof! Ob du dein Schicksal und deine Bestimmung auch mißverstanden, du hast in Ehren ausgehalten. Mit demütigem Herzen hast du geharrt auf deine stolze Zukunft, kein Wort der Klage kam auf deine Lippen, kein bitterer Gedanke in deine Seele. Von den Vorrechten des Herrscherstandes hast du dir keines im voraus angemaßt, außer das schönste: die Erste zu sein im Segnen und Wohltun. Mögest du würdig erfunden worden sein einer edleren Krone als die, auf welche du hienieden vergeblich gehofft!

Fußnoten

1 1849

[164] 4. Der Herrenbau

Der Herrenbau sah nicht so wundersam und märchenhaft aus wie der Freihof, doch war wenigstens ein Teil seines Innern noch viel geheimnisvoller und unergründeter.

So wie ich mir's denken kann, ist es ein altes stattliches Gebäude mit eingeschlossenem Hofraum; auf einer Seite von hohen Bäumen beschattet, so dicht, daß fast kein Sonnenstrahl hereindringen konnte. Der untere Teil war gleichgültig, prosaisch, der wurde vermietet an jedermann; oben aber, da hauste der düstere geheimnisvolle Freiherr mit seinem alten Diener, und dem war es eben recht, daß kein Licht eindrang.

Eine eigene, rätselhafte Region begann in dem oberen Stock, wo nie ein andrer Tritt als der des Freiherrn und seines Johann gehört wurde; jahraus jahrein waren Tag und Nacht Fenster, Läden und Vorhänge dicht verschlossen; jahraus jahrein brannte Licht in den Zimmern des alten Herrn.

Man wußte gar wenig von dem Freiherrn, nur ein Zug von ihm war bekannt: seine entschiedene Frauenfeindschaft. Kein weiblicher Dienstbote, keine Frauensperson unter irgend welchem Vorwand durfte je die Treppe betreten; rasch und scheu schritt der Freiherr vorüber, wenn ihm eine der Hausbewohnerinnen vom unteren Stock begegnete. Der Johann verrichtete mit ängstlicher Genauigkeit alle Dienste, die sonst von Frauenhänden geleistet werden, und mit schadenfrohem Hohnlachen sahen die Mägde der Nachbarschaft zu, wie die steife Gestalt in Livree und gepuderten Haaren mühselig, aber mit großem Anstand den Wassereimer die Treppen hinaufschleppte, den Vorplatz kehrte oder Gemüse für die Küche wusch.

Als getreuer Diener seines Herrn hielt sich der Johann für höchlich verpflichtet, dessen Frauenhaß zu teilen, obgleich er seine Gründe nicht kannte und keine eigenen dafür hatte. Die Wäsche des Herrn, zu deren Reinigung er sich doch nicht selbst verstehen konnte, stellte er der Wäscherin schweigend ins Haus und nahm sie mit möglichst gedrängter Kürze in[164] Empfang, wenn sie fertig war; hatte er Einkäufe auf dem Markt oder in Läden zu machen, so besprach er sie am liebsten mit dem männlichen Personal. Dafür mußte er aber von dem beleidigten Frauengeschlecht, den Mägden am Brunnen und den Marktweibern, manche spitzige Redensart hören: »Ein Wunder, Herr Johann, daß Er seinem Herrn nicht auch Ochsenmilch und Gockelseier verschafft!« – »Er hätte gar nicht nötig, so kostbar zu tun, solche wie Ihn gibt's noch genug, wenn der Markt verlaufen ist!« usw. – Johann nahm alle dergleichen Sticheleien mit ruhiger Verachtung hin; er wurde ganz vergnügt, daß er nun doch einen Grund für seinen Weiberhaß bekam, und es tat ihm nur leid, daß er sich gegen keine gleichfühlende Seele darüber aussprechen konnte. Denn der Freiherr war kein Freund von Worten, und als der Johann ein einzigmal unaufgefordert eine vertrauliche Bemerkung wagte, mit der er gewiß Glück zu machen hoffte, und im Ton militärischen Respekts gegen den Freiherrn äußerte: »Aber, gnädiger Herr, die Weibsleut' sind doch ganz grausig unverschämt!«, hatte ihn der mit so seltsamen Augen angeschaut, daß das die letzte blieb.

Aufs tiefste empört war der Johann, als sich Herr Meuret, der Emigré, in das Erdgeschoß des Baues eingenistet hatte und Madame Meuret ihre Strickschule mit kleinen Mädchen dort errichtete; dakonnte er nicht schweigen. »Wissen der gnädige Herr, daß die französische Madame ein ganzes Rudel kleiner Mädchen hereinbringt? Befehlen der gnädige Herr nicht, daß man sie fortjagt?« Der Freiherr schüttelte den Kopf und begnügte sich, dem Kinderschwarm auszuweichen allemal, wenn er anrückte; einmal aber geschah es, daß er eines der Mädchen, das sich verspätet, auf die Achsel klopfte und ihm ein uraltes Bonbon schenkte, eine Begebenheit, die Epoche machte in der Strickschule.

Der Ton der Klingel, der des Sommers und Winters früh um sechs Uhr aus des Freiherrn Zimmer ertönte, war der einzige, der die tiefe Morgenstille unterbrach. Mit der feierlich ausgesprochenen Frage: »Wie haben der gnädige Herr geschlafen?« [165] trat der Johann mit zwei Kerzen ein und löschte das Nachtlicht des Freiherrn. »Erträglich, Johann,« war die stehende Antwort, nach der Johann begann, die Toilette seines Herrn zu machen, mit einer Zierlichkeit und Sorgfalt, als ob es auf die Eroberung von einer ganzen Damenschar abgesehen gewesen wäre. Mit dem Schlag sieben begab sich dann der Freiherr ins Nebenzimmer, wo Johann hinter seinem Stuhl stehend das Frühstück servierte. Die Zeit von acht bis elf Uhr brachte der Freiherr in seiner Bibliothek zu, schwerlich immer mit Lektüre beschäftigt. Diese ganze Bibliothek bestand aus den Werken französischer Romandichter und Philosophen; den Romanen aber hatte er, zugleich mit den Frauen, Lebewohl gesagt; wenn ihm nun nichts blieb als die Philosophen, so läßt sich leicht denken, wie sein inneres Leben, gleich seinem äußeren, immer dürrer und verödeter wurde.

Nachmittags machte der Freiherr feierlichen Schrittes seine Promenade auf dem durch eine Kastanienallee eingefaßten Stadtgraben, gefolgt von seinem Johann, bis er nach einer Stunde wieder in seiner dunkeln Behausung verschwand.

Vor mehreren Jahren hatte er noch viel stiller und zurückgezogener in seinen verdunkelten Mauern gelebt; damals war er von auswärtigen Hofdiensten zurückgekehrt in die kleine Stadt Kirchheim, zu dem alten Haus, an dessen Bewohnung er ein Familienrecht hatte. Seit seinem Einzug überschritt er aber viele Jahre lang die Schwelle nicht mehr; nur das Aus- [166] und Eingehen des Johann gab den unten Wohnenden Kunde, daß der stille Bewohner oben noch am Leben sei.

Eine tödliche Krankheit, die Folge dieser licht- und luftlosen Lebensweise, hatte endlich einen Arzt ins Haus gerufen, der durch einen Machtspruch deren Änderung gebot. Der Freiherr aber wollte davon nichts wissen und schüttelte schweigend den Kopf.

Da vernahm die Frau Herzogin von der Krankheit und dem Eigensinn des Freiherrn und fand sich bewogen, bei ihm vorzufahren und in eigener Person nach seinem Befinden zu fragen. Der angestammte und angewöhnte Respekt vor Standespersonen überwand beim Herrn und Diener die Frauenscheu; die Frau Herzogin wurde eingeführt, und die sanfte, gewinnende Persönlichkeit der alten Dame bewirkte mehr als der Ausspruch des Doktors.

Der Freiherr genas und machte von nun an seine tägliche Promenade, auch alljährlich zwei Aufwartungen im Schloß, am Neujahr und am Geburtstage der Herzogin. Wie die Mägde und Marktweiber bei Johann, so hätten die paar Hofdamen gern diese einzige Gelegenheit benützt, seinen Frauenhaß durch süße Blicke zu brechen oder durch spitze Worte zu rächen; aber alle Versuche glitten ab an der äußersten Gleichgültigkeit, mit der er die schönste wie die häßlichste Gestalt gleich entschieden als Luft behandelte und seine feierliche Höflichkeit allein der gebietenden Frau zuwandte.

Auch die Kirche fing er seit jener Zeit an zu besuchen und erregte das Erstaunen und Ergötzen der Schuljugend durch den großen Muff, mit dem er sich zur Winterszeit gegen die Kälte schützte. Niemand in der Stadt Kirchheim hatte ihn jung gesehen; er hatte schon das Ansehen eines bejahrten Mannes, als er seine Einsiedelei zum erstenmal verlassen.

Nur ein Band gab es, das den scheuen Freiherrn noch mit den Menschen verband, nur eine Freude, der er nicht entsagt hatte, – die des Wohltuns. Wo er eine bekannte oder verborgene Not erfuhr, da war seine Hand stets offen, natürlich so still und heimlich wie möglich. Viel Freude konnte nun [167] freilich auch nicht dabei sein, da er fast nie den Dank aus eines Armen Munde selbst empfing; aber doch ist manch stilles Gebet für ihn emporgestiegen und hat einen Friedenshauch in sein verdüstertes Dasein gebracht, ohne daß er wußte, woher er ihm gekommen.

Außer den Armen war ihm wohl niemand so gewogen wie die Lichterzieher, die gern der halben Bevölkerung zugunsten ihres Gewerbes eine so menschenfeindliche Laune gewünscht hätten; wie es denn überhaupt eine tröstliche und daneben eine höchst leidige Eigenschaft des Menschenlebens ist, daß jedes Unglück des einen für den andern eine Lichtseite hat. Wir sind ein Raubvogelgeschlecht, wo sich jeder, vom Generalfeldmarschall bis zum Totengräber, von einem Stückchen menschlicher Vergänglichkeit oder menschlichen Jammers nährt. Ich hörte eine Frau Apothekerin einst ganz ärgerlich sagen: »Jetzt kommt d' Cholera erst nicht!« Hagelwetter und Katzenmusiken sind die Blütezeit der Glaser; bei der »herannahenden Saison der Rheumatismen« preisen die »wollenen Warenhändler« vergnügt ihre Waren an; die zerrissenen Stiefel, die den Jungen Schläge und Schelte eintragen, helfen den Kindern des armen Schusters zu ihrem täglichen Brot; und so war das verstörte Gemüt des Freiherrn, das ihm das Tageslicht verhaßt machte, ein rechtes Labsal für seinen Nachbar Seifensieder, der sonst die gutmütigste Seele von der Welt war.

Alle Lichter brennen aus, so auch das Lebenslicht des alten Freiherrn. An einem kühlen, klaren Herbstmorgen öffneten sich zum erstenmal die Fenster und Läden im Herrenbau, zum erstenmal fiel das Sonnenlicht auf das Lager des alten Herrn, als die Leichenschau es umstand, um sich von seinem Tode durch Schlagfluß zu überzeugen. Ein entfernter Vetter wurde herbeigerufen, um des Freiherrn Erbe in Besitz zu nehmen, das man nach seinen Spenden an die Armut für viel größer gehalten, als sich nun zeigte.

Der junge Baron hatte seinen Vetter im Leben nicht gekannt, aber im Tod interessierte er sich sehr für ihn; er hatte Sinn fürs Romantische und hätte gar zu gern gewußt, was [168] denn den alten Herrn zu solch einem verfehlten Dasein voll Nacht und Trübsal gebracht. Der Freiherr aber hat sein Geheimnis mit in das Grab genommen; den Johann hatte er erst kurz vor seiner Ankunft in Kirchheim gedingt, und so war niemand, der Aufschluß geben konnte.

Nur das Bild einer wunderschönen Dame, das sich im verborgensten Fach eines Schreibtisches gefunden, soll Kunde gegeben haben, daß der Freiherr wohl nicht sein Leben lang so tiefen Abscheu vor Frauen gehegt hatte. Ein unverbürgtes Gerücht sagt, daß der junge Erbe an dem Hofe, wo der Freiherr seine Jugend verlebt, einiges erfahren, was das Rätsel lösen konnte: eine alte leidige Geschichte, wie sie bei dem früheren Leben an Höfen wohl nicht die erste war und nicht die letzte blieb: die Geschichte von einem lebensfrischen jungen Pagen, der jahrelang mit der reinen Glut einer jungen Seele, mit stiller, hoffnungsloser Treue zu einer stolzen Schönheit aufgeschaut, und der endlich durch ein fürstliches Fürwort mit einem Schlag an das Ziel seiner Wünsche gekommen war.

[169] Was es aber gewesen, das die schöne Braut, deren Stolz sich in demütige Liebe verwandelt, am Hochzeitsmorgen dem überseligen Bräutigam anvertraut, das ist nicht mehr über seine Lippen gekommen. Ein dunkles Geheimnis muß es gewesen sein, daß es ihn an demselben Tag fortgetrieben von Braut und Hochzeitsfreude, fortgetrieben für all sein Leben lang von dem klaren Sonnenlicht und dem holdseligen Frauenantlitz, von aller Liebe und häuslichen Freude.

Des Freiherrn altes Wappenschild ist glänzend und fleckenlos auf seiner Bahre gelegen; von dem Geschick jener schönen Braut aber, von ihrer Schuld und ihrem Leid hat man nichts mehr vernommen.


Bald fünfzig Jahre sind verflossen, seit man die Leiche des Freiherrn aus dem Herrenbau getragen. Mancherlei Bewohner sind indes in dem alten Gebäude aus- und eingezogen, bis es nun frisch gelüftet und gereinigt zu neuem Zwecke hergestellt wurde. Und zu welchem! Hat sich der Geist des alten Freiherrn nicht zürnend aus seiner Gruft erhoben? Schreitet das Gespenst Johanns nicht mit würdevoller Entrüstung durch die entweihten Gemächer? Wagen an Wagen hält vor dem Bau, und eine Frauengestalt um die andre tritt in die alten Räume: ernste, stille Frauen und Jungfrauen, heitere, gesprächige darunter, und


Sie sinnen und träumen,
Sie ordnen und räumen
Mit fleißigen Händen
An Ecken und Enden.

Sind es Nonnen? Nein, dazu ist ihre Tracht zu mannigfach, zu modisch. Witwen sind es und Jungfrauen, die eine stille Zuflucht hier suchen vor Stürmen und Unbilden des Lebens; einen Trost für Herzenseinsamkeit in freundlichem, friedlichem Beisammenleben, einen Wirkungskreis für eine noch rüstige Kraft. Der alte Herrenbau ist zum Frauenstift geworden.

Nun gute Nacht, Dunkel und Schweigen! Ist's kein rosiges [170] Morgenlicht, so sei es doch eine freundliche Abendsonne, die über dem alten Herrenbau leuchtet!

Und wenn der Geist des alten Freiherrn sich's doch einfallen ließe, Umschau zu halten in seiner ehemaligen Heimat, so möge er lernen, daß auch Herzen, denen das Leben nicht viel Rosen getragen, etwas Besseres tun können als sich in Finsternis begraben und den Frauen davonlaufen!

5. Das fürstliche Schloß

Von Rechts wegen und der Rangordnung nach hätte ich unter den alten Häusern von Kirchheim zuerst das fürstliche Schloß oder Schlößchen vorführen sollen; aber die Familientraditionen des Klosters haben gar zu heimatlich dahin gewinkt, und dann erfordert es ja bei manchem Aufzug das Zeremoniell, daß das Vornehmste zuletzt kommt.

Von dem Schlosse ist in architektonischer Beziehung nicht viel zu berichten; es hat weder die anmutige Eleganz neuer noch die feierliche Pracht oder den märchenhaften Zauber alter Schlösser. Nur die hohen Kastanien, die schattigen Gänge des Schloßgartens sind von einem poetischen Hauch durchweht. Es zeigt so eine Art von Zopfstil, obwohl seine Erbauung eigentlich noch vor die Zopfzeit fällt. Auch die geschichtlichen Belehrungen über seine Erbauer und Bewohner will ich vaterländischen Chronisten überlassen. Zu der Zeit, aus welcher meine Bilder genommen sind, war es Witwensitz und bewohnt von der Herzogin Franziska, Herzog Karls Witwe, dem Mittelpunkte, der Sonne des Städtchens. Eine müde Sonne war es nun freilich, nahe am Untergehen; gerade darum aber ließ sich's leichter hineinschauen, und kein Auge konnte geblendet, keines verletzt werden von dem höchst bescheidenen Glanze, der sie umgab.

Das Leben dieser Frau gehört der Geschichte Schwabens an, und ihre romantische Jugendgeschichte ist schon vielfach zum Stoff für Dichter und Schriftsteller geworden; darum möge sie hier ruhen. Sie hatte den Glanz ihrer früheren Jahre teuer [171] erkauft mit schweren inneren Kämpfen und – mit Vaterfluch. Ihr Vater war ein alter, ehrenfester Edelmann, dem in sehr gesunkenen Verhältnissen seine ritterliche Ehre der letzte Schild und Trost war. Er hatte es für keinen Flecken dieser Ritterehre gehalten, seine Tochter, als Opfer dieser Verhältnisse, in blühender Jugend einem rohen Gatten hinzugeben; aber daß sie gewagt, selbst ihre Bande zu lösen, daß sie die Freundin ihres Fürsten geworden, noch ehe sie seine Gemahlin ward vor Gott und der Welt, – das konnte er ihr bis in seinen Tod nicht vergeben. Erst nach diesem war es der Mutter vergönnt, ihr geliebtes Kind zu besuchen, und auch sie hatte solches Grauen vor dem Weg, auf dem ihre Tochter zu dieser Höhe gestiegen war, daß sie nie mit den Titeln von ihr sprach, die ihr nun mit Recht zustanden; nie von den Vorrechten ihres hohen Standes, der fürstlichen Equipage und dergleichen Gebrauch machte. Sie kam nie anders als in einer einfachen Mietkutsche zu ihrer Tochter, so daß einmal der Kutscher, als der Herzog mit glänzendem Gefolge vorüberritt, [172] diesem zutraulich zurief: »Euer Durchlaucht, d' Schwieger hab' ich gestern gut heimbracht.«

Doch, wie gesagt, die Jugendgeschichte der Herzogin mit ihren Licht- und Schattenseiten möge hier ruhen. In Kirchheim war sie nur die wohltätige Fee des Städtchens; hier gedachte man ihrer nur als des guten Engels ihres Landes und ihres Gatten, der Gefährtin seines besten Lebensabschnitts; hier verlebte sie im stillen den Rest ihrer Tage, »eine rechte Witwe«, in stetem, treuem Andenken an ihren geliebten Herrn. So wenig ihr aber auch von dem Lärm und Pomp geblieben war, der die Tage ihres Glanzes umgeben, ein Hof mußte dennoch gehalten werden. Die steifen Formen ihrer Zeit waren ihr so sehr zur andern Natur geworden, daß sie sich nimmer ohne diese bewegen konnte; auch mochte es ihr wohltun, sich bis zu ihrem Tode unverändert in der würdevollen Stellung zu erhalten, in der nicht ihr Stolz nur, nein auch ihr innerstes weibliches Gefühl allein wieder seine Befriedigung gefunden hatte. So ging sie nie zu Fuß in das Städtchen; aber sie fuhr täglich aus, gezogen von vier Schimmeln von so ehrwürdigem Alter, daß ihnen die gegenseitige Hilfe wohl zu gönnen war, und die, obgleich sie ihrer vier waren, so sachte trabten, daß der Läufer, der stets dem Wagen vorausging, sich nie außer Atem rennen durfte und ganz fett wurde bei seinem beweglichen Metier.

Selbst die Ergüsse ihrer liebsten Herzensneigungen waren in das Zwangsmieder fürstlicher Würde eingezwängt. So war sie eine große, herzliche Kinderfreundin; nicht aber, daß sie je in ein Haus gekommen wäre, wo sich ein munteres Völkchen tummelte, oder daß sie auf der Straße ein hübsches Kind abgeküßt hätte! Sie ging, wie gesagt, nie zu Fuß aus. Sie ließ die Kleinen zu sich bescheiden, und ein Fest war es für die Kinderwelt, wenn der galonierte Hoflakai in sämtlichen Honoratiorenhäusern die Runde machte, um die Söhne und Töchter ins Schloß einzuladen. Da wurde denn der beste Putz hervorgesucht, um die hoffnungsvolle Jugend nach Kräften hoffähig zu machen. Im Schlosse angekommen, schritten sie in regelrechtem Zug unter ehrfurchtsvollen Schauern durch den langen [173] Korridor und die Vorzimmer bis in das innere Gemach, das ihnen als Inbegriff aller Herrlichkeit erschien, wo die Frau Herzogin im grauseidenen Kleide saß. Sie trug seit ihres Gemahls Tod nie andre als schwarze oder graue Gewänder.

Sie war eine freundliche kleine Frau von anmutigem Benehmen; von den Reizen ihrer Jugend zeigten sich wenige Spuren mehr, nur die blonden Löckchen unter der Witwenhaube trugen noch die schöne Farbe der reichen Flechten, die einst zu den Hauptzierden der jugendlichen Schönheit gehört hatten. Den Kindern war die Hofetikette streng eingeschärft worden, zuerst nach dem Kleid der Dame zu greifen, um es zu küssen, was diese dann eilig durch einen Kuß auf den Mund des kleinen Höflings verhinderte. Nun besah sie sich die Kinder der Reihe nach und sprach mit jedem ein paar freundliche Worte, die jene auswendig wußten: »Ei, wie du gewachsen bist!« – »Ist deine Mutter gesund?« usw. Dann aber gab sie ihrer Kammerfrau einen Wink, auf den diese sich entfernte und ein Kästchen mit vielen Fächern der durchlauchtigen Dame überbrachte. Das war der große Augenblick, auf den sich die Kinder leise mit ahnungsvollem Nicken aufmerksam machten. Nun beschenkte die Fürstin sie der Reihe nach mit allerlei zierlichen Kleinigkeiten: vergoldeten Ringlein, Herzchen zum Anhängen, Ohrglöckchen und dergleichen, die mit verlegen gestammeltem Dank angenommen wurden. Die Hand der Geberin verlieh den an sich unbedeutenden Sachen den höchsten Wert in den Augen der Kinder, die sich sodann nach ehrfurchtsvoller Verbeugung wieder in Reih' und Glied entfernten und der lang' eingedämmten Jugendlust in dem schönen schattigen Schloßgarten freien Lauf ließen. Solche Einladungen erfolgten mehrmals im Jahre, unfehlbar aber um Ostern, wo die etwas reicheren Gaben im Schloßgarten versteckt und von den Kindern aufgesucht wurden.

Sämtliche Frauen des Städtchens wurden von Zeit zu Zeit zur Kaffeevisite geladen. Auch hier ging es ziemlich zeremoniös her. Die Frauen saßen im Kreis um das Sofa der Frau Herzogin und tranken Kaffee aus kleinen Meißner Tassen; [174] die Unterhaltung bestand meist aus durchlauchtigen Fragen und untertänigen Antworten, falls nicht hie und da die Herzogin etwas mehr in Fluß kam, wenn sie von ihrem seligen Herrn erzählte. Endlich erhob sich die Dame mit höflichen Worten zum Zeichen der Entlassung. So ein Galatag war aber eine große Begebenheit; die Großmutter hatte sich eigens dazu ein seidenes Band mit Gold gestickt gekauft und steckte den kolossalen Ring mit des Großvaters Bildnis an, der ihre halbe Hand bedeckte.

Die Männer wurden hin und wieder zur fürstlichen Mittagstafel gezogen. Solche Einladungen waren dem Großvater kein absonderliches Vergnügen. Obgleich er in angestammtem Respekt [175] vor hohen Standespersonen auferzogen war und es ihm nicht einfiel, der Fürstin absichtlich etwas von der schuldigen Ehrerbietung zu entziehen, so konnte er sich doch sein Lebtage in die steifen Hofsitten nicht finden. Seine Formlosigkeit gereichte manchmal dem Hofpersonal zu geheimem Entsetzen, der Durchlaucht aber zu herzlichem Ergötzen. Die Einladungen zum Diner kamen meist spät, und so traf sich's, daß der Großvater einmal vom eigenen Mittagstisch weg sich in den Staatsfrack werfen mußte, um an der Tafel zu erscheinen. Er aß wenig, da die französische Küche ohnehin nicht nach seinem Geschmack war. »Warum speisen Sie so wenig, Herr Klosterhofmeister?« fragte besorgt die Herzogin über die Tafel herüber. »Mag nichts mehr, Euer Durchlaucht, hab' schon daheim Leberknöpf' gegessen.« Ein andermal, als bei einer Morgenaufwartung wie gewöhnlich fremder Wein in kleinen Kelchen gereicht wurde, nahm er keinen an. »Herr Klosterhofmeister, warum trinken Sie nicht?« fragte die höfliche Herrin. »Euer Durchlaucht, die Dinger da sind so klein; ich fürchte, das Kelchle schlupfe mit' nunter!« Von nun an bekam er ein größeres Glas.

Zahlreich waren die adligen Familien, welche diesem Reste eines Hofes nachzogen, von den stattlichen Kavalieren, den ehrwürdigen Hofdamen uralten Geschlechts an bis hinab zu etlichen obskuren gnädigen Frauen, die an hungrigem Vornehmtun den herabgekommenen Raubadel in Spindlers »Juden« noch übertrafen; die von der Wohltätigkeit der Fürstin lebten und vor einem Feste bei Hof acht Tage lang zu flicken hatten. Durch diesen Adel, hohen und niederen, bekam die ganze Geselligkeit des Städtchens einen von andern Städten seiner Größe verschiedenen Anstrich; Teegesellschaften waren damals schon häufig, während man sonst im Land nur Tee trank, wenn man krank war. Die adligen Damen erließen Einladungen zu Soireen, deren Hauptunterhaltung im Spielen bestand, vom L'hombre bis hinab zu Mariage und Hopsen, also daß sogar die liebe Jugend sich mit den ausgedienten Karten und alten Spielmarken vergnügte. Diese Unsitte war nun freilich kein Gewinn für die bürgerlichen Tugenden der [176] Stadt Kirchheim, wurde aber doch mit Maß betrieben. Hatte etwa eine der Hausfrauen einen Gulden verspielt, so war das schon großes Malheur und wurde durch vermehrte Sparsamkeit eingebracht. Habe auch nicht vernommen, daß unter der Jugend dieses Gift nachhaltig gewirkt hätte und daß aus den Stadtkindern von Kirchheim irgend ein rasender Spieler hervorgegangen wäre.

Glänzende Feste, Bälle und dergleichen waren verbannt, wie sich's am Hof einer Witwe ziemt. Die einzige Abwechslung bestand in einer jährlichen Reise auf das Schloß zu S. zum Sommeraufenthalt, in den obenerwähnten Einladungen und abendlichen Spielpartien. So brachte der Hof in recht anständiger Langeweile sein Dasein hin; Winters jedoch erschien meist eine Schauspielergesellschaft, die durch Aufführung Kotzebuescher Lustspiele und Ifflandscher Rührstücke das Publikum von Kirchheim höchlich ergötzte. Einmal verstiegen sie sich bis zum »Donauweibchen«, wo ein ungeheures Stück zusammengeklebtes Zuckerhutpapier, das auf der Bühne hin und her gezogen wurde, das Meer vorstellte.

Die Herrin war äußerst sanften Charakters, freundlich und nachsichtig gegen ihre Umgebung und dankbar für jede »Attention«, die ihr in ihrer einsamen Lage zuteil wurde. Den Schauplatz ihrer glänzenden Vergangenheit hat sie nicht wieder besucht. So schloß sich ein reiches, vielgestaltiges Leben still, beinahe vergessen außerhalb des kleinen Kreises, in dem sich die gute Frau bewegte. Warum ihr nicht vergönnt war, sich an der Seite ihres seligen Herrn zur letzten Ruhe zu legen, weiß ich nicht; sie wurde mit fürstlichem Prunk in der alten Gruft zu Kirchheim beigesetzt, die für sie nach langen, langen Jahren zum erstenmal wieder eröffnet wurde. Das Schloß hat seine Bestimmung beibehalten, ein Sitz für vereinsamte Frauen hohen Standes zu sein, und auch die freundlichen Engel des Wohltuns und der Milde haben fortwährend ihre Heimat dort gefunden.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Wildermuth, Ottilie. Die alten Häuser von Kirchheim. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A7B4-A