Vom Dorf

1. Die Sonne bringt es an den Tag

In einem kleinen Dorf in Schwaben hat vor nicht gar langen Jahren ein Bauer gelebt, der zu den wohlhabenden des Ortes gehörte. Der Jakob war noch ein junger, sauberer Mann; sein Feld und seine Güter waren wohlbestellt und unverschuldet; sein Leben tadellos, und doch wußte man nicht, daß er auch nur einen recht guten Freund gehabt hätte. Keinen der Mannen sah man abends bei ihm sitzen auf der Bank vor dem Haus oder während der Ruhestündchen unter der Feldarbeit; überall ging er allein seiner Wege. Er war so etwas von dem, was man einen Duckmäuser (sag auf schwäbisch Dockelmauser) nennt; alle, auch die einfachsten Dinge liebte er heimlich zu tun und war nie dazu zu bringen, über irgend etwas seine Meinung offen und geradezu auszusprechen.

Jakob hatte ein braves Weib gehabt, die er als ein frisches, flinkes und fröhliches Mädchen geheiratet; aber sie hatte nur wenige frohe Stunden mit ihm verlebt und war zwei Jahre nach der Hochzeit fast so still und in sich gekehrt herumgeschlichen wie er selbst. Und doch war er kein Säufer und Spieler; Scheltworte, Flüche und grobe Behandlung hatte sie von ihm nicht zu fürchten. Aber so viel auch rauhe und unbedachte Reden in einer Ehe schlimm machen können, so viel kann ein offenes, freundliches Wort wieder vergüten, und ein solches fand bei ihm keine Statt, so wenig er selbst eines für andre hatte. Schweigend ging er morgens aufs Feld, und kein kräftiges Scherzwort, kein gemütlicher Seufzer kürzte die mühsame Arbeit, wenn sie zusammen schafften; schweigend kam er heim und erwiderte kaum ihren freundlichen Gruß, wenn sie das Haus beschickt hatte, während er draußen war. Er sprach nun freilich auch von keinem Ärger und Verdruß, der [324] ihm widerfahren war; aber er schluckte ihn nur umso tiefer in sich hinein, und die gutherzige Marie erschrak oft bis ins innerste Herz, wenn ein zufällig hingeworfenes Wort ihr verriet, wie fest ein alter Groll sich in seine Seele eingefressen hatte, wie wenig er selbst seinen Nächsten und Liebsten auch die leichteste Kränkung vergessen konnte.

So war die Marie nun glückselig, als sie ein Kindlein wiegen durfte, und es konnte ihr gar nicht genug werden, wie das kleine Ding einmal zu plappern anfing. »Mußt net so still sei', gang, Bärbele, schwätz!« bat sie, wenn das Mäulchen ein wenig stillstand; aber sie sagte das nicht wieder in Gegenwart des Vaters, der sie, als er's einmal gehört, mit einem so bösen, finsteren Blick angesehen hatte, daß sie auf lange verstummt war.

Drei Jahre nach des Bärbeles Geburt war Marie von einem Schleimfieber befallen worden, das sie mit solcher Heftigkeit faßte, daß sie in hellen Augenblicken selbst fühlte, wie es zu [325] Ende mit ihr gehe und sie ihr liebes Kind bald verlassen müsse. Stumm wie immer saß Jakob in der Stube bei der meist bewußtlosen Kranken, als diese ihn mit schwacher Stimme freundlich an ihr Bett rief: »Jakob, 's ist Gottes Wille, daß ich schon von euch fort muß; ich wär' gern noch geblieben wegen dem Kind und auch wegen dir; – jetzt sorg du mir recht für das Bärbele! Und gelt, du gönnst ihm auch manchmal ein freundliches Wort, das tut den Kindern so wohl, gelt, versprich mir's!« Da kam der alte finstere Zug wieder über Jakobs Gesicht: »Ja so, das ist dir die Hauptsach', und deswegen wirst gern fortgehen von mir; hast ja auch deswegen 's Mädle immer schwätzen heißen, weil ich's nicht so kann.«

»O Jakob,« bat das bekümmerte Weib, »ich bitt' dich um Gottes willen, laß die Gedanken nicht so an dir nagen und lerne auch vergessen in der Liebe! Sieh, an so nachträgliche Gedanken hängt sich der Teufel, und es kann auf einmal wahr werden, was man zuerst nur so ganz im heimlichen gedacht. Gelt, Jakob, du trägst mir nichts nach?« Und mit so herzinniger Bitte streckte sie ihm die Hand dar, daß auch die Rinde um sein Herz schmolz und er ihr mit lautem Weinen die seine gab. Er mochte wohl fühlen, daß sein guter Engel von ihm ging.

An gebrochenem Herzen war die gute Marie nicht gestorben, es ist das keine Dorfkrankheit; aber was ihr Mann ihr genommen an Lebensmut und Lebensfreude, wie sein kaltes, liebloses Wesen wie ein Alp auf ihrem warmen Herzen gelegen und ihr alle Lebenskraft und -lust zerdrückt hatte, noch ehe die Krankheit das Leben selbst erfaßt, das wußte nur sie, und sie hat es niemand gesagt, nicht einmal sich selbst.


Das Bärbele hatte nicht des Vaters schweigsames Wesen und nicht die gar weichherzige Natur der Mutter; sie war wie ein lustiges Vöglein, und wenn's ihr daheim zu langweilig wurde und der Vater ihr Schweigen gebot, so ging sie zur Dote oder zu Gespielen auf die Gasse; es fiel ihr gar nie ein, daß der Vater nicht sei wie andre Leute.

Obgleich Jakob nicht sonderlich beliebt war, so fehlte es doch [326] nicht an Heiratsvorschlägen; auf dem Dorfe werden derartige Verhältnisse sehr einfach behandelt, und man tut nicht einmal anstandshalber, als ob man an die Untröstlichkeit des Witwerleides glaube. Jakob wollte jedoch nichts mehr vom Heiraten wissen: »Brauche kein so schwätziges Weibervolk.« Aber im Haushalt ging es nicht recht vorwärts; des Bärbeles Kleider zerrissen, das Kind lief ungekämmt und ungewaschen herum; die Kühe wurden verwahrlost, und die Magd verkaufte heimlich Milch und Eier.

So war es ihm denn nicht ungelegen, als Balthas, ein ziemlich angesehener Bauer im Ort, ihm Kathrine, eine seiner fünf Töchter, zur Haushälterin antrug.

Mit der Kathrine zog ein ganz neues Leben in die Haushaltung ein; sie war eine kräftige, rührige Person, ein gar sauberes, stattliches Mädchen, die ihr Lebtag gewollt hatte, daß alles nach ihrem Kopfe gehe, und der es daher bei den vielen Köpfen daheim nicht recht wohl gewesen war. Sie war von Anfang an entschlossen, Herrin von Haus und Hof hier zu werden, und schaltete und waltete ganz unbefangen wie mit ihrem Eigentum. Jakobs Schweigsamkeit schreckte sie eben nicht ab; was ihm an Mundstück abging, das hatte sie im Überfluß, und von daheim an eine rauhe Behandlung gewöhnt, erschien ihr das Schweigen der geringste Fehler eines Ehemanns. Ob Jakob und sie einander von Herzen lieb haben können, ob eine Verbindung auf Gottes Segen hoffen dürfe, bei der sie an Haus und Kühe eher dachte als an den Mann, dem sie Liebe und Treue bis in den Tod geloben sollte, – daran schien sie wenig zu denken; sonst wäre sie nicht so rückhaltlos ein Verhältnis eingegangen, dessen Ende sie noch nicht absehen konnte. Im ganzen Dorf sah man diese Verbindung als höchst natürlich an und wunderte sich, daß es mit der Hochzeit nicht rascher vorwärts ging. Anfangs dünkte es den Jakob vielleicht auch bequem, zu so einem sauberen und anstelligen Weibe zu kommen, um die er kaum den Mund aufzutun brauchte; mit der Zeit aber mißfiel ihm doch ihr keckes Wesen, ihr eigenmächtiges Handeln auch in seinen Angelegenheiten. »Wenn d' was willst, [327] so schwätz,« war ihre einfache Erwiderung, wenn er sich einmal beschwerte, daß sie getan, was sie gewollt, ohne ihn zu fragen. Das Schwätzen war nun eben nicht seine Sache, aber seine Marie hatte ihm den Willen an den Augen abgesehen.

Als nun Kathrine ihm immer unverblümter ihre Herzensmeinung zu verstehen gab und Balthas geradezu mit dem Antrag herausrückte, da fiel dem Jakob ein, wenn geheiratet sein müsse, so brauche es nicht gerade die Kathrine zu sein. Geld und Gut war ihm nicht gleichgültig; so begann er denn seine Augen auf die Töchter reicher Hofbauern umher zu werfen und machte deshalb in aller Stille hie und da einen Gang. Kathrine hatte zu helle Augen, als daß sie nicht gemerkt hätte, was es zu bedeuten habe, wenn Jakob in seinem langen blauen Rock, in der Scharlachweste mit Silberknöpfen und mit dem neuen Dreispitz auszog, und jetzt wurde sie erst recht erpicht auf ihren Plan; so wollte sie nicht mit Spott aus dem Haus und einer andern Platz machen, das stand ihr fest, und vielleicht verbarg die Arme unter der kecken, heiteren Außenseite ihres Wesens noch einen traurigen Grund, der es notwendig machte, daß sie und keine andre Jakobs Frau werde. Vor allem hielt sie für nötig, Jakobs auswärtige Pläne zu vereiteln; sie machte jetzt auch ihre geheimen Gänge, auf denen sie sich bemühte, bei den gesuchten Jungfrauen den Freier herabzusetzen; es kam ihr nicht darauf an, alle Fehler, die Jakob hatte und nicht hatte, bekannt zu machen, wenn ihr auch oft die spöttische Rede entgegenklang: »Was man veracht't, das hätt' man gern.« Daheim suchte sie dann einmal durch Freundlichkeit und Aufzählen ihrer Vorzüge, das andre Mal durch Trotz und aufbegehrerisches Wesen den spröden Witwer zu gewinnen. Das war nun aber eben der Weg, sich ihm recht gründlich zu entleiden.

In Jakobs Art lag es nicht, ihr seine Meinung offen zu sagen und ihr aufzukünden; auch konnte er wohl nicht mehr, wie er wollte, sich von ihr losmachen; er sagte ihr kein hartes Wort, nur vermied er jede Gelegenheit, mit ihr allein zu sein, und muckelte all seinen Widerwillen in sich hinein. Aber fort und fort brütete er über den Gedanken: wenn sie doch gar nicht [328] gekommen wäre – wenn sie doch lieber ginge – wenn sie gar nicht mehr kommen könnte! – Das war einer jener Gedanken, aus denen der Böse unversehens Ernst macht. – Ob sein treues Weib ihm in keinem Traum, in keiner leisen Mahnung vorgekommen ist und ihn gewarnt hat? – Ich weiß es nicht.

An einem Samstagabend war Kathrine beim Vater daheim; da mußte sie viel Neckerei von den Schwestern hören, warum es denn so lange mit ihrer Hochzeit anstehe, und ob es wahr sei, daß der Jakob auf dem Eichelhof zur Hochzeit geladen? Das Blut stieg der Kathrine ins Gesicht: »Je nun, mit der Hochzeit kann's noch schneller gehen, als ihr meint, und wenn ich mir Müh' gegeben hätt' wie andre und mich herausgeputzt wie andre, wer weiß, ob's nicht schon wär'! Aber man kann auch daheim kein ruhiges Wort reden; seit der Jakob Witwer ist, hat alle Welt etwas an ihn zu bestellen; bald sitzt der kleine Kramp da und paßt auf, oder kommt seine Schwester 'rüber, oder ist er bei seinem Bruder.« – »Nu,« meinte die anwesende Gespielin scherzend, »du hast dir ja bei der Nähterin in Wendingen so ein schönes neues Kleid anmessen lassen; wer weiß, was da geschieht!« – Kathrine mußte fort, am Samstagabend hat man nicht viel Zeit zu verplaudern, und sie ließ sich nicht gern ob einer Versäumnis ertappen; zudem hatte sie auf morgen ihre eigenen Pläne.

Auf dem Dorf, wo der Werktag noch in voller Kraft besteht, wo der Schweiß des Angesichts, in dem wir das Brot essen, keine figürliche Redensart ist, trägt auch der Sonntag noch viel mehr sein heiliges Gepräge als in der Stadt, wo das Jagen nach Gewinn nur vom Jagen nach Vergnügen abgelöst wird. So feierlich und friedlich hält er seinen Einzug in die stillen Gassen, die nur widerhallen von dem gemessenen Schritt der geschmückten Kirchgänger, von dem Geplauder und Lachen der frisch gewaschenen und gestrählten Kindlein. Und bis zum Abend ruht dieser Sonntagshauch über dem Dorfe; das junge Volk lagert draußen unter den Bäumen und an den Rainen; die alten Männer und Weiber sitzen friedsam plaudernd oder in behaglichem Schweigen auf den Bänken und Balken vor der [329] Haustür, so recht die Ruhe des Sonntags auskostend bis zum Ende, und eine Ahnung zieht in manches Herz von jener Ruhe, die noch vorhanden ist, und leichter tragen sie des Tages Last und Hitze, nachdem sie einen Vorschmack dieser Ruhe gekostet.

Alle Gänge über Feld, in Geschäften und zum Vergnügen macht man auf dem Dorf nicht gern während der Kirchzeit; darum wollte es auch den Nachbarweibern nicht gefallen, daß die Kathrine am Morgen noch vor dem Kirchläuten mit dem Armkörbchen das Dorf hinunterging; sie meinten, es wäre auch nachmittags noch Zeit gewesen, zur Nähterin zu gehen. Aber [330] ein stattliches Mädchen war sie, wie sie so dahinschritt in ihrem Sonntagsputz, schlank und kräftig, blühend und frisch; als sie um die Ecke bog, wandte sie noch ein mal den Kopf zurück nach Jakobs Fenstern, als wollte sie im Übermut fragen: »Nun, was soll's denn für eine sein, wenn ich nicht gut genug bin?« So sah man sie im hellen Sonnenschein den grünen Waldweg einschlagen, der nach Wendingen hinüberführt; ob sie den Glockenklang noch gehört hat, der ihr wie ein freundlicher Mutterruf nachtönte – das konnte sie nimmer sagen:

Es hat sie niemand zurückkommen sehen.

– – – – – – – – – – – –


Es war gerade im September, einer besonders geschäftsvollen Zeit für Bauern, und so hat niemand darauf acht gegeben, daß die Kathrine in den nächsten Tagen nicht zu sehen war; als es aber Mittwoch wurde, fragten doch die Nachbarn den Jakob, wo denn seine Haushälterin hingegangen sei. »Weiß nicht,« war seine Antwort; doch machte er sich auf und ging hinauf zum Balthas, um ihm zu sagen, daß Kathrine am Sonntagmorgen zur Nähterin nach Wendingen gegangen sei und seitdem noch nicht zurückgekommen; wenn sie fortbleibe, so müsse er eine andre Haushälterin annehmen. Die Familie des Balthas nahm es nicht so kaltblütig auf. Eine Schwester ging sogleich hinüber zu der Nähterin; die hatte auf Kathrine gewartet, aber nichts von ihr gesehen; – man hielt überall Nachfrage, aber seit sie in den Wald hineingegangen, hatte sie niemand mehr erblickt. Man durchsuchte den Wald, obwohl kaum zu denken war, daß ihr auf dem wohlbekannten Weg am hellen Tag etwas zugestoßen sei: – es war nirgends eine Spur von ihr zu finden, kein Zeichen von irgend einer Gewalttat.

Jakob, der wußte von gar nichts. – Er war, wie man auch von dem Bärbele hörte, noch während der Kirche nach R. gegangen, wo er dem Wirt eine Zahlung zu machen hatte; daß er das zu dieser Zeit getan, fiel an Jakob nicht auf, der in der Kirche ein so seltener Gast war wie im Wirtshaus. Wäre er nicht allzeit ein kalter Michel gewesen, so hätte seine [331] Gleichgültigkeit unnatürlich geschienen; so aber meinten die meisten, er würde nicht mehr machen, und wenn's sein eigen Weib wäre. Der Vater zeigte das Verschwinden seiner Tochter vor Oberamt an; der Herr Oberamtmann aber meinte, sie werde vielleicht ihre Gründe gehabt haben, sich freiwillig von daheim zu entfernen, und ein Teil der Dorfbewohner, die Kathrine als ein unbedachtes und doch stolzes Mädchen kannten, war auch dieser Ansicht; man erließ amtliche Ausschreiben nach dem Mädchen, aber ohne Erfolg: sie war und blieb verschwunden. Einen Verdacht gegen Jakob, der eine Magd ins Haus nahm und unbekümmert nach wie vor seiner Wege ging, wagte niemand auszusprechen, was auch im stillen gemunkelt wurde.

Der Winter kam, der Wald wurde eingeschneit, die Nachforschungen eingestellt; nur in den Spinnstuben war das rätselhafte Verschwinden der Kathrine ein unerschöpfliches Thema. Jakob schien die Heiratsbemühungen aufgegeben zu haben; im Wirtshaus aber, wo man ihn sonst so selten gesehen, war er jetzt ein häufiger Gast; das Bärbele, das sich immer mehr bei der Dote aufhielt, erzählte einer Kamerädin: »Du, das ist g'späßig, sonst hat der Vater gar nex g'schwätzt, und jetzt schwätzt er mit ihm selber.« Mit dem Balthas kam er nicht mehr zusammen.

In den letzten Tagen des Februar hörte man Feuerlärm, es brannte auf Jakobs oberem Boden. Man eilte herbei, um zu retten; alles schrie zuerst nach Jakob, man fürchtete, er sei erstickt. Während ein Teil oben mit Löschen beschäftigt war, fanden ihn die andern in seiner Stube am Tisch sitzend, still und unbeweglich. »Jakob, auf, 's brennt! 's brennt bei dir!« – »So?« fragte er endlich. »Ja, ich glaub', der Rauch hat mi duselig g'macht.« In der Stube stand aber ein Krug Branntwein, der's mehr als der Rauch getan haben mochte. Das Bärbele hatte den Tag bei ihrer Dote zugebracht.

Das Feuer wurde gelöscht, der Schaden war unbedeutend; wie es entstanden, ob es mit den dunkeln Gerüchten, die umliefen, zusammenhing, konnte niemand bestimmen; man hatte [332] Fetzen von Frauenkleidern unter der Asche gefunden, dies waren, wie Jakob sagte, seines Weibs selig Röcke, die auf der Bühne gehangen. Kurz, das Feuer sagte und bewies nichts; aber es brachte den Jakob so recht wieder in der Leute Mund. Man sprach freier als zuvor davon, daß er doch wissen müsse, wie's mit der Kathrine zugegangen sei; man ermutigte den Balthas, doch endlich seine Verdachtsgründe gegen Jakob vor Gericht anzugeben. Diese Gründe waren nicht genügend, um einen bis dahin ganz unbescholtenen Bürger festzusetzen, doch wurde er vor Amt beschieden. Er folgte der Ladung, gelassen wie immer, und stellte sich ruhig unter die andern wartenden Partien; aber als er gerufen wurde, siehe, da war er verschwunden! – Man schickte Boten, Gendarmen, Steckbriefe nach ihm aus; nach zwei Tagen kam er selbst aus seiner Scheune hervor, wo er sich versteckt gehalten, und stellte sich unbefangen: »Er sei nur etwas erschrocken gewesen, weil er noch nie vor Gericht gestanden.« Alle Fragen über die Kathrine beantwortete er klar und unerschrocken: Die habe immer getan, was sie selber gewollt, und ihn nach nicht viel gefragt; sie habe gesagt, sie gehe zur Nähterin und sei nicht wiedergekommen, mehr wisse er nicht. Über seinen Aufenthalt am Sonntag wußte er genaueste Auskunft zu geben; namentlich erinnerte sich die Kellnerin des Wirtshauses in R. des Gastes am Sonntagmorgen. So wurde er denn der Haft entlassen und ging gleichgültig, wie er gekommen war, nach Hause.

Schon war er wieder wochenlang daheim, da kam des Schulzen Tochter vom Ort zur Stadt, um sich ein Granatennuster zu kaufen. Der Goldarbeiter zeigte ihr ein schönes: »Das muß Sie nehmen, Jungfer, das hat vor ein paar Tagen ein röscher Witwer an mich verkauft, da wird Sie bald Braut darin.« Das Mädchen besah es genau, es schien noch wie neu; da entdeckte sie hinten an dem schwarzen Bäustle (Wulst), welches das Halsband schließt, die eingenähten Namenszüge der Kathrine. Tief erschrocken und nicht imstande, weiter zu reden oder zu markten, eilte sie heim, um dem Vater ihre Entdeckung mitzuteilen. Der schickte sogleich die Tochter mit ihrer [333] Angabe vor Gericht, während er ging, sich des Halsschmuckes zu versichern.

Jetzt erst war Grund zu ernstlicher Nachforschung, und Jakob wurde nun ohne Zögern und Rücksicht festgenommen; auch schien ihn seine kühle Fassung etwas zu verlassen, als ihn der Goldarbeiter für den Verkäufer der Granaten erkannte, und er erblaßte sichtbar, als ihm die Namenszüge der Kathrine vorgewiesen wurden. Doch beharrte er auf seinem ruhigen Leugnen: er habe kein Nuster verkauft als das seines Weibs selig; von dem Namen wisse er nichts; könne sein, daß es die Kathrine selbst noch verwechselt!

Wir haben keine Folter mehr, um Geständnisse zu erpressen, und sein Richter war zu menschlich, um die indirekten Torturgrade anzuwenden, die außerhalb des Buchstabens der Gesetze stehen. Aber schwer und schwerer schien ein Druck auf Jakobs Seele zu lasten, nun ihm kein Wirtshaus, keine Zerstreuung durch Arbeit zu Gebot stand; immer scheuer wurde sein Blick, immer blässer seine Farbe, und man konnte keinen Augenblick zweifelhaft sein, ob Schuldgefühl oder Kerkerluft ihn so niederdrücke. Seine Antworten vor Gericht wurden immer kürzer, und mehr und mehr in die Enge getrieben durch die Fragen des Richters, verstummte er zuletzt gänzlich, so daß dieser genötigt war, ihn für den Augenblick ins Gefängnis zurückführen zu lassen.

Da brach ein Sonntagmorgen an, so hell und schön wie jener, an dem Kathrine ihren verhängnisvollen Waldgang angetreten. Kein menschlicher Zuspruch drang ein in Jakobs Gefängnis; die Bemühungen des Geistlichen waren längst abgeglitten an seiner stumpfen Kälte; aber der klare Sonnenschein, der feierliche Glockenklang muß den Weg durchs Gitter gefunden haben. Er ließ den Richter bitten, seine Geschwister zu ihm holen zu lassen: es dünke ihn, er möchte mit ihnen reden. Es war das erste Mal seit langer Zeit, daß er sie nur sehen wollte, und in tiefer Anfechtung und Bekümmernis kamen die redlichen Leute.

Endlich schüttete er vor diesen seine Seele aus, die dunkle, [334] schwere Last, die so lange auf seinem Herzen gelegen. Ja, er hatte die Kathrine umgebracht; der Gedanke: wenn sie doch gar nimmer käme, hatte sich festgefressen in seiner Seele, und die grausige Tat war, ihm selbst unbewußt, nur als der Schluß dieses Gedankens daraus hervorgewachsen.

»Wie die Kathrine so vom Haus wegging, hat sie noch einmal 'raufgeschaut,« erzählte er, »da bin ich ihr nachgegangen; ich dacht', ich wollte einmal recht ernstlich mit ihr reden, weil ich gehört hab', daß sie mich so verlästert hat. Ich hab' sie erst eingeholt, wie sie schon tief im Wald drin war, und da sind wir bald in Streit miteinander gekommen; zuletzt hat sie mich einen schlechten Mann geheißen, und wie sie noch einmal gesagt hat, ich sei der allerschlechteste Mann, da hab' ich sie am Hals gepackt und gewürgt; jetzt meinte ich, sie sei tot, und bin arg erschrocken. Auf einmal aber hat sie mich noch angesehen; jetzt ist mir's erst angst worden, sie werde wieder aufkommen und mich verklagen, und ich hab' sie noch einmal gewürgt, dann ist sie tot gewesen. Jetzt hab' ich sie hinein in den Busch getragen und mit Laub zugedeckt, und weil mir's angst geworden, bin ich gesprungen, was ich nur konnte, hinüber nach R., wo ich ein Geschäft mit dem Wirt gehabt habe. Trinken habe ich aber nicht können, es hat mich ganz geschüttelt, und ich hab' den Wein heimlich ausgeschüttet, auch bin ich nimmer durch den Wald zurückgegangen. Am andern Tag aber hat mir's keine Ruh' gelassen, und von meinem Weinberg weg bin ich wieder in den Wald gegangen, da ist sie noch am alten Platz gelegen. Dann hab' ich eine Grube 'graben, aber nicht tief, und hab' sie 'neingelegt; aber ich hab' sie nur am Arm hingezogen, ansehen hab' ich sie nimmer können. Das Körble, das sie getragen hat, hab' ich unterwegs zerrissen und im Wald verstreut; das Nuster hatt' ich daheim versteckt, ich hab's nur verkauft, weil mir's so angst gewesen, solang's im Haus war, nicht wegen dem Geld. Geschlafen habe ich aber seither nimmer, wenn ich nicht vorher getrunken hatte.«

So lautete sein Geständnis, das er vor Gericht wiederholte und bei dem er beharrte. Daß er schon die Absicht gehabt, die [335] Kathrine umzubringen, als er ihr nachging in den Wald, das hat er nie zugegeben.

Eis und Schnee waren geschmolzen, und der Wald fing an, junge Sprossen zu treiben, als man hinauszog, um die Leiche der Gemordeten zu suchen. Der Jakob mußte mitgehen zwischen zwei Gendarmen, die zu tun hatten, ihn vor den Mißhandlungen des Volkes zu schützen, das in Massen sich dem feierlichen Zug der Gerichtspersonen nachdrängte; er war seines Weges sicher und zeigte endlich mit abgewandtem Gesicht tief im Gebüsch die feuchte Grube, wo er sie verscharrt. Aber der Leichnam war nicht mehr zu finden; das Wild hatte ihn, der an der feuchten Stelle früher verwesen mußte, fortgeschleppt – und einzelne Gebeine und Stücke von Kleidern waren alles, was von dem schönen, kecken Mädchen übriggeblieben. Wohl machte sich das ganze Dorf auf, um die fehlenden Teile der Leiche zu suchen; es begann eine wahre Wallfahrt zum Amt mit Knochen von längst verwesten und verschollenen Menschen und Tieren; aber die Leiche der Kathrine fand sich nimmer, obgleich unsre Wälder weder Wölfe noch Hyänen haben. So fehlte denn der objektive Tatbestand, wie es die Rechtsgelehrten heißen, und Jakob konnte nach den damaligen Gesetzen nicht zum Tod verurteilt werden.

Es war wieder ein Sonntagmorgen, als man die zerstückelten Gebeine der armen Kathrine endlich zur Ruhe trug, ein heller Sonntagmorgen und ein Glockenläuten wie damals, als sie frisch und gesund ohne Ahnung ihres schaurigen Geschicks in den Wald hinein schritt. Ein langer Zug der Gespielinnen geleitete sie in tiefer Trauer; vielleicht hat ihnen auch der Glockenklang eine Mahnung ins Herz gerufen an die heilige Zucht und Sitte, die einer Jungfrau gebietet, in stillem Sinne zu warten, bis ihr Geschick sich erfülle, und nicht in eigenmächtigem Trotz es selbst lenken zu wollen.

Wenige Wochen darauf wurde Jakob an den Ort seiner Strafe abgeführt. Es schien seit dem Augenblick, wo er seine Schuld bekannt, eine schwere Last von seiner Seele genommen; [336] sein Blick war offener, sein Gang leichter, und er nahm demütig und ergeben sein Urteil auf.

Ob er aber seine ganze Schuld bekannt, ob die Reue, die nie gereut, in ihm erwacht ist, wie er nach der langen Strafzeit zurückgekehrt ist zu seinem verwaisten Kinde, das zur Jungfrau heranwuchs, während der Vater sein Verbrechen büßte, – das alles kennt der allwissende Gott allein, der uns alle gnädig behüten wolle vor dem Feind, der in jedem Busen schläft.

2. Schäfers Margaret

Auf dem freien grünen Rasenplatze vor dem Dorf steht ein langes, niedriges Gebäude, das untereinem Dache den Schäfer mit seiner Familie und seinen Schafen beherbergt. Man nennt es das Schafhaus, und recht freundlich schaut es von seiner Höhe in das weite Land hinein.

Es war Ostermontag und ein heller schöner Morgen: die hohe Linde vor dem Haus war voll Knospen, und die Kirschbäume standen schon in voller Blüte. Drinnen im Schafhause schien heute etwas Besonderes vor sich gehen zu wollen: durch die offenen Fenster sah man einen gedeckten Tisch, und Margaret, des Schäfers Töchterlein, um diese Zeit sonst noch ganz im Geschäftsanzuge, ging schon in vollem Sonntagsputze hin und her; ja, wenn man näher hinsah, entdeckte man gar um das weiße Bandhäubchen ein zierliches Kränzlein von Röschen und Myrten, das klar anzeigte, daß heute der Margaret ihr Ehrentag angebrochen.

Zwei Hauptpersonen fehlten noch. Margaret sah immer zum Fenster hinaus, als wollte sie ihren Michel herbeigucken, denn so hieß der Bräutigam. Erst seit einem halben Jahre diente er als Knecht beim Schäfer und hatte geschwinder als der Erzvater Jakob in die ser kurzen Zeit die hübsche Tochter erobert. Weil seine Verwandten zu fern wohnten, war er über Feld gegangen, um sich wenigstens einen befreundeten Schäferknecht in der Nähe zum Feste zu holen. Außer auf diese [337] Hauptperson wartete alles auf die Base Sabine, die Dote der Braut, und zwar Margaret mit einiger Bangigkeit. Nicht wie wenn die Base bösartig gewesen wäre, im Gegenteil, sie war herzgut; hatte sie doch, wie man wohl erfahren, der Margaret im Testament bereits ein schönes Bett zugut geschrieben; aber im Geruche einer »Tepistin« stand sie und ließ es sich hie und da beikommen, dem jungen Volke ein wenig ins Gewissen zu reden. Der Michel hatte sie auch noch gar nicht besucht, die Schwiegermutter hatte sie zur Hochzeit laden müssen; daher kam es, daß der Braut das Herz etwas klopfte, als sie die Base in ihrer ehrbaren schwarzen Tracht herankommen sah.

Von einem empfindlichen Wesen merkte man aber nichts bei Sabine, sie grüßte eines wie das andre auf das herzlichste. Kaffee wollte sie diesmal nicht annehmen und sagte zur Braut, die ihr eine Tasse anbot: »Komm du lieber ein bißle mit mir in euer Krautgärtle hinter!« Da war nichts zu machen. Margaret führte die Base hinaus und fing an, mit vielen Worten die Abwesenheit des Bräutigams zu entschuldigen. »Das ist jetzt alles schon recht,« meinte Sabine und setzte sich auf eine kleine Bank; »aber sag mir, Margaret, hast du's auch recht mit dem lieben Gott überlegt, ob du mit dem Michel eine glückliche Ehe wirst führen können?« – »Dote,« antwortete die Braut, »gottlos ist mein Michel nicht; im Trunk hat er sich nur dann und wann übersehen, wenn man ihm das Essen nicht zu rechter Zeit brachte, und da kann ein vernünftiges Weib viel machen!« – »Ist aber auf diese Art ein gewagtes Stücklein,« sagte Sabine und schüttelte den Kopf. »Habt ihr auch schon, nur das noch, habt ihr auch schon miteinander gebetet, nur ein einziges Mal?« – »Ja, Dote, weißt ...« stotterte Margaret, an ihrer schwarzen Schürze zupfend, und war höchlich erfreut, als der rasche Schritt des herannahenden Bräutigams sie der Antwort überhob. »Guten Morgen, Gret, jetzt wird's ernst!« rief er, mit einem kräftigen Handschlag auf die Schulter der Braut, »da hinten steht mein G'spiel, und das wird schätzwohl die Base sein?« Er bot ihr die Hand und fuhr fort: »Die hat, denk' wohl, schon ein Stück im voraus [338] 'predigt, so kann's der Pfarrer umso kürzer machen. Jetzt voran, duzwitt! Willst du die Bas führen, Jakob? Ihr gebt ein nettes Pärle; sie betet und singt für zwei, so ist's eben recht für dich!« Margaret saß hierbei wie auf Nadeln; aber was tun gegen diese rasche Zunge? Glücklicherweise rief eben die ältere Schwester, man solle sich schnell zum Kirchzug richten. Sabine ging still mit der Mutter der Braut dahin und antwortete nichts, als der Vater vor der Kirche ihr ins Ohr flüsterte: »Gelt, Base, das ist ein Staatspaar!« Und in der Tat, als die beiden jungen Leute, fast gleich groß und schlank und kräftig, vor den Altar traten, dachten noch viele wie der Vater.

Gab das heute einen lustigen Mittag im Schafhaus! Michel zeigte bald, daß er zwar den Wein gut führen, aber zuletzt doch auch spüren könne. Margaret blickte voll Seelenangst nur immer nach der Base hin. Diese merkte bald, daß sie entbehrlich sei, und stand sachte auf, indem sie der Margaret beiseite winkte. Der war es schon wieder vor einer Predigt bange; es hatte aber keine Gefahr, die Base drückte ihr nur ein petschiertes Papierlein in die Hand. »So, da kauft euch selbst, was ihr braucht, und da,« indem sie aus ihrem Armkorb eine schöne neue Bibel nahm, »das nimm noch dazu und acht's nicht gering, es wird dir noch einmal wohl tun.« Wiederum etwas verlegen schlug Margaret das Buch auf, und ihr Auge traf die Stelle: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege. »Das paßt nicht wohl für eine Hochzeiterin,« meinte Margaret; »aber seid ruhig, Base, ich will das Beten nicht verlernen, und Ihr werdet sehen, daß der Michel besser ist, als man es ihm ansieht; er kann's nur nicht so von ihm geben, wie er's meint.« – »Behüt' dich Gott!« sagte die Base und gab ihr die Hand. Mit leichterem Herzen eilte Margaret in den lustigen Kreis zurück; doch unter all der Fröhlichkeit kamen ihr wieder und wieder die Worte in den Sinn: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege!


Neun Jahre waren seit jenem Ostermontag verstrichen. Jetzt war es um Pfingsten, die lieblichste Zeit des Jahres: [339] die Linde vor dem Schafhaus duftete in vollster Blüte, die frühen Röslein guckten lächelnd über den Zaun des Krautgärtleins, alles sah wie lauter Lust und Wonne aus. Unter dem Lindenbaum aber sitzt ein Weib, die Hände auf den Schoß gestützt, den Kopf tief darein begraben, abseits schaut ein Häuflein Kinder ängstlich nach ihr; wie sie nun mit einem lauten, herzzerreißenden Schrei auffährt und mit einem Blicke unsäglichen Jammers nach ihren Kleinen hinüberschaut, da hätte kein Mensch mehr die nette Hochzeiterin erkannt, die vor neun Jahren dagesessen.

Erst neun Jahre – und diese magere, vom Elend gebeugte Gestalt, diese eingefallenen, hohlen Augen, dies jammerdurchfurchte Gesicht – das war des Schäfers Margaret, und erst neun Jahre!

Wie kam's, wie kam's, warum also? Eben eilt der Bote wieder fort, der die Hiobspost gebracht und selbst recht ergriffen davon aussieht. Durch einen Schafknecht hat's der Michel verbieten 1 lassen, daß er fort sei ins Ausland, auf und davon samt den paar übrigen Schafen, die ja doch seiner Grete mit den Kindern nimmer aus der Armut helfen könnten. Er hab's in diesem Elend nicht mehr ausgehalten; wenn es ihm gut gehe, wolle er etwas schicken, derweil solle die Gemeinde helfen. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht in der Umgegend verbreitet. Die Ahne, seither Witwe geworden und ins Dorf gezogen, kam gleich heraus und traf Margaret noch unter der Linde, fast besinnungslos in der Mitte ihrer Kinder dasitzend. Als nun die Ahne in Verwünschungen und Flüche über den schlechten Michel losbrach, da erhob Margaret den Kopf und sagte matt: »Laßt's jetzt gut sein, Mutter! Es ist ihr Vater, und ich liege, wie ich mir gebettet habe. ›Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,‹ murmelte sie vor sich hin; ›ja, ja, so ist's.‹« – Ach, das war eine kurze Herrlichkeit gewesen! Ein paar vergnügte Monate hatten sie noch gehabt, wenn der Michel nicht zu weit fahren durfte mit seiner Herde und das [340] junge Weib ihm das Essen hinaustrug und sie zusammen an einem grünen Raine saßen und einträchtig aus der Schüssel aßen. Aber als der Schäfer unerwartet schnell gestorben war und Michel die Schäferei bekommen hatte, da ging Zucht und Ordnung bei dem eigenen Herrn, der nie nach einem höhern viel gefragt hatte, bald vollends aus den Fugen.

Was braucht es vieler Worte zu einer Geschichte, die euch leider tausend ruinierte Haushaltungen, tausend abgehärmte Weiber und frühverwaiste Kinder erzählen können? Die alten Saufgenossen zogen den Michel wieder ein; der kleine Verdienst flog davon, wenn Würfel und Gläser, des Michels Sonntagsglocken, tönten. – Jetzt probier's, arme Grete, was ein gescheites Weib vermag, wenn der Mann betrunken heimkommt und des Weibes Bitten mit Scheltworten, ihre Gebete mit Fluchen, ihren Zank mit Schlägen erwidert! Und daneben alle Jahre noch ein paar Augen weiter, um in solches Elend zu schauen! Ein Wunder, daß ihre Kinder so gesund und rotbackig dreinschauten; ihre eigene Kraft und Gesundheit war längst in Kummer und Mißhandlung geschwunden. Wohl hatte sie schon oft die Bibel der Base zu Handen genommen, aber es war ihr ein Buch mit sieben Siegeln verschlossen; seinen Trost wagte sie nicht auf sich anzuwenden, vor seinem Fluche fürchtete sie sich.

Schon lange hatte sie gemerkt, daß der Michel mit besonderen Gedanken umging; mochte er so betrunken heimkommen, wie er wollte: wenn die vier Buben um Brot schrien – das Wimmern des kleinsten verstand er noch nicht –, so ging's ihm doch manchmal ans Herz. Sie war einmal nachts aus einem gräßlichen Traume aufgefahren: da saß ihr Mann aufrecht im Bette und blickte mit Augen zu ihr herüber, vor denen ihr graute.

Nun war er also fort, fort in die weite Welt mit dem letzten Rest ihrer Habe! – Sie konnte nichts denken und tun an diesem Tage; die Ahne, die auch nicht viel hatte, erbarmte sich der Kinder und speiste sie – Margaret selbst wollte nichts über den Mund bringen. Am Abend saß sie allein in ihrer Stube, [341] da ging die Türe leise auf, und herein trat die Sabine. »Grüß dich Gott, Margaret!« sagte sie mit einem so herzlichen Tone voll Mitleiden, daß dem armen Weibe die ersten Tränen im Auge los wurden. Reden ließ sich nicht viel mit ihr, aber erschrocken sah sie der Base nach, wie diese aufstand, um von einem Schranke herab die Bibel herbeizuholen. »O Base, ich weiß,« rief sie fast verwirrt; »freilich, freilich, meine Wege sind nicht Gottes Wege gewesen, o ich weiß, ich weiß!« – Die Base blätterte aber ruhig in dem heiligen Buche und hub an zu lesen: »Ich habe über euch Gedanken des Friedens und nicht des Leides!« Aus diesem Kapitel des Trostes führte sie einen Spruch um den andern an; allmählich trockneten die Tränen des armen Weibes, und der erste Friedenshauch seit langer, langer Zeit zog ein in ihre Seele.

Da sah sie aber auf dem Rasen ihre fünf Buben, die eben die Ahne heimbrachte, und ein neuer Jammerschrei drang [342] hervor: »Meine Kinder, meine Kinder, wir müssen Hungers sterben!« Sabine las wieder: »Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet ... – Sehet die Vögel unter dem Himmel an ...« – »Ja die Vögel!« fuhr das arme Weib mit bitterem Lachen dazwischen, »die brauchen keine Schuhe und Kleider, das ist bald gesagt; aber fünf Buben ohne Vater, und die Schafe fort, und mein elender Körper!« Sanft erwiderte Sabine: »Gott wird dir diese Sünde nicht anrechnen; hat nicht jeder deiner Buben gesunde Arme und Füße? Das haben die Vöglein nicht! Probier's nur einmal: bete und arbeite, und lehre die Buben beten und arbeiten! Verhungert ihr dann, während die Vögel unter dem Himmel singen, dann sage keck, die Bibel habe gelogen.«

Und die Margaret hat's probiert. Müde und schwach, wie sie war, hat sie früh und spät die Hände geregt; kein Geschäft war ihr zu mühselig, keines zu gering: stricken, spinnen, waschen, Holz sammeln, Wasser tragen, Kräuter suchen – wo ein ehrlicher Erwerb heraussah, wo nur ein Kreuzer zu erholen war, da streckten die Mutter und ihre heranwachsenden Buben die Finger danach aus.

Nun habe ich einmal in meiner Jugend eine schöne Geschichte gelesen, »von den drei Söhnen des armen Hansjörg, die reiche Herren geworden sind«, und es liest sich recht reizend, wie die drei Knaben durch Sammeln von Roßhaaren und alten Knochen, Ährenlesen und Handlangen zuletzt ein schönes Vermögen erworben und am Ende als reiche Herren den Vater in der Kutsche abgeholt haben. Ob die Geschichte wahr ist, weiß ich nicht; – bei der Margaret und ihren Buben hat es nicht so weit gereicht, an manchem lieben Abend sind sie hungrig zu Bett gegangen. Aber sie haben hungern und entbehren gelernt, und das ist auch was wert. Die Bibel von der Base wurde in dem kleinen Dachstüblein, wohin sie aus dem großen Schafhaus gezogen waren, zum täglichen Brote, das Leib und Seele nährte und stärkte; die Arbeit galt für ein Geschenk des Himmels, und wenn es die Woche über so gut ging, daß es am Sonntage zu einem bescheidenen Festessen reichte, wie reich [343] saß da die arme Familie in Liebe und Dank zusammen! So viel ist gewiß: kein Bissen Bettelbrot wurde bei der Margaret verzehrt; ein schönes Beispiel, was fleißige und gefaltete Hände noch heutzutage vermögen! Damit ist nicht gesagt, daß die Buben nicht aus einem freundlichen Nachbarhause hie und da ein Stück Brot, einen Korb Äpfel oder auch ein abgetragenes Wämschen heimgebracht hätten; aber auf den Bettelweg begab sich auch nicht einmal eines der Kinder, geschweige die Mutter. Fragt ihr, wie sie's denn doch zusammenbrachten, so sagt mir zuvor, wo und wie die Vögel unter dem Himmel alle ihre Körnlein finden.


Ginge die Geschichte nur so ergötzlich wie die vom armen Hansjörg aus! Aber die Wahrheit, bei der wir bleiben wollen, ist diesmal etwas trauriger.

So zeige ich euch die Margaret wieder nach Jahren – nicht mehr das fröhliche, leichtsinnige Mädchen am Hochzeitsmorgen, nicht das Schreckens- und Jammerbild an jenem Pfingsttage, nicht mehr das regsame und rührige Weib in späteren Tagen – nein, hingestreckt auf ein langes, schweres Schmerzenslager. Die fleißigen Hände können sich nur noch zum Gebete falten, die regsamen Glieder krümmen sich nur noch in krampfhaftem Schmerze, und doch dürfte manches seinen Prunksaal gegen dieses Leidenskämmerlein vertauschen, denn Gottesengel halten darin Wache: Geduld, Glaube, Gottvertrauen. – Die fünf Söhne sind keine reichen Herren geworden, aber rechtschaffene, redliche Menschen, die der frommen Mutter Mühe um sie in treuem Herzen bewahren und den himmlischen Vater um Segen für sie anrufen. Sie durfte ihn auch in aller Schwäche und Bangigkeit stets neu an sich erfahren: sie mußte auch jetzt noch nicht das Betteln lernen, denn am Nötigsten fehlt es ihr nie. Die Sabine ist seit Jahren tot, und ihr bescheidenes Erblein ist unter den vielen armen Erben lange verteilt und verzehrt – aber jenes Hochzeitsgeschenk ist jetzt der Margaret Herzenstrost.

Auch manchen lieben Krankenbesuch mit herzlichem Zuspruch [344] erhält die Margaret. Besonders hoch schlägt sie es an, daß der wohlwollende Pfarrer öfters bei ihr einkehrt; während der Unterhaltung mit ihm glänzt das matte Auge und glätten sich freundlich die Schmerzenszüge ihres Gesichts. Als er ihr in der Passionswoche die letzten Reden des Heilands las und an die Stelle kam: »So oft ich euch gesandt habe ohne Beutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr auch je Mangel gehabt?«, da faltete sie freudig die Hände und sprach mit heller Stimme: »Herr, nie keinen!«

Von ihrem Manne hat sie seit lange, lange nichts mehr vernommen; aber sie hofft im stillen, daß ihr inniges Gebet für ihn nicht vergeblich sein werde, und verziehen hat sie ihm längst.

Laßt uns hoffen, daß die Leidenstage der Armen nicht zu lange mehr währen mögen! Sie hat hienieden ihren Lohn noch nicht dahingenommen.

Und eine Stunde mag kommen, wo der Reichste und Glücklichste unter uns seine fröhlichsten Augenblicke gern hingeben würde um das selige Sterbestündlein der armen Margaret.

Fußnoten

1 entbieten.

[345] 3. Die Lügenkäther

Das Mittelalter hat trotz seiner barbarischen Gesetze mehr Nachsicht und Humor für Originale gehabt als unser gleichmachendes Zeitalter. Till Eulenspiegel, dessen sämtliche Streiche doch am Ende darauf hinausliefen, andern einen Schabernack zuzufügen, ist im Leben belacht, im Tode mit Ehren bestattet und nach dem Tode noch in Druck und Bild verewigt worden; die Lügenkäther aber, die nicht viel Schlimmeres getan, ist in Verachtung im Zuchthaus gestorben; fragt sich nun, welche Auffassung die richtigere ist.

Die Käther 1 wäre sicherlich ein ergiebiges Studium für Doktor Scheve gewesen, denn ein auffallenderes Beispiel [345] eines angeborenen, fast unvertilgbaren Hanges als ihre Lügenlust ist mir nie vorgekommen. Sie hat nicht gelogen, um irgend einen Zweck für sich zu erreichen, gar selten hat sie auch nur vorübergehenden Vorteil davon gehabt; nein, sie log, rein um zu lügen, und weder Strenge noch Güte konnten sie je davon abbringen. Freilich fürchte ich, die letztere sei gar wenig bei ihr versucht worden; sie wuchs auf als ein Kind der Armut und Schande, verachtet und versäumt, und wenn es eine Lösung gibt für das psychologische Rätsel, das sie darbietet, so liegt sie wohl nur in ihrem Drang, sich durch ihre Lügen wenigstens augenblicklich wichtig zu machen.

Bis zu den ersten Anfängen läßt sich ihre Lügenkrankheit nicht verfolgen; auf ihren Schulzeugnissen stand zwar alljährlich: bedenklicher Hang zur Unwahrheit; aber einzelne Fälle wurden doch erst bekannt, als Käther der Öffentlichkeit, das heißt den Gerichten übergeben wurde. Nur wenige Beispiele unter den vielen, die man sich von ihr erzählte, sind mir noch gegenwärtig; aber sie reichen hin zum Beleg für ihre seltsame Krankheit.

Der Bauer auf dem Steinhof hatte einen reichen kinderlosen Vetter in Eßlingen, auf dessen Erbe schon viele schöne Pläne gemacht worden waren. Eines Morgens erschien ein schwarzgekleidetes Mädchen auf dem Hof und meldete den Tod des Vetters und ihren Auftrag, zur Leiche auf den folgenden Tag zu laden. Der Schmerz war mäßig; doch wurden in der Eile die schwarzen Kleider hervorgesucht, die Nähterin mußte herbei, damit sie Flor um Hut und Ärmel mache. Die Bäuerin beschloß selbst mitzugehen, auch Hannesle und Peter sollten mit, weil es so schön aussehe, wenn Kinder »in der Klag« vorausgingen. Man nahm beim Krämer noch eine Zitrone, mit Nägelein besteckt, mit und stellte ein Kistchen hinten aufs Bernerwägele, im Fall man die wichtigsten Sachen gleich aufpacken dürfe.

Unter erbaulichen Gesprächen über die Vergänglichkeit alles Irdischen, und wie man eben nichts mitnehmen könne im Tod, und unter Beratungen, ob man des Vetters Geld vorerst in [346] Zins tun oder gleich Güter darum kaufen wolle, erreichte die Familie endlich Eßlingen und fuhr an des Vetters Haus vor. Es war gar still, wie es sie bei einem Leichenhaus natürlich dünkte. Der Bauer spannte aus, und die Bäuerin schritt indes mit den Buben in geziemendem Ernst die stillen dunkeln Treppen hinauf und öffnete das Zimmer. Da saß der Herr Vetter in seinem schwarzsaffianenen Lehnstuhl, vor sich ein Tischchen mit Bier, Brot und einem reichgefüllten Schinkenteller, das hinlänglich seine volle Gesundheit beurkundete. Die Buben starrten ihn an mit offenen Mäulern, die Bäuerin schrie laut auf: »Ja Herr Jemer, sind Sie denn nicht gestorben, Herr Vetter?« – »Was G'schwätz!« erhob sich der vom Stuhl, »seh' ich aus, als ob ich g'storben wär?«, und darauf folgten noch ein paar kräftige Flüche. Die Bäuerin faßte sich und drückte sich nun sehr wortreich über ihr Vergnügen aus, daß der Herr Vetter doch noch am Leben sei, und erzählte, was sie gesagt und was ihr Mann gesagt und was die Schwieger gesagt, als ihnen die fälschliche Todesnachricht vom Herrn Vetter zugekommen, und erschöpfte sich in Vorschlägen zu allerlei schauderhaften Strafen, die man der betrüglichen Botschafterin antun sollte.

Der Bauer hatte indes schon unten erfahren, wie vergeblich seine Reise sei, und benahm sich von Anfang an gescheiter; Hannesle machte noch einen großen Unschick, indem er fragte: »Mutter, krieg' ich jetzt kein neu Häs 2 aus Herrn Vetters Sonntagsrock?« Die Püffe, die er bekam, halfen nicht mehr dazu, den Herrn Vetter milder zu stimmen, der gar nie an seinen Tod gemahnt werden wollte. Die Unterhaltung und Bewirtung fiel äußerst frugal aus, zumal als vollends des Vetters Haushälterin nach Hause kam und den Zweck der Reise erfuhr. Die Flöre wurden in der Stille abgetan; die Bäuerin band sich das farbige Schnupftuch ihres Mannes als Halstuch um, und noch hoch am Tage, in sehr nüchterner Stimmung, kam die Trauergesellschaft nach Hause zurück, neben dem Ärger [347] über die vergebliche Reise noch mit der schweren Sorge im Herzen, der Vetter werde ihnen am Ende das Erben für alle Zeit unmöglich machen. Erst spät kam zur Entdeckung, daß die Lügenkäther von Weindorf die trügliche Bötin gewesen war.

Solche Trauerbotschaften brachte sie an verschiedene Orte zu verschiedenen Zeiten und wußte dabei die letzten Tage des Hingeschiedenen und die näheren Umstände des Todes so rührend darzustellen, daß alles zusammen weinte. Ein alter Vater wanderte einmal sieben Stunden weit zur Leiche seines Sohnes, der Mühlknecht war, und wäre fast gestorben vor Schreck und Freude, als ihm der Totgeglaubte rüstig und gesund, lustig mit der Peitsche knallend, mit dem vollen vierspännigen Mühlwagen entgegenfuhr.

Frau Frey in R. trieb einen kleinen Handel mit Blumen und Gemüse. Käther kam zu ihr, sich für die Amtsbötin von Weindorf ausgebend, und bestellte für die Sternwirtin tausend Gemüsesetzlinge und hundert Levkojenstöckchen; sie wollte sie im Augenblick abholen. Die gute Frau ließ sich's sauer werden und war schlimmer dran als der Rübezahl, bis sie endlich die tausend Setzlinge gezählt hatte; sie legte immer wieder ein paar dazu, damit's nicht zu wenig seien. Wer aber nicht kam, das war die angebliche Bötin, und am Abend waren die Pflanzen trotz aller Sorgfalt der Frau Frey jämmerlich verwelkt.

In das Dorf Steinbach kam eines Sommermorgens ein anständig gekleidetes Mädchen, die sich die Tochter des Käsers von Weindorf nannte. Ihr Vater habe eine ungeheure Bestellung auf Käse erhalten, da der König nach dem Manöver jedem Soldaten einen Käslaib mit nach Haus gebe. Nun bezahle ihr Vater gern acht Kreuzer für die Maß Milch (ein damals unerhörter Preis), nur möchten sie die Weiber alle in eine große Kufe zusammenschütten; in einer Stunde komme ihr Vater mit einem Faß, um sie zu holen. Nun strömte es mit Milch von allen Seiten herbei; die Käserstochter stand mit einem Papier daneben, notierte die Namen und die Quantität Milch, die jede brachte; dann ging sie eilig fort, um den Vater zu benachrichtigen, damit er gleich komme.

[348] Der Käser kam nicht, die Milch ward sauer; man schickte einen Expressen ab, den Käser zu holen; der kam mit der Botschaft zurück, daß alles erlogen sei. Der Käser zu Weindorf habe gar keine Tochter, es werde die Lügenkäther gewesen sein.

Die empörten Weiber schlugen sich vor der Milchkufe fast tot im Kampf um den Anteil an Rahm, der jeder gebühre; mehr als die Hälfte ging bei der Schlacht zugrunde, und fast hätte man Militärmacht gebraucht, um die Balgerei zu schlichten, in die sich auch die Männer gemischt hatten.

Die Käther durfte froh sein, vor der aufgeregten Volkswut im Gefängnis geborgen zu werden; wenn man den Steinbachern die Lynchjustiz überlassen hätte, wäre sie schlimm weggekommen.

In einem Dienst behielt man sie natürlich nicht, da sie in keinem das Lügen lassen konnte. Sie kam zuerst ins Ortsgefängnis, dann ins Kreisgefängnis; dann avancierte sie wegen wiederholter Rückfälle ins Zuchthaus. Auch dort tat sie ihr Möglichstes im Lügen. Anfangs entdeckte sie vorgebliche Komplotte; als ihr das gar zu schlimm bekam, beschränkte sie sich darauf, abenteuerliche Träume zu erzählen und die Mitgefangenen gegeneinander zu verhetzen.

Sie war für keine Art von Vorstellungen empfänglich, hat nie Besserung versprochen noch gehalten. War sie aus dem Zuchthaus frei, so suchte sie so bald als möglich aus dem Heimatort, in den sie verwiesen war und wo die allgemeine Verachtung auf ihr lastete, zu entweichen, und trat dann in entfernteren Gegenden wieder irgend einen Lügenzug an. Ein Beispiel ihrer Fertigkeit, das ziemlich heiter endete, will ich zum Schluß noch anführen.

Ein Pfarrer vom Schwarzwald, den eine Familienangelegenheit in die Residenz geführt hatte, begegnete daselbst mit Erstaunen einem reichen Hofbauer aus seinem Dorf, der sonst unzertrennbar mit seinem Grund und Boden verwachsen schien. »Was tut denn Ihr hier, Braun?« fragte er verwundert, »und dazu noch Eure Frau?« – »Oh, Herr Pfarrer, wir haben einen traurigen Anlaß; unser Hansjörg, der hier Soldat ist, [349] hat uns verbieten lassen, er lieg' auf den Tod krank, und er möcht' uns nur noch einmal sehen. Da sind wir denn fort miteinander und haben mitgenommen, was aufs Wägele ging, Schnitz und Eier und Schmalz und eine Henne, daß man ihm auch noch eine Güte antun kann, und jetzt sind wir auf dem Weg in die Kaserne; die Füße tragen uns fast nimmer.« Das Weib begleitete seine Rede nur mit Schluchzen. Der Pfarrer bot ihnen an, sie zum Sohn zu begleiten. Auf dem Weg zur Kaserne begegneten ihnen noch da und dort Bauersleute, Väter, Mütter, Ehepaare, und auf Befragen führte alle derselbe Zweck hierher, einen todkranken Sohn beim Militär zu besuchen. Dem Pfarrer fiel das als sonderbar auf, dem Bauern nicht; »'s muß scheint's eben eine Viehseuch' in der Kasern' sein,« meinte er, »das kommt manchmal vor.«

Im Hof der Kaserne trafen sie noch einige gebeugte Eltern und ein paar Obermänner und einen Leutnant, die mit hellem Lachen dabeistanden. »Wollt ihr auch zu kranken Söhnen?« rief man ihnen lachend entgegen. – »Freilich,« entgegneten sie, empört über die Roheit. – »Nun, gebt mal die Namen an!« kommandierte der Leutnant. Das geschah. »Und jetzt, Müller,« zum Obermann, »rufen Sie mal die Bengel herbei!« Die Leute wußten nicht, wie ihnen geschah, und wollten gegen die Härte protestieren, die Kranken herbeizurufen, als auf einmal in militärischer Haltung und geschlossener Reihe die Beweinten einhermarschierten und ihre guten, heimatlichen Dickköpfe unter dem Tschako den gebeugten Eltern erfreut und verwundert zuwendeten. Nun gab's ein Vergnügen und Erstaunen und ein Durcheinandergeschrei, bis jedes erzählen wollte, was man ihm ausgerichtet und was es dabei gedacht und gesagt und was die daheim denken und sagen werden.

Dem Leutnant wurde es zu toll; er nahm's auf sich, den Wiedergeretteten einen Urlaub für diesen Tag zu bewilligen, und riet ihnen, sich in einen öffentlichen Biergarten zu begeben, wo sie Raum und Muße finden würden, sich auszusprechen.

Da zogen sie denn hin; die mitgebrachten Vorräte für die Kranken wurden zu großem Vergnügen der Gesunden herbeigeholt. [350] Die Freude über das fröhliche Wiedersehen ließ den Ärger über die trügliche Botschaft nicht zu sehr aufkommen; sie öffnete alle Herzen, die Reichern teilten den Ärmern mit. Die Frau Wirtin mußte Küchlein backen, und der Tag, der den Eltern so traurig angebrochen, endete in allgemeinem Vergnügen und blieb den Söhnen lange ein Lichtpunkt in dem einförmigen Kasernenleben.

Diesmal hatte sich's die Lügenkäther sauer werden lassen; sie war in einem Tag in mehr als zehn, zum Teil entlegenen Ortschaften herumgekommen, hatte sich kaum Zeit zu einem Imbiß genommen und selten einen Lohn gefordert. Ein unglückliches Opfer ihres dämonischen Hanges, ist sie noch jung im Zuchthaus gestorben.

Fußnoten

1 Katharine.

2 Anzug.

[351] 4. Streit in der Liebe und Liebe im Streit

Die Nachbarskinder

Mitten im Dorf stand des Schultheißen Haus, an den roten Jalousieläden und dem zweistöckigen Bau zu unterscheiden von den Bauernhäusern, auch wenn der Herr Schultheiß nicht gerade sein Pfeifchen unter dem Fenster dampfte. Er war nicht eben, was man einen Herrenschultheiß nennt; er stammte vom Dorf und war in seiner Jugend hinter dem Dungwagen einhergeschritten so gut wie einer. Aber er liebte jetzt, mit den Herren der Oberamtsstadt auf vertrautem Fuß zu verkehren; sein selbstgezogener Wein und die Strauben und Küchlein der Frau Schultheißin standen in gutem Geruch bei ihnen.

Neben des Schultheißen Haus stand ein sehr anspruchsloses Bauernhaus, einstöckig, mit geteilter Türe, dessen stattliche Scheune, in welcher der Dreschertakt noch bis Lichtmeß tönte, allein beurkundete, daß es einem »rechten«, das heißt vermöglichen Mann gehörte. Hinter dem Haus lag ein Gärtchen, mit Salat und Krautsetzlingen bepflanzt, auch mit etlichen Sonnenblumen geschmückt; der Eingang aber führte zwischen einer Gülle und Dunglege zur Haustür, wie das schon zu des Ähnes [351] Zeiten gewesen war. Zwar war »iabott« (jezuweilen) ein Kind des Hauses in die Gülle gefallen; weil aber noch keines darin ertrunken war, so dachte niemand daran, die Sache zu ändern, der jetzige Besitzer des Hauses am wenigsten. Seine Buben sollten aufpassen lernen, und sein Töchterlein, die Lisbeth, war ein gesetztes und vorsichtiges Kind, dem nicht so leicht ein Unschick begegnete.

Des Schultheißen einziger Sohn hieß Georg, ein aufgeweckter Bursch, aber ein durchtriebener Schelm und so übermütig und mutwillig wie nur je der Sohn eines Machthabers, zumal wenn er der einzige ist. Wenn ihn die Würde seines Vaters auch nicht vor gelegentlichen Prügeln sicherte, so wäre er ohne diese Würde gewiß schon lange totgeschlagen worden; denn alle Streiche, die Simson vorzeiten den Philistern gespielt, sind nichts gegen die Possen, die er, wenn ihn seine tolle Laune ankam, an Freunden und Feinden verübte.

Was war nur das für eine Geschichte, als er an einem stillen Nachmittag, wo die Leute auf dem Felde waren, sämtliche Schweine losließ und von dem oberen Boden aus der blutigen Schlacht zusah, die es absetzte, bis jeder Eigentümer das seinige wiedergefunden hatte!

Und wie er's angegriffen hatte, der Frau Müllerin ihre Staatshaube mit den handfesten Rosenknospen und krebsroten Bändern zu stehlen, das weiß kein Mensch; aber aus dem Kamin des ärmlichen Häuschens, das die blutarme Schwester der Müllerin bewohnte, ragte eines schönen Morgens eine lange Stange mit einem Strohkopf, auf dem das obgedachte Prachtstück saß. Einem reichen Weingärtner hatte er im Herbst Fischlein in die Weinbütte praktiziert, was diesen in den schlimmen Verdacht brachte, daß er seinen Wein mit Flußwasser vermehre, und dem Bäcker eine Brille auf den Laden genagelt, damit man seine Wecklein dadurch sehen könne: – kurz, es gab wenige im Dorf, die nicht ein Stücklein von seinem Mutwillen erzählen konnten. Und doch war ihm im Grunde keiner feind, wohl aber stimmten alle darin überein: »Der stirbt keinen rechten (natürlichen) Tod.«

[352] Lisbeth, seines Nachbars Kind, hatte nicht am wenigsten von seinem Mutwillen zu leiden, und doch trugen die Streiche, die er ihr spielte, stets ein gewisses ritterliches Gepräge, freilich Ritterlichkeit in ihren rohesten Uranfängen. Es war einmal Familienfest bei Schultheißens, das heißt das große Schwein wurde geschlachtet. Lisbeth blieb zufällig unter der Haustür stehen. »Willst ums Würstle singen?« rief ihr Georg herüber. Lisbeth trat beleidigt zurück; das sollte man ihr nicht nachsagen, das war Sache der Bettelkinder. Wie sie aber abends sich an die Kunkel setzen wollte, war ihr schönes rotseidenes Band gestohlen und die Kunkel dafür mit Bratwürsten umwunden. Als sie einmal ihr Vieh zum Brunnen treiben wollte, waren ihr andre zuvorgekommen und wollten nicht Platz machen; da bemerkte Georg ihre Verlegenheit und brach wie der rasende Roland mit lautem Geschrei unter das Vieh der andern, das wie toll nach allen Seiten hinaussprang, so daß durchs ganze Dorf ein Rennen und Zetergeschrei anging, und führte siegreich Lisbeths Kühe zum Brunnen. Er stahl auch der Frau Pfarrerin die schönsten Rosen, um sie Lisbeth zum Kirchgang zu bringen; diese aber, die den Diebstahl ahnte, wies das Sträußchen patzig zurück, und Georg warf zur Rache die Fenster ihres Kämmerleins mit den schönsten Äpfeln ein, die seine Mutter noch als Rarität gespart hatte.

Streit in der Liebe

Die Kinder wuchsen zu Leuten heran, Georg als ein stämmiger, etwas untersetzter Bursch mit offenem, frischem Gesicht, Lisbeth als ein feines, sauberes Mädchen, schlank von Wuchs und gar pünktlich und sorgsam in ihrem Anzug, der aber um keine Linie die Kleiderordnung einer rechten Bäuerin überschritt. Wie die meisten Dorfkinder war sie sehr frühe in alle materiellen Interessen des Lebens eingeweiht worden und wußte den Wert des Besitzes als Kind schon gar wohl zu schätzen. Das Pfarrtöchterlein, deren Elternhaus nie leer von Gästen wurde, erzählte ihr einmal vergnügt: »Denk nur, wir haben sechs Onkel.« – »Und mir hent sieben Säu,« rühmte Lisbeth [353] dagegen, ihres Übergewichts gewiß. Sie war nie mit andern Kindern herumgesprungen, um ja nicht Kleider und Schuhe zu zerreißen, und je älter sie wurde, desto mehr trat dieser praktische Sinn hervor. Man sagte ihr nach, sie gehe barfuß, sobald sie vor dem Dorfe sei, um ihre Schuhe zu schonen, und wo sie im Grasen gewesen, da sei der Boden wie vom Barbier rasiert.

Georg dagegen war ein sorgloser, leichtsinniger Bursch, dem alles, was teuer war, am besten gefiel und am besten schmeckte, rasch, hitzig und unbedacht, ein »Schußbartle« nach dem Volksausdruck, und gescheite Leute meinten, er und Lisbeth passen nimmermehr zusammen, sie seien gar zu zweierlei; noch gescheitere fanden das eben gut: »Die können einander helfen; was er vertut, das kann sie hereinhausen.«

In Wahrheit konnten die zwei nicht voneinander lassen, wie oft sie sich auch gegenseitig erzürnten. Georg verhöhnte Lisbeth, wo er konnte, wegen ihrer Sparsamkeit. Einmal lud er ein Dutzend junge Bursche und Mädchen in ihrem Namen zum Karz (Spinnstube) ein. Lisbeth spann eben im Mondenlicht wie das Waldfräulein, aber nicht aus Romantik, sondern um Öl zu sparen; da polterten ihre unerwarteten Gäste herein und lachten hell auf, als nicht einmal Licht in der Stube war. Georg kam hinterdrein und klärte den Spaß auf; Lisbeth aber mußte, wohl oder übel, Licht anzünden und Äpfelküchlein backen.

Ein andermal kamen drei alte Weiber aus dem Armenhause und bedankten sich gar schön bei ihr für Speck und Fleisch, das sie ihnen geschickt hatte. Lisbeth wußte nicht, wie ihr geschah. Sie führte als einzige Tochter den Haushalt des verwitweten Vaters und hatte die bestausgestattete Rauchkammer im Dorfe; man behauptete aber, sie lasse den Vater, wenn er Kraut esse, nur riechen am Speck und habe so den ganzen Winter an einer Speckseite; wie würde sie nun Bettelweibern Speck und Fleisch schicken! Tödlich erschrocken sah sie in der Rauchkammer nach – da war freilich eine bedeutende Lücke; – das hatte kein andrer Mensch als der Georg getan! Nehmen konnte sie den Weibern das Fleisch nicht wieder, [354] und so mußte sie mit sauersüßem Gesicht den Dank für ihre unfreiwillige Großmut hinnehmen.

Der Georg aber sollte es büßen, und als er nach einer Weile mit pfiffigem Lachen über den Zaun herüberblickte, da sagte sie ihm in geläufigem und lichtvollem Vortrag die Wahrheit umsonst über sein faules und nichtsnutziges Leben und verhieß ihm ganz und gar keine lockende Zukunft.

Sonntags drauf wollte Georg auch trutzen, er schloß sich an des Adlerwirts Sohn an und zog an der Lisbeth Haus vorüber, andern Mädchen nach. Lisbeth war nicht vor dem Hause und nicht am Fenster zu sehen; daheim aber fuhr sie herum wie unsinnig, und als Georg spät am Abend nach Hause kam, da hatte sie scheint's noch Geschäfte im Hausgärtchen, sie sah ihn aber gar nicht, bewahre! »Guten Abend!« rief Georg hinüber. – Keine Antwort. – »Warum bist nicht auch spazieren gegangen?« – »Hab' noch gar nicht Zeit gehabt nur zum 'nausgucken, meine Dote ist hier gewesen,« sagte Lisbeth kurz. – »Schön Wetter heut,« hub etwas verlegen Georg wieder an, der nicht recht wußte, wie er anknüpfen sollte. – »Freilich,« schnurrte Lisbeth; »wenn man mit so schönen Jungfern 'rumspaziert, ist 's Wetter alleweil schön.« – »So, ich hab' glaubt, du habst heut gar nichts gesehen; woher weißt du's denn, mit wem ich spazieren gegangen bin?« – »Ha, wenn des Schulzen Bub' des lumpigen Schuhmachers Mädle nachlauft, so kann man's erfahren, ohne zu gucken.« – »Ei, wenn du dich hättest sehen lassen, hättest du mit mir spazieren dürfen!« – »Ich mit dir? Nicht mit einer Meßstang' möcht' ich dich anrühren.« – »Gelt, was man veracht't, das hätt' man gern,« lachte Georg und ging ins Haus. Am selben Abend aber trug er ihr noch den Wasserkübel heim und half ihr die flüchtigen Hühner einfangen, und der Friede oder doch Waffenstillstand war für eine Weile wieder geschlossen.

Georg wurde zum Soldaten ausgehoben und gab nicht zu, daß sein Vater ihn loskaufe; Lisbeth hatte einmal gesagt, als ein schmucker Gardist durchs Dorf ging: »Da muß man doch Respekt haben!« – »Nun soll sie auch vor mir Respekt lernen,« [355] dachte er und ließ sich nicht abhalten, obwohl die Leute meinten, so ein heißgrätiger Bursch tauge nicht unters Militär, wo man sich kuschen müsse. Er fügte sich wirklich zum Verwundern, und kleine Ausschreitungen in Trunkenheit ausgenommen, hielt er sich vortrefflich als Soldat; sein Obermann, der je und je den Herrn Schultheiß besuchte, meinte: »Wenn wir Krieg hätten, so gäbe der einen General nichts desto Schöners.« Er war ein freigebiger Kamerad und teilte von dem Zuschuß zu seinem mageren Sold, den ihm der Vater reichlich zufließen ließ, den andern gern mit; so war er hoch angesehen unter den Kameraden.

Lisbeth hatte allerdings Respekt, als er in der feinen Uniform, die er sich aus eigenem Beutel angeschafft, zum erstenmal am Sonntag einen Besuch machte; sie sprach im Gärtchen lange mit ihm und gestattete, daß er sich zu ihr auf die Hausbank setzte. Aber doch war diese Militärzeit eine qualvolle für sie, weil sie beständig von Eifersucht verzehrt war. Wenn ihr Georg einen Gruß sagen ließ, so war ihre Antwort: »Dem wird's ernst sein mit Grüßen! Man weiß ja, wie die Soldaten mit den Stadtmägden herumscharmuzen, wird auch eine haben, die ihm am Sonntag den Dreibätzner in den Sack gibt!« Durch ähnliche Suggestivfragen suchte auch Georg mutmaßliche Treulosigkeiten seiner Geliebten zu erfahren; – wenn er dann heimkam, so hatte er den halben Tag zu tun, bis er sein Schätzchen versöhnte, die wegen allerlei eingebildeter Untaten seinerseits mit ihm trutzte. War das gelungen und sie begleitete ihn abends auf dem Rückweg zur Stadt, so fing sie schon wieder an: »Hättest noch nicht nötig, fortzugehen, wirst eine auf unterwegs bestellt haben.« Oft ward er's auch müde, den Untertänigen zu spielen, eine Rolle, die ohnehin nicht für ihn paßte; ließ sein ungnädiges Lieb stehen und ging in den Adler. Lisbeth blieb dann in irgend einem Versteck, von dem aus sie auf das Wirtshaus sehen konnte, ließ sich aber nirgends finden, und in den nächsten Tagen ließ sie ihm durch einen Kameraden sagen, er solle sich nur nicht einbilden, daß sie ihn einmal nehme, lieber wolle sie ins Wasser springen. Dieser Groll [356] dauerte bis zu seinem nächsten Besuch, wo er die Wolken vertrieb, um Raum für neue zu bereiten.

Georg beschloß, diesem Elend ein Ende zu machen, aber wie? Ans Heiraten konnte er noch nicht denken, und sie gehen lassen, das war vollends unmöglich. »Wenn ich ganz gewiß wüßt', daß kein andrer sie kriegt, so wollt' ich sie meinetweg mein Lebtag nimmer angucken,« sagte er den Kameraden.

Er freute sich unbändig auf die Kirchweih; Lisbeth war noch immer seine Tänzerin gewesen, so konnte sie ihm jetzt, wo er [357] Soldat war, nicht fehlen; da wollt' er ihr einmal so recht in Güte sein Herz ausleeren.

Die Ballregeln auf dem Dorfe sind sehr einfach, und die zierlichen, goldeingelegten Büchlein am Gürtel, auf denen unsre jungen Damen ihre versagten Tänze vermerken, sind für Bauernmädchen ein entbehrliches Gerät. Wer ein Mädchen zum Tanz führt, hat für den ganzen Abend ausschließlich das Recht auf sie, und nur selten und ungern wird einem andern Burschen ein Tanz gestattet; bloß bei Markttänzen oder Hochzeiten herrscht mehr Freiheit. Diese Sitte, die uns sehr langweilig erscheint, verleiht dem Tanz etwas Stetes, Ehrenfestes und schneidet viel Gelegenheit zu Händeln ab.

Verlobung

Georg hatte über die Kirchweih Urlaub genommen und war, um schneller nach Hause zu kommen, auf einem Wägelein heimgefahren; unglücklicherweise war Schuhmachers Gustel, ein sauberes Mädchen vom Dorf, die in der Stadt diente, auch am selben Tag den gleichen Weg gegangen, und Georg in seiner Gutmütigkeit hatte sie aufsitzen lassen. Das beleidigte Lisbeth, die es natürlich für Verabredung hielt, tödlich, und als Georg im schönsten Wichs sie zum Tanz laden wollte, gab sie ihm schnippischen Bescheid und ging mit ihrem Vetter Kaspar in ganz ungewöhnlichem Staat.

Georg kam ohne Tänzerin und setzte sich in eine Ecke des Saales mit seinem Wein, man hörte kein Wort von ihm als den Ruf an die Kellnerin: »Kätherle, noch einen Schoppen Fünfzehner!« Lisbeth sah anfangs spöttisch zu ihm hinüber, aber sie erschrak vor seinen wilden Blicken und sprach lauter und lebhafter, als ihre Art war, mit ihrem Tänzer. Eben als sie mit Kaspar einen neuen Hopswalzer anheben wollte, stellte sich Georg in den Weg und streckte den Fuß aus, das tanzende Paar bemerkte es nicht und stürzte heftig zu Boden. Kaspar fuhr wütend auf und packte Georg an der Gurgel; es entstand ein allgemeines Handgemenge, Geschrei und Geprügel, Lisbeth war mit blutendem Kopf aufgehoben und heimgeführt [358] worden. Der Wirt und der Schultheiß brachten mit vieler Mühe den Knäuel der Streitenden auseinander; Kaspar blutete aus der Nase, Georg hatte eine Beule an der Stirn, wo ihn Kaspars Faust getroffen, und der Wirt meinte, da es bei keinem von beiden einen edlen Teil getroffen, so werden sie sich im Frieden vergleichen können.

Lisbeth saß allein daheim und machte Umschläge um ihre Stirn, voll Zornes, wie sie glaubte, über den wüsten Georg, der sie so gezeichnet. Aber seltsam! Eigentlich war sie viel besser aufgelegt als vor dem Tanz, wo sie so schön geschmückt mit dem Kaspar ausgezogen war. Freilich trug sie ein blutig Liebeszeichen an der Stirn, aber ein Liebeszeichen war es doch. Georg hatte mit keiner andern getanzt und des Schuhmachers Gustel nicht einmal angesehen, und ihr, ihr allein hatte er den Fuß gestellt, alle andern Paare waren ihm gleich, die hatte er ungehindert springen lassen. Aber doch sann sie darüber nach, wie sie ihm das recht vergelten könne.

Da hörte sie ein gewaltiges Rütteln und einen heftigen Stoß an die verschlossene Haustür, und ehe sie aufgestanden war, um nachzusehen, stand Georg vor ihr. »Und du bist noch so frech und kommst in unsre Stube, nachdem du mich blessiert hast und in der Leute Mäuler gebracht? Im Augenblick geh,« schalt Lisbeth, »oder ich schrei', daß es das ganze Dorf hört!« – »Du schreist nicht,« sagte Georg mit gepreßter Stimme und faßte sie am Hals mit beiden Händen, »ich will der Plage einmal los sein. Jetzt gleich im Augenblick schwörst mir, daß du mein Weib werden oder zeitlich und ewig verloren sein willst, sonst erwürg' ich dich, da auf dem Platz; ist mir all eins, wenn man mich nachher auch köpft, dann ist's doch Fried'.« – »Laß mich!« stöhnte zitternd das geängstete Mädchen, »bist ja noch Soldat und kannst nicht heiraten.« – »Das laß du mich ausmachen! Zu deinem Vater komm' ich schon, bei dir aber bin ich, und wenn d' mir's nicht versprichst, so mußt sterben.«

Todbleich mit bebenden Lippen versprach es Lisbeth, Georg forderte auch noch ein Ehepfand, sie gab ihm den silbernen Trauring der seligen Mutter. Kaum hatte Georg ihn am [359] Finger, so stolperte der Vater auf dem Gang draußen; Georg stieg eilig durch das Fenster hinaus. »Ist denn noch jemand dagewesen?« fragte der Vater. – »Des Schulzen Relling (Kater) war in die Stube geschlichen,« sagte Lisbeth, »ich hab' ihn zum Fenster hinausgejagt.« Sie ging in ihre Kammer und legte sich zu Bett wie an allen Gliedern zerbrochen und von Fieberfrost geschüttelt, und doch murmelte sie vor dem Einschlafen in sich hinein; »Und so ist's noch keinem um sein Mädle gewesen, daß er den Kopf daran gerückt hätt'; ich möcht' nur wissen, ob er mich erwürgt hätte!«

Das war die Verlobung.


Es fiel Georg sehr schwer, wieder zum Militär zurückzugehen, wenn er auch seiner gewaltsam geworbenen Braut jetzt sicherer war als zuvor. Da starb unerwartet Lisbeths Vater, und man fand es natürlich, daß Georg sich vom Militärdienst losmache und die Waise heirate, die auf die förmliche Werbung des Schultheißen ihre Einwilligung gab. Ein feierlicher Handstreich wurde gehalten, bei dem mit der auf dem Dorf gewöhnlichen Offenheit die gegenseitige Mitgabe von Georgs Vater und Lisbeths Vormund in Gegenwart des Brautpaares besprochen wurde. Georg bekam sein Heiratsgut in bar Geld, Lisbeth hatte ihr Vatererbe in Vieh und Äckern; beide Partien vereinigten sich in Güte, und es herrschte zwanglose Heiterkeit an der Verlobungstafel. Dem Georg war alles recht, er war seelenvergnügt und mit der ganzen Welt versöhnt, dem Kaspar trank er einmal um das andre zu. Am Abend ging er noch mit Lisbeth in das Baumgut, das zu ihrem künftigen Besitz gehörte; er betrachtete sie freudetrunken, wie sie in der netten schwarzen Kleidung, in dem Häubchen, dessen breite Bänder ihr feines Gesichtchen einschlossen, an seiner Seite auch einmal freundlich und ohne Widerstreben ging. »Guck, fressen möcht' ich dich!« rief er stürmisch und umfaßte sie mit einer Gewalt, daß sie mit leisem Schauer jener Verlobungsnacht gedachte, und hob sie hoch empor, leicht wie eine Feder. »Laß mich!« schrie sie. »Willst mich umbringen wie damals, als [360] der Vater noch dazu kommen ist?« Das war keine gute Mahnung, Georg setzte sie schweigend zu Boden und ging mit ihr heim, ohne ein Wort zu reden.

Hochzeit

Nach vier Wochen war die Hochzeit, und alten Leuten schien es bedenklich, daß während der Trauung ein schweres Ungewitter ausbrach, so heftig, daß der Donner fast die Worte des [361] Pfarrers übertönte. Georg nahm das nicht so schwer. »Wenn wir wetterscheu wären, so hätten wir einander gar nicht genommen, gelt Schatz?« rief er nachher lachend der Lisbeth zu.

Als sie am Altare sich die Hände reichten, suchte Lisbeth die ihrige obenhin zu bringen; das gilt auf dem Land für ein Zeichen, daß man die Oberhand in der Ehe behalte. Georg hatte nicht daran gedacht; als er aber bei Lisbeth die Absicht merkte, so legte er die seine obenauf, und bald wäre es zu förmlichem Ringen gekommen, wenn nicht ein ernster Blick des Pfarrers Einhalt getan hätte. Die Stimmen der Zeugen konnten sich nicht darüber vereinen, welche Hand oben geblieben sei.

Lisbeth nahm den Regenschirm nicht an, den man ihr beim Ausgang aus der Kirche bot. »Aber daß die ihr schönes Kleid nicht dauert im Regen!« meinte eine der Brautjungfern. – »'s bedeutet ja Reichtum, wenn's der Braut in Kranz regnet,« sagte die andre. – »Ja so, dann glaub' ich's,« sprach die erste lachend.

Georg war glückselig beim Nachhausekommen. »So, jetzt mußt me erst hau (haben)!« rief er neckisch seiner Braut zu und wirbelte mit ihr in improvisiertem Walzer um den Hochzeitstisch. Er war wieder gut Freund mit aller Welt und warf den Musikanten Geld zu wie Heu. Lisbeth war stiller; ob aber eines von beiden auch nur einen Augenblick die heilige Bedeutung des Tages erwogen, glaube ich kaum.

Der Hochzeitstag verlief ohne weitere Störung, als daß Lisbeth hie und da scharfe Blicke zur Seite warf, wenn ihr schien, daß Georg mit den Brautjungfern zu freundlich tue. Georg ward immer seliger, eine Seligkeit, an der freilich der Wein auch Anteil hatte; er versicherte Lisbeth: »Guck, i bin a guter Kerle, der ällerbest' Kerle bin i, mit der Liebe da kann mer mi um en Finger 'rum wickeln.« Die Braut aber antwortete wenig auf diese tröstliche Verheißung.

Ehestand

Ich weiß nicht, ob es einen Unterschied macht im ehelichen Leben, wenn die Frau den Mann einführt in ihr Haus, [362] während sonst der Mann es ist, der das Haus gründet und das Weib einführt. Edle Seelen werden gewiß immer demütiger im Gefühl, viel gegeben zu haben, und es gibt solch angeborenen Adel in allen Ständen; Lisbeth hatte ihn nicht.

Ob sie es mit der Liebe versucht hat, die laut Georgs Verheißung solche Wunderdinge an ihm tun konnte, weiß man nicht. Sie las zwar, wie es bei ihrem Vater der Brauch gewesen, jeden Tag einen Morgen- und einen Abendsegen, in denen gar oft von Liebe die Rede war; mit diesem Lesen hielt sie aber ihre Christenpflicht vollkommen erfüllt und lebte dazwischen nach eigenem Gutdünken. Veränderlichkeit hatte Georg ihr nicht vorzuwerfen; denn sie plagte ihn als Weib ebenso mit Eifersucht und griffigen Reden, wie sie als Braut getan hatte.

Niemand hat je gehört, daß das Ehepaar einmal einerlei Meinung gehabt hätte. Lisbeth hatte die Stube gelassen, wie sie zu des Vaters Zeiten gewesen war: im Hintergrund der gewaltige Kachelofen mit dem württembergischen Wappen, an den Wänden festgenagelt die hölzerne Bank, davor ein weiß gefegter Tisch mit Fußbänkchen, eine Wanduhr in langem Gehäuse, ein Milchkasten, ein kleiner Spiegel, der alle Köpfe zu spitzen Chinesenköpfen verzog; an Gemälden das über Jesum ergangene Bluturteil, eine Darstellung des Jüngsten Tages und ein Doktor Luther; dazu zwei hölzerne Stühle mit künstlich gewundenen Schlangenrücken, das war die ganze Einrichtung, die Lisbeth zu jeder Zeit sauber erhalten hatte. Georg, des Schultheißen Sohn, dem der Herr Oberamtmann versprochen hatte, einmal bei ihm einzukehren, hätte gern eine hübschere, moderne Einrichtung gehabt: ein Kanapee, einen hartholzenen Tisch, gepolsterte Stühle; ein paar kolorierte Bilder mit dem Herzog Ulrich und Sturmfeder hatte er als ledig schon angeschafft. Lisbeth willigte durchaus in keine Neuerung, und als Georg dennoch sich wenigstens einen Lehnstuhl anschaffte, stellte sie den beharrlich in die fernste Ecke der Schlafkammer, und er mußte ihn jedesmal selbst herbeischleppen, wenn er sich drauf setzen wollte.

[363] Georg konnte tüchtig schaffen, wenn's ihn ankam; nur hatte des Schulzen Sohn eben gearbeitet, was er wollte und wann er wollte. Von dem Bauern aber erwartete sein Weib, die selbst bei keiner Arbeit zurückstand, daß er alles und zu jeder Zeit arbeite. Lisbeth hatte den eigentümlichen Erbhaß gegen Dienstboten, der sich je und je bei Frauen aller Stände findet und das Unglück mancher Haushaltung ist. Nach ihrer Ansicht waren alle Dienstboten ein abgefeimtes Diebsvolk, alle Tagelöhner »faule Freßsäck«; so sollte so viel wie möglich allein gearbeitet werden. Nach Georgs Geschmack war das nicht, bei ihm war morgen auch ein Tag; Lisbeth hatte aber ein unerreichtes Talent, ihm am Feierabend oder nachts alles aufzuzählen, was hätte geschehen sollen und nicht geschehen sei, und das ist eben keine wesentliche Beförderung der Gemütsruhe. Dadurch, daß Lisbeth beständig wegen der Feldarbeit keifte, hatte sie diese in Georgs Augen zu ihrer Sache, nicht zu einer gemeinsamen gemacht, und er dachte nimmer daran, daß es sein eigener Schade sei, wenn er dem Weibe zum Trotz die nötigste Arbeit liegen ließ.

»Grob kann ich sein, und das rechtschaffen,« hatte er Lisbeth einmal versichert, »aber trutzen, das kann ich nicht.« Trutzen konnte dagegen Lisbeth meisterlich und mit seltener Ausdauer; sie übte diese Kunst reichlich: kein Wunder, wenn Georg auch Gebrauch von der seinigen machte und grob wurde, und das rechtschaffen. Lisbeth kam sich die brävste und die unglücklichste Frau von der Welt vor, wenn sie den ganzen Tag sich's hatte sauer werden lassen und der Mann, der getan hatte, was er mochte, noch am Abend ins Wirtshaus ging. Georg trank, wie man zu sagen pflegt, keinen »bösen Wein«, er kam als der »best' Kerle« vom Adler heim; aber sie verstand es, ihn mit spitzigen Reden am Ende in eine wahre Berserkerwut zu bringen. Dann tobte er wohl wie rasend, warf Schüsseln und Teller klirrend zu Boden, daß Lisbeth zitternd und regungslos in der Ecke saß; aber nie, im heftigsten Zorne nie, hat er Hand an sie gelegt, obwohl die Mißhandlung eines Weibes nach Dorfgesetzen für kein großes Vergehen gilt.

[364] So konnte es im Dorf nicht verborgen bleiben, daß das Glück des Paares nicht so groß sei; wehe aber denen, die sich irgendwie einmischen wollten! Georg duldete nicht die leiseste Anspielung auf sein böses Weib, und Lisbeth wußte andern Weibern, die etwa ihr Los beklagten und den Georg tadelten, ihre Männer in einer Weise zu charakterisieren, daß sie keine Lust zur Fortsetzung des Gesprächs hatten. War Georg krank, so pflegte sie ihn mit einer Sorgfalt, einer Weichheit beinahe, wie sie auf dem Dorf sonst selten ist, selbst ihre Sparsamkeit trat dann in Hintergrund; sie nahm keine Ausgabe, keine Versäumnis der Arbeit schwer, wenn es um seinetwillen nötig war. Georg konnte nie sehen, wenn sie sich mit zu harter Arbeit plagte; freilich tat er wenig, ihr die Sorge dafür abzunehmen, aber er hätte gern zehn Tagelöhner gehalten, um ihr die Mühe zu ersparen, und wenn er ihr mit einem schweren Grasbündel begegnete, so nahm er es von ihrem Kopfe und trug es heim, eine für einen Bauern fast unerhörte Galanterie.

Trotz dieser jeweiligen Zärtlichkeit sank aber doch das Glück des jungen Hausstandes zusammen, noch ehe es recht aufgebaut war, und zu derselben Zeit wankte auch des Schultheißen Haus und tat einen großen Fall. Es war von dem Tode seines Weibes an, die kurz nach Georgs Hochzeit starb, rasch mit ihm abwärts gegangen. Er hatte gern den Herrn gespielt, ein Haus gemacht, was auf dem Lande manchmal noch mehr kostet als in der Stadt, wo viel mit dem Schein abgemacht wird, und wollte immer für reicher gelten, als er war, was das sicherste Mittel ist, immer ärmer zu werden. Als der Schaden herauskam, ward seine redliche Amtsführung verdächtigt; – er ward abgesetzt, und sein Vermögen reichte eben zur Deckung des Restes und für seinen notdürstigen Unterhalt hin.

Einen solchen Fall mit Gleichmut oder gar mit Großmut zu tragen, wäre auf dem Dorf, wo der Besitz die ganze Lebensstellung des Menschen bedingt, fast zu viel verlangt. Lisbeth wollte ihrem Mann nicht eben dies Unglück vorwerfen, aber es sollte ihn nach ihrer Ansicht fleißiger, sparsamer, demütiger machen. Georg aber, aus falscher Scham, wollte jetzt gerade[365] zeigen, daß er doch noch der Mann sei, und nahm jeden Tadel Lisbeths als Vorwurf wegen seines Vaters Mißgeschick auf. »Du bist die Bäuerin,« sagte er, wenn sie ihm seine Verschwendung und Faulheit vorhielt; »mich geht dein' Sach' nichts an, ich bin nur so ein Lumpenbub'.«

Mehr als alles aber wurde Lisbeth von einer maßlosen Eifersucht verzehrt, zu der ihr der Mann in Wahrheit nie Grund gab; ihm waren andre Weiber gleichgültig; wenn er mit ihnen scherzte, so war es seinem Weib zum Trotz oder um sie zu reizen. Sie aber stand oft noch um Mitternacht von ihrem Lager auf und schlich sich vor das Fenster des Wirtshauses, um zu spähen, ob er der Wirtin oder Kellnerin nicht schöntue; er, um Auftritte im Ort zu vermeiden, suchte immer lieber sein Vergnügen auswärts.

Natürlich ging es unter diesen Umständen mehr und mehr rückwärts mit dem Besitzstand, was auch Lisbeth tun mochte, um ihn zusammenzuhalten. Sie wurde darüber immer erboster, immer griffiger, und er im Trotz des bösen Gewissens immer heftiger; keine gute Stunde zog mehr herauf über das gottverlassene Haus.

Scheidung

Einmal schien es doch, als ob Georg sich fassen wollte; er blieb ein paar Abende daheim, bekümmerte sich mehr um die Feldarbeit und rüstete sich, am nächsten Markttage Frucht in die Stadt zu fahren, weil sie eben hoch im Preise war. Lisbeth sah es nie gern, wenn er in die Stadt ging, doch wußte sie, daß ihr Widerspruch nichts ändere; daher begnügte sie sich nur mit Anspielungen, wieviel von dem Geld wohl in Wirtshäusern bleibe und was für schöne Jungfern er unterwegs werde aufsitzen lassen. Er erwiderte nichts und machte sich fertig. Vor dem Abfahren ging er noch hinauf, Lisbeth hatte sich hinter den Kücheladen gestellt, um ihn gehen zu sehen; aber als er kam, rumorte sie in der Küche, als wäre sie in vollster Arbeit. Georg ging hinein und bot ihr die Hand zum Abschied; das war lange nicht geschehen, und Lisbeth sah ihn [366] erstaunt, fast traurig an, eine seltsame Bewegung zuckte durch sein trotziges Gesicht. »B'hüt di Gott, ich komm' bald wieder,« sagte er. – »Ja, wenn's g'wiß ist,« sagte Lisbeth halb im Scherz; »wenn d' um elfe noch nicht da bist, will ich eben in den Chausseegräben nach dir gucken lassen.« Das war eiskalt Wasser auf sein aufwallendes Herz; er wandte sich trotzig um und fuhr ab mit lautem Peitschenknallen, ohne auch nur einmal sich nach dem Haus umzusehen, wo Lisbeth noch lange hinter dem Kücheladen stand und ihm nachschaute.

Georg kam am Abend nicht zurück, auch nicht am folgenden Tag. Lisbeths Bruder ging in die Stadt, um nach ihm zu fragen. Er hatte seinen Dinkel verkauft, Wagen und Pferde aber im Wirtshaus zurückgelassen nebst einem Brief an sein Weib. Niemand wußte, wohin er gegangen.

Der Bruder brachte Lisbeth diese Kunde und den Brief; sie zitterte so, daß sie ihn nicht öffnen konnte, er mußte ihr ihn vorlesen; Georg war immer gut in der Feder gewesen. Der Brief lautete:


»Geliebte Elisabeth!


Ich gehe fort in die weite Welt, vielleicht wirst Du nichts mehr von mir hören. Verzeih' Dir's Gott, daß Du mich so hinaustreibst, denn es ist von Deinetwegen, daß ich fort muß und kann's nimmer aushalten daheim. Es ist mir wohl bewußt, daß ich meinerseits auch den Fehler gemacht habe, aber das weiß Gott, daß ich Dir hätte alles zulieb tun können, wenn Du mich mit Liebe behandelt hättest. Ich will mich jetzt allein in der Welt fortbringen, daß ich mir nicht mehr von meinem Weib darf das Essen vorwerfen lassen. Einen andern kannst Du nicht nehmen, denn wir sind doch noch Mann und Weib, und ich glaub's auch, daß Du Dich mit keinem einläßt, ich hab' jederzeit mehr Zutrauen gehabt zu Dir als Du zu mir. Wenn Du in eine Not kommst, so laß mich's wissen; dem Wirt in Senzheim, bei dem ich eingestellt hab', will ich's vermelden, wo ich hingehe. Und leb wohl, ich trag' Dir nichts nach.

Dein getreuer Georg.«


[367] Als Lisbeth den Brief gehört und begriffen hatte, daß ihr Mann nicht wiederkomme, warf sie sich wie sinnlos auf die Erde und schrie zum Verzweifeln. Verwandte und Nachbarinnen sammelten sich, um sie zu trösten; der geeignetste Trost schien ihnen eben die Schlechtigkeit ihres Mannes: »Sei doch froh, daß er fort ist! Dein Sach' wär' ja voll hin gewesen bei dem Vertuner.« Endlich stand Lisbeth auf, und sie, die bis dahin nie geklagt, brach nun in eine Flut von Klagen und Schmähungen über ihren Mann los, daß selbst die beredtesten unter seinen Feinden dagegen verstummten. »So, jetzt hab' ich euch meine Meinung gesagt,« schloß sie, »ihr alle aber haltet 's Maul über ihn! Meine Sache ist's allein, er hat keinem nichts zuleide getan als mir.« Lisbeth suchte vergeblich, von dem Wirt ihres Mannes Aufenthalt zu erfahren; er gab vor, ihn selbst nicht zu wissen. Ihr Bruder bestand darauf, eine Scheidungsklage einzuleiten; sie weigerte sich lange und ließ es erst geschehen, als sie hörte, daß sich Georg dann selbst stellen müsse. Er wurde in den Zeitungen aufgerufen, sich zur Bereinigung der Sache persönlich einzufinden, widrigenfalls er wegen böswilliger Verlassung geschieden werde.

Drei Tage vor dem festgesetzten Termin saß Lisbeth in ihrer Kammer, es war Nacht und gar still; Lisbeth blieb immer lange auf, sie hatte nur wenig Schlaf in den letzten Monaten. Da hörte sie das Bellen eines Hundes; den Ton kannte sie, es war der Sultan, Georgs treuer Hund. Das Haus war verschlossen, aber das Fenster noch offen bei dem warmen Wetter; in tödlichem Schreck sah sie Georgs Kopf am Fenster, im Augenblick darauf hatte er selbst sich hereingeschwungen. Lisbeth stieß einen durchdringenden Schrei aus, so daß der nebenanwohnende Bruder eiligst herüberkam; er fand sie zitternd und bleich, wie sie die Hände vor sich ausstreckte und immer schrie: »Bring mich nicht um, bring mich nicht um!« Georg aber stand ruhig am Fenster und sagte: »Was ist das für ein G'schrei? Ich hab' ja nur fragen wollen, ob's der da«, auf Lisbeth deutend, »Ernst sei mit dem Scheiden.« Lisbeth schwieg, der Schwager aber hub an und hielt dem Georg sein Sündenregister vor, so bündig [368] und nachdrücklich, daß dieser nicht viel darauf erwidern konnte. Er tat es auch nicht, nur als der Schwager zu Ende war, rief Georg zu Lisbeth hin über: »Dich frag' ich, du willst dich scheiden lassen, du?« Er schritt auf sie zu, sie schrie aber wieder: »Er bringt mich noch um!« Endlich aber sagte sie trotzig: »Du hast angefangen mit dem Scheiden, wo du fortgegangen bist; ich bleib' dabei.« – »So tu' ich's auch,« sagte Georg und ging. Er blieb bei seinem Vater, der ein elendes Kämmerlein bewohnte; Lisbeth fürchtete sich und schlief die Nacht bei der Schwägerin.

Nach drei Tagen war Lisbeth vor das Oberamtsgericht beschieden; sie machte sich früh am Tage auf, das Körbchen am Arm, ohne das eine Bäuerin nie über Feld geht, wenn auch die Zeiten längst vorüber sind, wo eine »Schmierale« für den Beamten darin lag. Wer sie seit ihrem Hochzeitsmorgen nicht mehr gesehen, hätte sie kaum mehr gekannt: schlaflose Nächte, kummervolle Tage und ein friedeloses Gemüt hatten diese Furchen in dem noch jungen Gesicht gezogen; doch aber war sie mit ihrer aufrechten Haltung, ihrem sauberen, wohlgeordneten Anzug noch eine stattliche Bauersfrau zu nennen; sie sprach mit niemand, und ihr Gesicht verriet keine Art von Bewegung, wie sie so geradeaus in stetem Schritt ihres Weges ging. Noch war sie nicht weit gegangen, als sie hinter sich fragen hörte: »Wo 'naus so früh?« Die Stimme war ihr nur zu wohl bekannt, sie brauchte sich nicht umzusehen, zumal da auch der Sultan an ihr in die Höhe sprang. – »Nach Senzheim,« erwiderte sie kurz. – »Ist's auch erlaubt, daß man mitgeht?« fragte Georg, der sie eingeholt hatte. – »Der Weg ist breit, ich hab' ihn nicht im B'stand (gepachtet),« sagte sie kurz angebunden. So gingen sie des Wegs zusammen, sie hüben und Georg drüben; aber wie das so ging, vor Verlauf einer Viertelstunde wandelten sie dicht nebeneinander. »Horch,« fing Georg an, »so, wie ich b'richtet bin, scheid't man einen nicht, wenn zwei voneinander wollen, eins von beiden muß den schuldigen Teil machen.« – »Das wird gut finden sein, wer bei uns der schuldige Teil ist,« sagte Lisbeth schnippisch. – »Den schuldigen Teil heißt man[369] den, der nicht mit dem andern hausen will; wenn dann ich aber wieder will?« – »So will ich nicht,« sagte sie heftig. – »Ja siehst, dann wirst eingesperrt, das ist nichts für ein Weibsbild; da will lieber ich der Schuldige sein, mir macht's so viel nicht aus.« Lisbeth schwieg. Georg fragte nach dem Vieh, den Gütern, sie gab Antwort, und wer die zwei des Wegs dahingehen sah miteinander, der hätte gedacht, ein einträchtiges Ehepaar besorge seine Geschäfte zusammen.

Sie kamen an einen kleinen Bach am Weg, der vom Regen hoch angeschwollen war; Lisbeth wollte Schuhe und Strümpfe ausziehen. »Ach, was braucht's den Umstand!« sagte Georg, nahm sie auf die Arme und trug sie hinüber.

So kamen sie zur Oberamtsstadt, betraten miteinander das Gerichtsgebäude und setzten sich nebeneinander auf die eine Bank in dem Partienzimmer. Lisbeth wurde auf einmal sehr blaß. »Was hast,« fragte Georg, »ist dir's weh?« – »Der Schlaf ist mir, glaub' ich, in Magen gefallen,« sagte sie halblaut. Georg sprang ins nahegelegene Bäckerhaus und holte alten Wein und Wecken, was sie wieder zu Kräften brachte.

Sie hatten lange zu warten; endlich rief der Oberamtsrichter den Amtsdiener: »Ist die Elisabeth Walter draußen, deren Scheidungsklage anhängig ist, und hat sich der Ehemann eingestellt?« – »Draußen ist kein streitiges Ehepaar, Herr Oberamtsrichter, zwei Leute sitzen in großer ›Liberität‹ beisammen; wird wohl ein Brautpaar sein, das Sporteln zahlen will.«

Zu großem Erstaunen des Dieners fand sich doch, daß das einträchtige Paar die streitigen Eheleute waren, und wer die beredte Schilderung der Lisbeth über das Elend ihres Ehestandes und die Untaten ihres Mannes anhörte, konnte auch daran nicht zweifeln. Georg konnte nicht viel widersprechen, es war alles wahr; nur einmal meinte er, »wenn man ›falsch‹ 1 werde bei so einer ›Giftkugel‹, so sei's kein Wunder«. – »Habt Ihr von Anfang an einen Widerwillen gegen die Verbindung mit Eurer Frau gehabt?« fragte der Richter. – »I, o nein, [370] [372]sell net! O wie oft hab' ich g'sagt: Bethle, wenn i di no fressa könnt'! Hätt' ise selbigsmol no g'fressa!« setzte er mit einem schweren Stoßseufzer hinzu. – »Ihr habt Euer Weib freiwillig und heimlich verlassen und verweigert auch jetzt noch die Fortsetzung der Ehe?« – »Ja, das tu' ich, ich glaub' nicht, daß ich's wieder prestieren könnt', wenn ich auch wollt'.« – »Und Ihr, Elisabeth Walter, besteht auf der Fortsetzung der Ehe?« – »Ich, bestehen! Ja lieber in Neckar springen!« schrie diese erbost, »ich werde ihm noch nachlaufen; jawohl da!«

Vergebens suchte Georg sie durch Winke und Blicke zu bedeuten, daß das ja nur der Form wegen nötig sei, sie konnte sich durchaus nicht dazu verstehen. Da nun beide Ehegatten auf der Scheidung bestanden, so konnte nach unsern Gesetzen der Scheidungsprozeß nicht vorangehen, und der Richter entließ sie mit einer nachdrücklichen Ermahnung zur Versöhnung, die ihm bei dem unverkennbaren Interesse beider füreinander nicht unmöglich schien.

Da Lisbeth sich lange nicht entschließen konnte, ihrerseits auf dem Zusammenleben zu bestehen, und Georg ebensowenig sie als den sogenannten schuldigen Teil ins Gefängnis gehen lassen wollte, so zog sich der Prozeß lange hinaus. Gar manchmal wanderten die zwei noch zusammen vor Amt, und immer trug Georg die Lisbeth über den Bach, trug ihr den Korb, bog die Zweige auseinander, die hätten ihr Gesicht streifen können, und hütete sie vor jeder Gefahr, die ihr etwa auf dem Weg begegnen konnte, und staunend und kopfschüttelnd sahen die Leute vom Dorf dem seltsamen Paar nach.

Liebe im Streit

Es kam endlich doch zur Scheidung; die Geschwister Lisbeths hatten alles getan, sie zu fördern, und Georg tat nichts, sie zu hintertreiben. »'s ging nimmer,« versicherte er, wenn gute Freunde ihm zuredeten, er solle doch nicht so dumm sein und von einem Weibe gehen, die »Sach g'nug« habe; »'s geht nicht, ich werd' nimmer anders und sie vollends gar nicht; 's ist besser, wir sind voneinander.«

[372] Als sie vom letzten Gange vom Sitz des Gerichtshofes, wo die Scheidung vollzogen worden war, zusammen heimkehrten, sagte Lisbeth spitzig: »So, jetzt kannst nehmen, wen du willst.« – »Erst nicht,« sagte Georg, »ich bin der schuldig Teil, ich darf nicht heiraten ohne deine Erlaubnis.« – »Ich heb' dich nicht,« schnauzte sie mit glutrotem Gesicht. – »Du darfst heiraten, wenn d' willst,« sagte Georg, »aber,« indem er sich mit geballten Fäusten vor sie hinstellte, »guck, tot schlag' ich dich, maustot, wenn d' einen andern nimmst.« Schweigend zogen sie miteinander nach Haus, bis sie sich trennten vor Lisbeths Türe.


[373] Georg hatte nichts von seinem Weibe anzusprechen, er hatte nicht viel beigebracht und noch weniger etwas errungen. Er hatte immer besonders gut mit Pferden umgehen können und verdingte sich nun als Kutscher zu einer Herrschaft in der Stadt. Ehe er ging, nahm Lisbeth, die karge Lisbeth, drei Wochen die Nähterin ins Haus und ließ ihn mit Weißzeug neu ausstaffieren. In der Nacht nahm er noch Abschied von ihr, und sein letztes Wort war wieder: »Totschlag' ich dich, wenn d' einen andern nimmst.«

Georg war fort, und bald erfuhr man, er sei mit seinem Herrn nach Frankfurt. Lisbeth, die einigemal heimlich vor seiner Abreise in der Stadt gewesen war, hatte das zum voraus schon gewußt; sie hatte auch erfahren, daß der Herr außer seinem Kutscher noch einen jungen Burschen zur Bedienung mitnehme. Durch allerlei Schleichwege, befreundete Mägde und dergleichen wußte sie dessen Bekanntschaft zu machen, und sie versprach ihm jährlich ein reiches Geschenk, wenn er ihr immer von Zeit zu Zeit Nachricht über den Georg gebe, über alles, was er tue, und besonders wenn er weibliche Bekanntschaften mache; nur die bestimmte Versicherung, daß er ihrem Wunsch entsprechen werde, konnte sie etwas beruhigen.

Dem Georg fiel das Heiraten nicht ein, obwohl ihn Lisbeth mit rastloser Angst bewachte oder bewachen ließ. So oft er in die Gegend kam, kehrte er bei ihr ein und brachte alle Zeit, die er von seinem Dienst abwesend sein konnte, bei ihr zu. Gewöhnlich sprang ihm der Sultan voran, und wenn Lisbeth den bellen hörte, kehrte sie vom dringendsten Feldgeschäft um und ging nach Hause. Die Nachbarn behaupteten, ihr Kamin rauche nur dann recht, wenn der Georg da sei; sonst steige das ganze Jahr nur so ein dünnes Schwänzle in die Höhe.

Georg hatte sehr einträgliche Dienste, und das Dorf erstaunte über die reichen Geschenke, die feinen Tuchkleider, warmen Halstücher und seidenen Schürzen, die er der Lisbeth brachte oder schickte. Sie machte ihm darüber Vorwürfe: »So [374] kommst du zu nichts und bleibst der alte Lump.« – »Wenn ich nichts mehr hab', so verhältst du mich,« sagte er lachend. – »So meinst?« – und doch zog sie mit besonderem Stolz die Sachen an und hatte nicht Ruhe, bis man sie darüber berufen und den Staat bewundert hatte.

So ging das lange Jahre fort; Georg hatte keinen Grund zur Eifersucht, Lisbeth bekümmerte sich um keinen Mann, die ihrige aber blieb rastlos wach. Der Fall kam freilich auch vor, daß Georg dienstlos war, und Ersparnisse konnte er jetzt noch so wenig machen wie vorzeiten. Dann nahm er seine Zuflucht zu Lisbeth, als ob sich das von selbst verstände, und sie wohnten zusammen wie in den alten Tagen, bis Georg wieder eine Stelle fand.

Einmal, nach einer längeren Abwesenheit Georgs, in tiefer Nacht hörte Lisbeth vor ihrer Tür das klägliche Winseln eines Hundes; sie sprang aus dem Bette und öffnete: es war der Sultan. Sie dachte an Geschichten, wo Hunde Hilfe zu Toten oder Verwundeten geholt, und zündete die Laterne an, um zu sehen, ob der Hund nicht auf eine Fährte leitete; aber er blieb da und hatte, wie's schien, keinen Willen, als ins Haus zu kommen; er legte sich oben ruhig vor Lisbeths Bett nieder, während er sonst in lustigem Aufhüpfen und wildem Hin- und Herspringen die Ankunft seines Herrn verkündet hatte.

»Mein Mann ist gestorben,« sagte Lisbeth am andern Morgen zum Bruder. – »Ach, was bild'st dir ein!« sagte der. – »Und ich weiß gewiß, daß er tot ist,« versicherte sie und rüstete ihre Trauerkleider.

Nach vierzehn Tagen erst kam der Totenschein des Kutschers, der im Ausland gestorben war. Das wenige, was er hinterlassen, [375] hatte er seinem Weibe vermacht. Lisbeth hat von der Zeit an nie mehr helle und farbige Kleider getragen. Sie war noch wohlerhalten und hatte ihr Besitztum durch Fleiß und Sparsamkeit wieder sehr gehoben, so daß es ihr jetzt noch nicht an Freiern gefehlt hätte. Aber sie sahen bald, daß da nichts zu hoffen war. Sie verkaufte ihre Güter und zog sich in die Hinterstube ihres Hauses zurück. Sie ist sehr alt geworden. Der Sultan blieb bis zu seinem Ende ihr einziger Gefährte, nachher war sie ganz allein.

Fußnoten

1 zornig.


License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Wildermuth, Ottilie. Vom Dorf. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A811-1