[30] [33]Naturseelen

Der verlorene Bruder

Wie ein gezäumtes Wildroß
Mit weiten Nüstern lauscht,
Wenn frei durch Grases Wogen
Der Brüder Herde rauscht:
So horcht mein Haupt und taucht
Vom Fenster in die Nacht,
Wenn draußen freier Lüfte
Stürmender Drang erwacht.
Da neigen sich und flüstern
Willkommen Baum und Strauch,
Die heiße Stirn umschmeichelt
Des Regens kühler Hauch.
Und aus des Laubes Rauschen,
Aus Sturmes wogendem Laut
Tönt rührend eine Stimme,
Geschwisterlich vertraut.
Da ist mir, als erwach ich
Aus langem schweren Traum/
Ich bin ja euer Bruder,
Sturm, Regen, Fels und Baum!
Weh, daß ich mich verirrte
Von euch in fremdes Land,
Wo mich ein Fluch in banges
Gemäuer hält gebannt!
[33]
Nun steh ich hier und breite
Die Arme schmachtend aus,
Und lausch', in Weh verloren,
Dem lockenden Gebraus.
O könnt ich zaubern lernen/
Ich spräch ein kräftig Wort,
Entrollte stolz den Mantel
Und flög im Sturme fort.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Wille, Bruno. Gedichte. Der heilige Hain. Naturseelen. Der verlorene Bruder. Der verlorene Bruder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A9F6-8