Das achte Lied
Auf die der überirdischen Rosemund liebes-reitzende augen

gesetzt durch Mal(achias) Siebenhaaren.

1.
Halt/ liebe Rosemund/ die Liebes-reizerinnen/
die lieben augen weg/ sonst schmachten meine sinnen
für ihrer liebes-gluht/ die Liebreitz angezündt/
und die Liebinne nährt/ Du Blitz- und sternen-kind.
2.
Ei lieber! wan es dir belieblich ist/ mein Leben/
so halt mit lieblen ein; ich bin dir ja ergeben/
ich bin ja dich allein zu lieben auserkohrn;
wie du zu lieben nuhr so lieblich bist gebohrn.
[290] 3.
Laß aber den nicht nach zu lieben/ der dich liebet/
der sich aus liebe dier/ o Liebste/ gantz ergiebet/
und laß mich/ trautes Lieb/ dein liebster Liebling sein:
dan dich erhöb' ich/ lieb' ich/ lob' ich nuhr allein.

[291] An die Wohlädel-gebohrne Schatz-währt

1.
Sol ich solche hohe tugend/
die uns reisset aus uns hin/
Schatz-währt/ solchen weisen sin/
solche zier der zarten jugend/
den sie bliklich kan erweisen/
mit geschränkten liedern preisen?
2.
Gerne wolt' ich solches zahlen/
was die schöne Ledar heisst;
aber ihrer tugend strahlen
tränken meinen ganzen geist/
daß ich mich nicht kan besinnen
ein so hohes zu beginnen.
3.
Doch ich kan so viel noch denken/
daß ihr Liebster ihr ist hold/
weil sie ihm das hertz kan lenken/
und sie höher hält als gold/
als ein reiches kaufmans-schif/
das der wind im Ost anpfiff.
4.
Warlich er ist hochbeglükket/
daß ihn solch ein wunder-bild/
solche schönheit/ helt bestrükket/
die noch mehr als perlen gilt.
O wie wohl ist der daran/
der so glüklich leben kan!

[292] Als er von einem hochadelilichen Frauenzimmer/ der lustigen/ Schatz-währt/

scheiden muste.

auf fürhergehende stimme.

1.
Ach weh! wie ist mein hertz mit angst und schmertz ümgeben;
Nichts ist/ das trösten kan mein als-entseeltes leben;
Nichts ist das laben mag mich armen in der pein/
An der ich itzund mus so fest verhaftet sein.
2.
Mein abschied ist einmahl/ ja mehrmahl/ ausgesprochen/
Auf Deutschland steht mein sin/ da ich in wenig wochen
Rund üm den Elben-strohm von Holland singen will.
Gott gebe/ daß der wind mier werde from und stil.
3.
Richt auf dein klares häubt/ Du Königin der sterne/
Erleuchte mich und die/ die mir seind hold von ferne.
Träu bleib' ich bis zum tod'/ und wündsch' euch tag und nacht/
Auf see und land/ daß euch der himmel nehm' in acht.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das achte Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AE89-1