[16] [21]M. Phil. Caesiens v. F. Himmlische Kleio oder Freuden-Gedichte auff die hoch-erfreuliche und verwunderliche Geburths-Nacht unsers neugebohrnen Jesuleins

Denen Wohl-Ehrwürdigen/ EhrenVesten/ GroßAchtbahren Hoch und Wohl-gelährten Herren.


Herrn Johann Müllern/ der Heiligen Schrifft weitberühmten Doctorn und Wohl-verordneten Pfarrern der Haupt-Kirchen zu S. Peter in Hamburg.


Herrn Nicolaß Schaffshausen/ Beyder Rechten weitberühmten Doctorn und vornehmen Rechts-Verpflegern.


Herrn M. Jodocus Etzarden Wohlverordneten Pfarrern der Kirchen zu S. Michael in der Neustadt.

Seinen Hochgeehrten Herren und Großgünstigen Beförderern W.A.E.W.
M. Phil. Caesius v.F.

Der uns geschaffen hatt/ Der uns den Himmel schencket/
Der unser Bruder wird und fleischlich sich bekleidt;
Den sein geschöpffe selbst gebühret/ speist und träncket/
Den ich zu singen hier anitzo bin bereit/
Den aller-höchsten Schatz/ der alles überwieget
Was Himmel/ Erd' und Meer an schönen schätzen hat/
Den/ Den verehr' ich euch/ so werdt Ihr seyn vergnüget/
Ihr großen Männer Ihr/ Ihr Lichter dieser Stadt.
[21]
Ist gleich gering' und schlecht mein Verß hier an zu schauen
Ohn alle pracht der Wort/ ist desto höher Der/
Auff dessen Gnad' und Gunst wir allzeit können bauen/
Der keine stoltze Pracht ansiht/ noch bringt anher.
Nehmt/ leset dieses durch und bleibet mir geneuget/
Erkennet mein Gemüth indeß/ Geehrte Herrn/
So lange biß sich auch ein mehrers von mir zeiget;
Nun lebt in Fried und Ruh/ Unfriede weiche fern!

[22] 1. An den Neugebohrnen Friede-Fürsten

Willkommen/ süßes Kind/ Du schöne Himmels-Speise/
Du Brunn von Bethlehem/ da Nectar überquillt
und unsre Seele tränckt. Vergönne/ daß ich preise/
Du Wort des Vaters/ Dich; Gib Gnade/ so du wilt/
Daß ich dein Nahmens-Lob erheben mag auf Erden/
Wodurch ein fromm Gemüth die Seeligkeit gewinnt.
Ach! möchte nun mein Hertz alßbald zur wiegen werden!
So wolt ich nehmen ein/ dich/ wunder-schönes Kind/
Du liegst da bloß und arm und zihst vor frost die Lippen/
Du Leit-stern Israels/ Du Väter Vater Du
und auch des Vaters Sohn; Du hast in einer Krippen/
Du Schöpfer aller Ding'/ erwehlet deine Ruh:
Das soll die Wiege seyn! was hastu nun für Betten?
da find' ich Stroh und Heu/ das Ochs' und Esel frist:
Ach wolte/ wolte Gott! daß wir gelebet hetten/
Da Joseph dich/ ô Kind/ zum erstenmahl geküst
und fleischlich angeschaut! wie wolt ich dich empfangen!
Die Wiege solte seyn besteckt mit Roßmarien/
und was bey diesem frost und kälte nicht vergangen:
Ich wolte küssen dich/ Du Himmlischer Rubien!
Du edles Kleinod Du/ Du Trost der armen Schwachen
Du soltest meine Lust und beste Freude seyn:
Nun kann ich nicht allhier Dich leiblich sehen lachen/
So wird es geistlich dort geschehn/ mein Jesulein!

[23] 2. Sonnet
Jesus Christ

Durch Buchstaben-versetzung reuchst süß.


Wer ist/ ô Jesu/ Dier auff Erden zu vergleichen?
Dann du reuchst süß und schön/ du edle Rosen-Blüth/
Die Jericho gezeugt/ die immer wohlgeriet;
Den lieblichen Geruch kann Balsam nicht erreichen/
Es muß Dier Libanon und auch Egypten weichen/
Dann Du reuchst süß und schön/ erfreuest mein Gemüth/
So deine starcke Krafft empfindt und nach sich ziht/
Wann Du den süßen West von dier läst auff mich streichen.
Du sauberst mich durchauß und gibst mir solche krafft/
die niemahls hat erweckt der wohlgeschmackste safft;
Dein lieblicher Geruch kann dieses alles machen.
Ach! weiche nicht von mir/ sonst wird die Lust zergehn/
Wann auff mich hauchet zu des Satans wilder Rachen;
Entzeuch nicht deine Krafft/ denn Du reuchst süß und schön!

[24] 3. Weyh-nacht-Lied

Nach der Melodey: Wie schön leucht uns der Morgenstern etc.

1.
O Fürsten-Kind auß Davids Stamm/
O meiner Seelen Breutigam/
mein Trost/ mein Heil/ mein Leben/
Wie soll ich ewig dancken Dier/
Daß Du ins Elend kömmst zu mier?
Was soll ich Dier dann geben?
es geth und steth
außer Leiden/ nur in Freuden/
was man sihet/
Weil der Friedens-Fürst einzihet.
2.
Ich selbsten bin der Freuden voll
und weiß nicht/ was ich schencken soll
dem außerwählten Kinde:
Ach! hertzes Kind nim immer hin/
Nim hin mein Hertze Muth und Sinn/
und mich mit Lieb' entzünde.
schleuß Dich in mich/
in mein Hertze/ daß ich schertze/
ja dich küsse/
Dich auch ewig lieben müsse.
[25] 3.
Bleib/ höchster schatz/ ô mein Sapphier/
O mein Orion/ bleib bey mier/
Du Hoffnung der Verzagten;
Du Himmels-tau befeuchte mich/
Du Schönstes Manna zeige Dich
den Armen und Verzagten.
Laß nicht dein Licht
hier auff Erden tunckel werden/
Laß den Deinen
hier dein Wort noch ferner scheinen!

4. Das ander Weyhnacht-Lied

Auff Pindarische Art.

Der 1. Satz.

Warümb ist der Himmel offen?
Laß uns hoffen.
Wird die Nacht nicht hell und klar?
Es ist wahr.
Siht mann nicht den Mond verbleichen?
Er muß weichen.
Das gestirnte Wolcken-heer
Fliht je mehr und mehr;
Es entspringt ein neues Licht/
Das mit solchen güldnen strahlen
Durch die fünstern Nächte bricht
und der Wolcken zelt kann mahlen
Mit Rubien und Hyacinth/
Das den Nächten abgewinnt.
[26] Der 1. Gegensatz.

Was doch hört mann an dem Himmel?
Ein Getümmel.
und was ist das vor ein Klang?
Ein Gesang.
Der dort auß den Lüfften wallet?
Ja es schallet:
Eine süße Melodey
Macht uns Kummers-frey.
Hör ich/ oder deucht mich so/
Dort die güldnen Cherubienen/
Ach wie seyn sie doch so froh
Mit den klahren Seraphinen/
Hört das liebliche Gethön/
Ach wie klingt es nur so schön!
Der 1. Nachklang.

Freuet Euch alle/ seyd frölich im Herrn/
Das trauren sey ferrn/
Kommet und schauet und fürchtet Euch nicht/
Ein edeles Licht
Ist itzund auffgangen
Mit güldenen Wangen/
O fröliche zeit/
Jesus der Heyland ist heute gebohren/
Welcher zum Spiegel der Gottheit erkohren/
Wird itzund auch fleischlich bekleidt/
O fröliche zeit!
[27] Der 2. Satz.

Wer ists/ der sich hier einstellt?
unser Held.
Der dort ligt auff Stroh und Heu/
Sünden-frey?
Ach wie ziht Er ein die Lippen
In der Krippen/
Dessen Hände-werck wir seyn/
Der uns nehrt allein/
Der des Großen Gottes Sohn/
Mischt sich in der Menschen Orden/
Hat verlaßen seinen Thron
und ist unser Bruder worden:
Himmel/ Erde/ Lufft und Meer/
und was drinnen/ freut sich sehr.
Der 2. Gegensatz.

Wie mag dieses gehen zu?
Gleube du.
Muß Vernunfft dann schweigen hier?
Gleube mier.
Ey so nehm ich Adlers-augen!
Ja die taugen.
Denn ein Adler höher nicht
Durch die Wolcken bricht/
Wenn er seine kleine Zucht/
In dem Neste nicht mehr sihet:
Also meiner Sinnen flucht
Sich zu schwingen nicht bemühet
Weiter in die tieffe nein;
Sondern hier soll Glaube seyn.
[28] Der 2. Nachklang.

Sey uns willkommen du himlisches Kind/
So Friedlich gesinnt!
öffnet die Thore/ der Hertzog kömmt an/
Erweitert die Bahn;
Der König der Ehren
Der lässet sich hören/
O heiliges Licht!
Hertzog/ du Hertze des Friedens willkommen/
Friede wird heute verkündigt den Frommen
und zeiget sein güldnes Gesicht/
O heiliges Licht!
Der 3. Satz.

Kömmstu/ schönster Held/ zu mier?
Ja zu dier.
Wie soll das verschulden ich?
Liebe mich.
Sol nach deiner Lieb' ich streben?
Ja mein Leben.
Ey so komm: Ich bin verwundt/
Küsse meinen Mund/
O du süßer Breutigam/
Du Beherscher aller Hertzen/
Lesche meine keusche Flamm/
und der Liebe süße schmertzen/
Ich bin Dein und Du bist mein/
und Dich lieb' ich nur allein.
[29] Der 3. Gegensatz.

Wer benimmt uns so den Muth?
Liebes-gluth:
Frauen-Liebe brennt wohl sehr/
Diese mehr.
Ja es halten deine Wangen
Mich gefangen/
O du güldner Friedens-Held/
Der mir nur gefällt.
Gib daß unser Vaterland
Mag gedoppelt widerschauen/
Was der Feind von uns gewandt
und den stoltzen Frieden bauen/
Daß die gantze Christenheit
Dich erheb' in Ewigkeit.
Der 3. Nachklang.

Ehret den HErren/ lobsinget dem HErrn/
Preiset ihn gern.
Himmel und Erde laß hören ein Lied/
Sey immer bemüht
Die Stimme zu schwingen/
Den Heiland zu singen/
Zu itziger zeit.
Ehre sey Gott in der höhe dem mächtigen Herren/
Frieden auff Erden: Unfriede sey ferren!
Die Menschen seyn höchlich erfreut
Zu itziger Zeit!

[30] 5. De Nomine Jesu

Jesus Excipitur Sacratâ Virgine Solus;
Jesus Exulibus Subvenit Usque Suis.
Jesus Existit Suboles Unita Satori;
Jesus Existit Suavis Ubique Suis.
Jesus Existit Suavissima Vena Salutis;
Jesus Existit Sanctior Unda Suis.
Jesus Existit Sapientia Vera Salusque
Ille Evangelio Salvat Ubique Suos.

Auff den Nahmen Jesus

a ja mein Jesus ists Der niemand zu vergleichen!
r Er wird nur allein ein keusches Jungfer-Kind/
o stets den Seinen will die Helffers-Hände reichen/
nd trösten alle die/ die Ihm ergeben sind/
ein Vater der ist Gott/ von dem Er ist gezeuget;
ein einig ander Kind Er neben sich erkennt;
egiert mit Ihm zugleich. Er ist uns stets geneuget/
st selbst das Heil der Welt/ wie Ihn der Engel nennt.
teht wie ein heilig Quell den Seinen allzeit offen/
ränckt sie mir überfluß/ schänckt edlen Nectar ein
nd ist das Himmelbrodt/ der VäterWundsch und hoffen;
ein Evangelium ist süßer uns alß Wein.

[31] 6. Auff das Gemälde der Geburth unsers Trauten Jesuleins

Treugt der Mahler mein Gesicht
Oder kann ich sehen nicht?
Hatt mich dann ein Strahl verblendet/
Der vielleicht sich zu mir wendet
her auß deinen Eugelein
Oder solls was anders seyn?
Soltu/ großes Kind/ so liegen
In dem Winter ohne Wiegen/
Ohne Bett' auff Stroh und Heu/
in der Krippen auff der Streu?
Soll ein Ochs' und Esel liegen
Neben dieser Krippen-Wiegen?
Wunderschönes Kindelein/
Ey das müste Wunder seyn!

7. Jesus der Getreueste unter allen

Wie kömmt es immermehr/ daß ein getreuer Freund
So selten funden wird/ der alles hertzlich meint.
Wie ist die Treue dann so sparsam ausgesäet?
Ich suche wie ich will/ da find' ich kaum ein gran/
Und muß mich wundern nur/ daß sie so dünne stehet.
Ist etwan das die Schuld/ daß ich alleine trauen/
Auff Dich/ ô Jesu/ soll? Ach ja/ Ey nun/ wohlan!
So will ich auch hinfort auf deine Treue bauen!

[32] 8. Sonnet

Wer ist diß Wunder-Kind? Ein König groß geacht.
Von wannen kömmt Es her? Vom Vater der Es zeuget.
Wer ist der Vater dann? Gott selbst der für uns wacht.
Wer hat Es dann gebohrn? Die Jungfer die Es seuget.
Wie kann es gehen zu? Es bleibt unausgedacht.
Was thut Er auf der Welt? des Vaters Zorn Er beuget.
Wem thut Er diß zu guth? uns/ die Er seelig macht.
Was treibet Ihn hierzu? Weil Er uns sehr geneuget.
Wo ligt diß Wunder-Kind? Zu Betlehm in der hütten.
Ist dann kein Schloß nicht da? Gott liebt mehr Stall und Stroh.
Weßhalben thut Er diß? Er liebt die Armen so.
Wie liebt Er sie so sehr? Ohn Ihr Verdienst und bitten.
So liebet Er mich auch? Ja freylich liebt Er dich.
Ey nun so bin ich fro! und Ich erfreue mich!

ENDE.


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TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Himmlische Kleio. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF27-6