An die Liebinne/ aus einem Hochzeit-gedichte

1.
Ein steinern hertz und leere seele/
ein ungemeinter liebes-blik/
ein auge/ das in seiner höhle/
zwar rollt und schmollet ohne schrük/
jedoch nicht aus dem hertzen rührt/
ist nichts als rauch/ der uns verführt.
2.
Wer darf so hart für dier erscheinen/
und wil noch ungestraffet sein.
mag jemand deinen sohn/ den kleinen/
und dessen bogen/ flühn? ach nein.
Die pfeile gehen alzu recht/
die Hart-ahrt ist durch sie geschwächt.
[366] 3.
Die Hart-ahrt böbet nun und zittert/
sie hält üm schönes wetter an:
der kleine schütze steht und kittert/
weil sie ihm auch ist untertahn/
weil ihre jungferschaft sich fügt/
und in den letzten zügen liegt.
4.
Die Jungfer wird bald schlaffen gehen
nach ihrem letzten bette zu/
auf daß sie Fraue mag aufstehen/
der Himmel gäb' ihr rast und ruh/
und du/ o Liebes-Königin/
beglükke sie nach ihrem sin!
5.
Zeuch auf den fohrhang/ der ihr bette/
den tummel-platz der liebe/ dekt/
und schleus üm sie die güldne kette/
die hertz und hertz zusammen trekt/
damit sie sich verjüngen mag/
wie Fönix/ auf den andern tag.
6.
Der Mahn mus ihr zu bette leuchten/
die sterne bringen sie zur ruh/
die tropfen/ so das feld befeuchten/
die steigen nach den bergen zu;
Es ist die allerliebste nacht/
drüm hertzet/ schertzet/ schlaft und wacht.

[367] Reim-spruch.

Ein armer der gedültig denket/
ist als ein dacht in öhl gesenket:
Der aber dieses niemahls tuht/
ist als ein feuer ohne gluht.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Gedichte. Gedichte. Jugend-Flammen. Das vier und zwantzigste Lied. An die Liebinne. An die Liebinne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF39-D