[193] Das Eilffte Lied

1.
Die Fillis unlängsten sich einsam befande/
Nächst einem Gebüsche bey Corydons Strande/
Sie forschte die Sterne bey schattichter Nacht/
Ob irgend der Himmel sie hette bedacht:
Sie suchte Propheten/
Laß fleissig dabey
Die guten Planeten/
Sie suchte/ wo irgend ihr Liebester sey.
2.
Im siebenden Hause stund kräfftig die Sonne/
Im dritten sich eben auch gutes entsponne/
Das machte Sie frölich und sagte/ wohlan:
Nun setz' ich das klagen und zagen hindan:
Ich habe gesehen
Ein Zeichen allhier/
Bald wird es geschehen/
Mein Buhle wird balde sich nahen zu mier.
3.
Sie wolte noch ferner besehen die Finger/
Sie suchte die Freyer und fande nichts ringer/
Am kleinesten waren drey Striche zu sehn/
Ey sagte sie balde: Nun wird es geschehn:
Ich werde bekommen
Drey Männer/ fürwar!
Ich hab' es vernommen/
Sie werden mich lieben in aller Gefahr.
[194] 4.
Nun weichet ihr Sorgen/ ach! weichet von hinnen/
Ich werde nun immer was liebes beginnen/
Ich laße den Schmertzen/ das traurige Weh;
Ich mache mich lustig: Drüm trauren ade:
Nun kann ich mich üben
In völliger Lust;
Nun werden mich lieben
Die/ denen mein schertzen und Hertze bewust.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das Eilffte Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF44-4