[363] Das vier und zwantzigste Lied

An die lieb- und freundseelige Adelmund/ als Er gezwungen ward von Ihr zu scheiden. fast nach der welschen weise/ Amarilly mia bella.


[364] 1.
Träu' im lieben
mus man üben
bis in das kalte grab.
Drüm/ Adelmunde/
dieweil ich diese stunde
mus scheiden ab
von deinem lieben blikke/
der mich fast zieht zurükke/
so wollst du mich durch unträu' nicht betrüben.
Träu' im lieben/ träu' im lieben/ träu' im lieben
mus man üben.
2.
Meinem hertzen
machstdu schmertzen
mit deinem letzten blikk'.
Dein auge strahlet
ins hertz hinein/ und mahlet
dich ab/ o glük!
dein bildnüs wil ich ehren/
dein lob sol mancher hören.
Ach! Adelmund/ dis sag' ich ohne schertzen;
meinem hertzen/ meinem hertzen/ meinem hertzen
machstdu schmertzen.
[365] 3.
Ach! nuhn scheid' ich/
ach! nuhn leid' ich
den allerhärtsten stoß.
Der seufzer mänge
fällt meinem leben strenge;
der schmertz wird groß.
Der matten augen blikke
gehn stets auf dich zu rükke.
Sei meinem Geist zu allerzeit erfreulich.
Ach! nun scheid' ich/ ach! nun scheid' ich/ ach! nun scheid' ich:
liebe träulich.

An die Liebinne/ aus einem Hochzeit-gedichte

1.
Ein steinern hertz und leere seele/
ein ungemeinter liebes-blik/
ein auge/ das in seiner höhle/
zwar rollt und schmollet ohne schrük/
jedoch nicht aus dem hertzen rührt/
ist nichts als rauch/ der uns verführt.
2.
Wer darf so hart für dier erscheinen/
und wil noch ungestraffet sein.
mag jemand deinen sohn/ den kleinen/
und dessen bogen/ flühn? ach nein.
Die pfeile gehen alzu recht/
die Hart-ahrt ist durch sie geschwächt.
[366] 3.
Die Hart-ahrt böbet nun und zittert/
sie hält üm schönes wetter an:
der kleine schütze steht und kittert/
weil sie ihm auch ist untertahn/
weil ihre jungferschaft sich fügt/
und in den letzten zügen liegt.
4.
Die Jungfer wird bald schlaffen gehen
nach ihrem letzten bette zu/
auf daß sie Fraue mag aufstehen/
der Himmel gäb' ihr rast und ruh/
und du/ o Liebes-Königin/
beglükke sie nach ihrem sin!
5.
Zeuch auf den fohrhang/ der ihr bette/
den tummel-platz der liebe/ dekt/
und schleus üm sie die güldne kette/
die hertz und hertz zusammen trekt/
damit sie sich verjüngen mag/
wie Fönix/ auf den andern tag.
6.
Der Mahn mus ihr zu bette leuchten/
die sterne bringen sie zur ruh/
die tropfen/ so das feld befeuchten/
die steigen nach den bergen zu;
Es ist die allerliebste nacht/
drüm hertzet/ schertzet/ schlaft und wacht.

[367] Reim-spruch.

Ein armer der gedültig denket/
ist als ein dacht in öhl gesenket:
Der aber dieses niemahls tuht/
ist als ein feuer ohne gluht.

Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das vier und zwantzigste Lied. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF81-7