Das Sechste Lied
1.
Als Adelhold auff eine Wiesen
Sehr traurig ausspazieren gieng/
Da lauter sanffte Winde bliesen
und Ihn das trübe Leid ümbfing/
setzt Er sich auff den grünen Plan
und rührt die güldnen Seiten an.
[135] 2.
Er sang von seiner Liebsten Tugend/
Von ihrer Zucht und Freundligkeit
Wie er im Anfang seiner Jugend
Sie hochgeliebet allbereit;
Neid tobe/ wie du immer wilt/
Sein wündschen ist doch wohl erfüllt.
3.
Seit daß ich bin von Dier wegkommen/
Du Nymfen-Sitz und Musen-Stadt/
Hat dreymahl ab- und zugenommen
Des schier erblassten Mondes Blat/
So lange bin ich allbereit
von dir entfernt/ O Adelheit.
4.
Es konte niemand mich bereden/
Daß auch so scharff und rauh der Nord/
Ich eylte fort gleich einem Blöden
An meiner Sinnen Freuden-Port/
Die Muld' und Elbe nam mich an
und hat mier alles guths gethan.
5.
Den Krantz/ den mier im kühlen Meyen
Zuletzte noch die Liebste schenckt/
Den wird mein Phöbus auch verneuen/
An den mein Hertze stets gedenckt/
Mein Phöbus der berühmte Mann/
Der so vortrefflich spielen kann.
[136] 6.
Ein Freuden-Lied solt' ich wohl singen/
Ach! aber welche böse Post/
Welch ein Geschrey hör' ich erklingen?
Was kömmt vor Bothschafft her von Ost?
Ist unsre Lieb' und Freundschafft todt?
Ach! O der übergroßen Noth!
7.
Doch muß ich mich nur drein ergeben/
Die Liebe stirbet nimmermehr/
Ob gleich der Leib ist ohne Leben/
Bleibt doch der Liebe Ruhm und Ehr;
Ich muß gedencken/ daß ich auch
nichts bin/ als lauter Schnee und Rauch.
8.
Mein Freund ist Gott der mich auch liebet/
und ohne falsch/ des tröst ich mich/
Dem sich mein Sinn und Hertz ergiebet
und fürchtet keinen Wütherich/
Neid/ tob' und wüthe/ wie du wilt/
Der Höchste Gott ist doch mein Schild.
9.
Ey nun Ade! Ich wil bald scheiden
und sehn/ wo schöne Büsche stehn/
Da mier den bunten Krantz mit Freuden
Wird geben und entgegen gehn
Mein' außerwehlte Nymf' und Braut
Die Ich von fernen schon geschaut.
[137] 10.
Also sang Adelheid zu letzte/
Daß Wald/ Berg/ Thal und Feld erschallt/
Als Er sich nun zu Schiffe setzte/
Zu segnen diesen Musen-Wald/
Trennt uns der Wind/ und dieses Licht/
Das nach der Abendröth' anbricht.