642. Hand wächst aus dem Grabe.

1.

Dor is mal eins 'n Jung west, dei hett na sin Mutter slagn. Dorup starw hei, und as hei bigraw'n is, wasst em sin Hand ut de Ird. Dunn seggen dei Lüd tau sin Mutter, sei sall dei Hand mit 'ne Raud' haug'n. Dit hett dei Mutter dan, un denn hett dei Dod' ümmer dei Hand rinner treckt; œwer den annern Morgen is dei Hand ümmer wedder dor west. Tauletzt hett dei Scharprichter kamen müst und hett dei Hand awhaugt. Dei is dunn in 'ne Schachtel leggt un in 'ne Kirch upbiwort word'n.


Küster Schwartz in Bellin, aus dem Munde einer alten Frau. Vgl. Schwarz 86; NS. 28, 46; Temme, Volkssagen der Altmark 56.

2.

Zu Petschow zwischen Tessin und Rostock wird in der Kirche hinter dem Altar eine in ein seidenes Tuch gewickelte Hand von einem Kinde aufbewahrt. Von dieser erzählt sich das Volk, ein ungerathenes [459] Kind habe seine Hand gegen seine Eltern erhoben, bald darauf sei das Kind gestorben und beerdigt worden, und die Hand, die es gegen seine Eltern erhoben, sei darauf aus dem Grabe gewachsen. Man habe sie mehrmals wieder in die Erde gelegt; aber immer sei sie wieder zum Vorschein gekommen, bis man sie endlich abgehauen habe.


Vgl. Kuhn, NS. 28.

3.

In Garwitz, einem Kirchdorfe in der Nähe Parchims, liegt in der Kirche hinter dem Altarbilde eine Hand, die gleich unter dem Gelenke abgehauen ist. Von dieser geht folgende Sage. Ein Mädchen mißhandelte seine Eltern sehr und schlug sogar seine Mutter so, daß diese in Folge dessen starb. Bald nach dem Tode der Mutter starb das Mädchen selber. Kaum hatte sie einige Tage im Grabe gelegen, so kam die frevelhafte Hand aus dem Grabe wieder hervor. Die Leute im Dorfe schlugen sie mit Peitschen und einigemale zog sie sich auch wieder unter die Erde. Zuletzt, da sie den Peitschenhieben nicht mehr wich, wurde sie abgehauen und wird noch jetzt aufbewahrt. Das Fleisch ist an den Knochen festgetrocknet und die ganze Hand sieht schwarz aus.


Mündlich aus Garwitz. Holldorf.


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TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. 642. Hand wächst aus dem Grabe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-D70A-5