555. Die Teufelsbrücke im Gahlenbeker See.

1.

In den Gahlenbeker See (in der Nähe von Friedland) streckt sich eine wahrscheinlich künstliche Landzunge bis etwa in die Mitte hinein. Dieselbe heißt die Teufelsbrücke und soll der Rest einer vom Teufel erbauten, aber unvollendet gelassenen Brücke sein. Ein Schäfer mußte die Heerde immer um den ganzen See herumtreiben, um zur Weide zu gelangen; das war ihm immer sehr ärgerlich und unter Fluchen wünschte er sich einst, daß eine Brücke über den See ginge. Kaum hat er den Wunsch geäußert, als ein Mann sich zu ihm gesellt, der ihm unter der Bedingung, daß er (der Schäfer) ihm angehören wolle, in einer Nacht, bis der Hahn dreimal gekräht hat, eine Brücke herzustellen verspricht. Der Schäfer ging auf den Vorschlag ein. Des Abends, als er heimgekehrt, erzählt er es seiner Frau. Die sagte gar nichts, sondern ging um Mitternacht in den Hühnerstall und weckte den Hahn. Der meinte, es sei schon Morgen und krähte dreimal. Das hörte der Teufel, der mit seiner Arbeit noch nicht fertig war, und zornig fuhr er durch die Luft von dannen, ohne die Brücke zu vollenden.


Fräulein W. Zimmermann in Neu-Strelitz.

2.

Nach anderer Fassung (von Primaner L. Pechel aus Röbel mitgetheilt) sagt der Teufel beim ersten Hahnenschrei:


De Hahn kreiht witt,

Dat is mi gor nich mit;

beim zweiten:

De Hahn kreiht rot,

Dat kümmt mi an min Bloot;

und beim dritten:

De Hahn kreiht swart, Dat kümmt mi an min Hart.

3.

Nach Niederhöffer (3, 29 ff.) kommt der Schäfer selbst auf den Gedanken, in den Stall zu gehen, den Hahn zu wecken und [400] ihm Futter vorzustreuen, worauf der Hahn dreimal kräht. Beim erstenmal sagt der Teufel:


Dat is de Witt,

Dat is so vęl as wenn de Hund schitt;

beim zweitenmal:

Dat is de Rod,

Dat geit mi dörch't Bloot;

beim drittenmal:

Dat is de Swart,

Dat geit mi dörch't Hart.


Als man die unvollendete Brücke fertig machen wollte, wurde, was des Tags gearbeitet worden, in der Nacht immer zerstört.

Vgl. noch Temme, Sagen aus Pommern S. 274 ff. Studemund S. 190 ff. und 221 ff. – Die gleiche Sage vom Duckwitzer See bei Tessin erzählt G.F.C. Neumann bei Niederh. 3, 204 ff.


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TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. 555. Die Teufelsbrücke im Gahlenbeker See. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-DF21-4