464. Die kalte Grütze.

1.

Im Wargentiner Felde, nahe der Basedower Scheide, ist eine Ackerstelle, die unter dem Namen ›de Koll-Grütt‹ bekannt ist. Diesen Namen führte sie schon vor 200 Jahren und verdankt ihn folgendem Anlaß. Ein Hirt, der hier die Heerde weidete, ließ sich von seiner Frau das Mittagbrod aufs Feld bringen und klagte immer darüber, daß es kalt geworden, was bei der weiten Entfernung nicht zu verwundern war. Einmal wollte die Frau ihrem Mann eine besondere Freude machen, schlug den Topf, in welchem sie ihm Grütze brachte, in viele Tücher ein, so daß sie warm blieb. Der Hirt, hungrig wie er war, fuhr schnell darüber her, in der Meinung, das Essen sei kalt wie immer, aber schon beim ersten Löffel stürzte er todt zusammen, er hatte sich den Schlund gänzlich verbrannt.


Vgl. Gotthardt, Sagen der Vorzeit Malchins S. 5 f.

2.

Die ›Leimkul‹ (Lehmgrube) am Hanstorfer Wege wird von den Leuten gewöhnlich ›dei Kollgrütt‹ genannt. Man erzählt sich, daß vor vielen Jahren der Hanstorfer Schäfer hier seine Schafe hütete und sich von seiner Frau immer das Essen nachbringen ließ. Sie brachte ihm meist Grütze, die war immer so heiß, daß sie erst eine Weile stehen mußte. Einmal aber hat der Schäfer einen Löffel davon ganz heiß verschluckt und ist wenige Tage danach gestorben. Seitdem heißt die Lehmkuhle ›Kollgrütt‹.


Gymnasiast Fr. Klockmann aus Hanstorf.


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TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. 464. Die kalte Grütze. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-E946-E