408. Der Bauhof bei Sülstorf.

Vor vielen hundert Jahren stand bei Sülstorf, unweit Schönberg, ein festes Schloß; rund umher konnten die Wiesen unter Wasser gesetzt werden, dreifache Wälle und tiefe Gräben umgaben den Burgplatz, zu dem nur ein einziger Eingang führte. Die Mauern waren aus mächtigen Feldsteinen aufgebaut, ein Thurm ragte über den Wald hervor, der die Burg umgab. Hier hauste Otto von Plön, ein übel berüchtigter Wegelagerer, mit seinen beiden jungen Söhnen. Wenn die Lübecker Kaufleute ihre reich beladenen Wagen in die Vaterstadt zurückführen wollten, schon ihre stolzen sieben Thürme erblickten und sich der überstandenen Gefahren und der Hoffnung des Gewinnes freuten, dann beschlich sie Otto von Plön, kam durch die Orte Großen- und Kleinenmist herangesprengt und brachte die reiche Beute auf seine Burg. Alles, was ihm aufstieß, raubte er und von Allen ward er gehaßt; oft ward er in seiner Burg belagert, aber er täuschte stets seine Feinde, denn er ließ den Pferden die Hufeisen verkehrt unterlegen, und so konnte man nie wissen, ob er mit seinen Reitern zurückgekehrt oder ausgegangen war. Aber der Bösewicht entgeht seiner Strafe nicht. Der Hirte von Rieps, Häne, verrieth es den von Schwerin herkommenden Feinden, daß der Ritter auf seiner Burg sei, und versprach ihnen, sie in die Burg einzuführen; als Lohn bedingte er sich aus, Brot bis in den Tod! Und glücklich war der Zug; die Burg wird erobert, Otto erschlagen, die beiden Söhne werden mit fortgeführt. Auch dem Verräther wird Wort gehalten: noch auf dem Zuge wird er erhängt und höhnend ihm zugerufen: nun habe er ja Brot gehabt bis in den Tod. Auf dem Riepser Felde stand eine alte Eiche, daran ward er gehangen, und das Land umher heißt noch der Hänenbrook; die Burg ward gebrochen, der Thurm niedergeworfen, die Gräben verschüttet. Hohe Bäume stehen jetzt auf dem Burgplatz und treiben ihre Wurzeln in die Keller [305] hinein, in denen ehemals Gefangene seufzten, die jetzt den Füchsen eine sichere Wohnung gewähren.


Archivrath Masch bei Niederh. 1, 87 f.; vgl. Studemund S. 100 f.


License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. 408. Der Bauhof bei Sülstorf. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-EABA-4