265. Installirungsbrief für den Saulgauer Scharfrichter.

1.

Gemelter Anton Sorg der wahren allein Seeligmachenden Katholischen Religion zugethan seyn und bleibe, auch in der K.K.V.Ö. Stadt Saulgau dem hiezu gehörigen Forst und Blutbahns Bezirk, wann und so oft das Forstamt, oder Malefitz Obrigkeit solches Befehlen, oder die Noth erfordert wird, sich als Ein Scharfrichter und Waasenmeister in allem deme, was einem solchen diensthalber gebühret, jederzeit willig und gehorsamm, ausser dem Stadt Saulgauischen Blutbahn, und Forst District ohne Erlaubniß der Malefiz Obrigkeit, und Forstgerichts keineswegs sich gebrauchen lassen, auch außer des Forst, oder der Wayd über [239] Nacht nicht ausbleiben, damit mann in allen Vorfallheiten wissen möge, wo er zu finden seye. Dargegen

2.

Ihme Anton Sorg für seine Besoldung Jährl. und jedes Jahr ins Besondere, neben der Einem Kleemeister gewiedmeten Wohnung, und Sechs Klaffter Holz, welche der Spital zu dessen Behausung ohnentgeltlich zu führen hat, von der V.Ö. Stadt Saulgau als Blutbahns Innhaberin für Warthgeld 12 fl. sammt 2 Malter Körnen, 2 Malter Roggen, 2 Malter Gersten, 28 Viertel Haber zu Unterhaltung Eines Pferdts, dann 2 Mannsmad Einmädige Wießen, und in allen 3 Oeschen zusammen 31/2 Jauchart Ackerfeld angewießen wird, dargegen Er die Bürger, und Unterthanen, was den Waasen, und Abdecken betrift, bey dem bisherigen Lohn, wie von alters her üblich belassen, und nicht Steigern solle.

3.

Wenn er Scharfrichter einen Maleficanten, es seye gleich mit dem Schwerdt, oder Strang hinrichten, verviertheillen, Lebendig verbrennen, Rädern etc. Item mit glühenden Zangen Reissen muß, und von allen andern Urtheillen, so sich vom Leben zum Tod erstrecken, solle Ihme jedesmal dafür 4 fl., wenn aber die Kösten aus des Maleficanten Mitlen zu nehmen, 8 fl. nebst dem Strick, und Handschueh Recht pr. 40 kr. auch vor die Mahlzeit 3 fl. gereicht werden.

4.

Für Ruthen aushauen, Handabschneiden, Bückelbrennen, und dergleichen für jedesmahl 4 fl. und für die Strick, und Handschuh 40 kr. für das Pranger-Stellen, und zugleich mit Ruthen aushauen 4 fl. nebst der Handschuhgebühr pr. 40 kr., auch da Er Strecken, oder von sonsten Amtswegen gebraucht wird, des Tages 30 kr. und so außerhalb des Saulgauischen Malefiz, und Forstgerichts geschickt wird, gibt man Ihme die Zöhrung noch dazu, wie auch, so [240] Er zu einer oder anderer Verrichtung Eines Knechts benötiget wäre, so sollen für denselben täglich 15 kr. gereicht werden.

5.

So sich zutragen, und begeben möchte, daß ein Person, es wäre Weib oder Mann, Einheimisch oder Fremd, mit Henken, Erstechen, Ertrinken, oder in andern dergleichen Weiß, wie Selbe Namen haben möchten, sich selbst Entleiben wurde, davor der Allmächtige einen jeden Christen gnädiglich bewahren wolle, und so daraufhin dann

6.

dem Scharfrichter von Malefiz Obrigkeits wegen anbefohlen wird, die entleibte Person auf dem Wasser hinweg zu schwemmen, bey dem Hochgericht zu verbrennen, oder zu verlochern, so solle alsdann dem Scharfrichter von einer jeden Persohn für seine Belohnung, da es von des Entleibten Hab und Gut genohmen werden mag, 8 fl., sonsten aber, so es der Stadtbeutel zu entgelten hat, 4 fl. bezahlt, auch insbesondere die Zehrung, und Roßlon jedes Tages abgestattet, zu malen für den Knecht, so er selben Tag seinen Tisch nit erreichen könnte, und hierzu gebraucht werden müßte, auch wofern der Scharfrichter zum Ausschleiffen, oder Ausführen eines solchen Körpers noch ein Roß zu dem seinigen, in gleichem Holz zum Verbrennen, oder ein Roß zu Verschwemung einer derley Person notdürftig seyn würde, all dieses solle dem Scharfrichter ohnentgeltlich ausgefolget werden.

So aber eine gefangen Persohn für Malefiz gestellt, und dem Scharfrichter zuerkannt wird, so solle alsdann nach ergangenem Urtl alls dasjenige, was der Scharfrichter bey dem armen Sünder vorfindet, Ihme samt vorangesezter Belohnung zugehören; So dann

7.

Solle Ihme Scharfrichter der Wasen in dem ganzen[241] Stadt Saulgauischen Forst District allenthalben zustehen, ohne Männiglichen Eingriff; Dargegen Winterszeit, so oft das Forstgericht Roß, Hornvieh und dergleichen, als Wasenmässig erkennt, und zum Luedern verlangte, so solle er solches an dienlichen Orten niederstechen, oder so solches vorher schon krepirt, auf seinen Kösten auf den Wasen führen, daher Ihme die Schuldigkeit obliget, ein eigenes Pferd zu unterhalten.

Damit sich keine Klagen erheben mögen, daß er Kleemeister sich die Häute von dem gefallenen Vieh, als Pferd und dergleichen etc. ohngebührlich zu eigen, so wird von jedem Ort die Obrigkeitlich verpflichtete Viehschätzer auf den Wasen zu berufen, von denenselben der Ausspruch zu thun ist, mit was für einen Mangel, oder Krankheit das krepirte Vieh behaftet gewesen, und so es einer von denen hienach bestimmten Mänglen gewesen, so solle dem Kleemeister die Haut zufallen, hievon aber sind in Folge vorliegend Allerhöchsten Verordnungen alle jene Stücke ausgenomen, welche an einer kassierenden Seuche krepieren, inn massen bey derley Unglücks Fällen dem Unterthanen die Häute zu gebrauchen und selbsten an sich zu nehmen allgemein erlaubt ist.

Wenn auch Mängel, oder Suchten bey dem Vieh einfallen und solches auch bey denen angränzenden Nachbahrn sich äusserte, so ist Ihme Kleemeister obgelegen, solches bei der Obrigkeit, und Forstgericht ohnverweilt anzuzeigen, damit sich hiernach benomen, und dem Uebel bestmöglichst gesteüret werden könne.

8.

Solle Kleemeister auch nit fahrlässig seyn, und gestatten, daß andere Anstößer, und benachbarte Wasenmeister etwas an der Balley Gerechtigkeit auf keinerleyweiße entziehen, sondern so Ihme was begegnen würde, dasselbe von [242] Stund an dem Forstgericht anzeigen, auch wenn jemand einen Hund wegthuen lassen würde, so gehört dem Meister für das Henken 1 Batzen.

Beinebens solle er seine eigenen Hunde im Hunds Stalle, oder an der Ketten anlegen, und bewahren, daß sie denen Bürgern, und Unterthanen in Aeckern, Wiesen, Gärten etc. besonders aber im Forst keinen Schaden thuen, auch wann er mit seinen Hunden über Feld und durch den Forst gehet, so solle er gehalten seyn bei eigener Dafürhaftung, daß dem Wildprät, auch denen Unterthanen, und Ihrem Vieh kein Schaden zugefügt werde, dessentwegen Er Abdecker seine Hunde jederzeit bey sich behalten, und sofort wiederum mit sich nach er Hauß nehmen solle.

9.

So viel es aber die Bestallung von dem Wasen, und die 4 Hauptmängel bey denen Pferden betrifft, so gehört dem Meister die Haut von jenen Pferden eigenthümlich zu, welche Hirn, Niere, und Lungen Kizig, Krätzig, Wurmig, auch Raudig sind.

Desgleichen gehöret dem Meister die Haut von jenem Rindvieh zu, welches Hirschig, oder Pfinnig ist.

Sodann wenn jemanden aus einer fremden auswärtigen Herrschaft ein Stuck Vieh in dem Saulgauischen Forst Bezirk verstellen und daselbst krepieren würde, so gehöret dem Meister die Haut ohne weiters zu.

Von einem Pferd abzuziehen solle dem Kleemeister immer der Stadt Saulgau, so viel es nemlichen die Bürger betrifft, 16 kr. Abdeckerlohn und 2 Batzen für das Oeffnen, zusammen also 24 kr., außer der Stadt hingegen, weilen der Kleemeister gleichwohlen weiters zu fahren hat, von einem derley Pferd abzudecken 6 Batzen für das Ausziehen und 2 Batzen für das Oeffnen, zusammen also 8 Batzen bezahlt werden.

[243] Eine gleiche Bewantsame hat es mit jedem Stück Rindvieh.

10.

Wenn ein Pferd unter 4 fl. gekauft, oder verkauft wird, solches hat der Meister mit Recht hinweg zu nehmen; Sodann stehet denen Bürgern und Unterthanen jedesmal frey, die Häute von aller alter kleinen Waar gegen 6 kr. auszulößen, von all jenen Pferdstücken hingegen, welche alters halber nicht mehr gehen, oder gebraucht werden können, solle dem Meister die Haut eigenthümlich zufallen.

Wenn auf denen Straßen einem Fremden durchpassierenden ein Roß, oder Horn Vieh fällt, gehöret dem Meister von Einem derley gefallenen Viehstücke nicht nur allein die Hauth, sondern auch das Zuggeschirr, welches dasselbe aufhat, zu, welch' lezteres jedennoch der Eigenthümer mit 5 Batzen von dem Meister ablößen kann.

Welchemnach dann, daß Er Meister Anton Sorg getreulich nachleben wolle, Er uns angelobet und geschworen hat, Einfolglichen Wir ihme diese Bestellung, und respective Instruction unter gewöhnlichen Amts Fertigung zugestellet haben 1.

So gegeben Stockach den 25. October 1800.

Fußnoten

1 Diese Instruktion ist wörtlich abgeschrieben aus einer solchen für den Kleemeister Lampert Reichledd. Stockach d. 26. Novbr. 1777. Die Saulg. Scharfrichterakten in der städtischen Registratur Kasten 4, Fach 10, Fascikel 13. Vgl. auch: Vom Scharfrichter. Historische Entwicklung seines Amtes und seiner Stellung in der Gesellschaft, v.J. Müller. Bremer Sonntagsblatt 1858. Nr. 50. 51. 52.


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TextGrid Repository (2012). Birlinger, Anton. 265. Installirungsbrief für den Saulgauer Scharfrichter. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-F943-8