309. Vom Regen.

1.

Wenn es regnet während die Sonne scheint, fällt das »Millthau«, so ein Gift ist, vom Himmel. Wo es hinfällt, dorren die Gewächse ab. Wem es aber auf die Nase oder in's Gesicht fällt, bekommt »Roßmucken« (Sommersprossen). Man sagt daher, wenn es regnet und die Sonne scheint: »Bhüət dî Gott våər əm Milldau, dass də nit g'schëəkət wëəşt!«

Erbstett.

2.

In den Maienregen sollen die Kinder hinausstehen, daß sie recht groß werden.

3.

Will man den Regen aufhören machen, so gehe man in's Feld hinaus und lese das erste Kapitel des Johannisevangeliums.

Ertingen.

4.

Wenn der Regenvogel (Fink) schreit, so regnet es bald, denn er schreit immer: »schütt! schütt! schütt!«

Ertingen.

5.

Wenn es regnet und die Kinder schreien: »Rangə, rangə, daß Blåtərə gəit!« balgt der Vater, weil er glaubt, die Kinder vermöchten's, daß es noch stärker regnet.

Ertingen.

6.

Sind zwei Regenbogen auf einmal am Himmel, so ist der weniger schöne vom Teufel gemacht, der alle Gotteswerke nachpfuscht. Man erkennt den falschen Regenbogen schon daran, daß die Farben in verkehrter Reihenfolge kommen.

Ertingen.

7.

Der Regenbogen heißt »Himmelring«. Auf ihm steigen die Engel, wie auf einer Brücke, vom Himmel auf die Erde herab. Da, wo er die Erde berührt, lassen die [196] Engel ein goldenes Schüssele fallen, das von der Größe eines ausgehöhlten Halblothgewichtleins ist. Ein Mann in Zwiefalten bewahrt deren ihrer drei auf, die ich selbst gesehen habe.

8.

Der Regenbogen ist ein Zeichen der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen; die Todten müssen über ihn als einer Brücke in den Himmel einziehen, die unter den Bösen zusammenbricht. Hoch oben sizt als Wächter derselben ein Engel, der die Todten zum jüngsten Gericht mit seiner Posaune ruft 1.

Oberndorf.

Fußnoten

1 Brücke Bifröst?


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TextGrid Repository (2012). Birlinger, Anton. 309. Vom Regen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-F9C6-4